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Klimawandel: Forscher wollen Politikern einheizen

Nicht nur Schweizer Gletscher, auch das Grönlandeis schmilzt. Keystone

Der Klimawandel ist Thema einer Konferenz in Paris, an der seit Montag die führenden Forscher der Welt teilnehmen. 23 von ihnen stammen aus der Schweiz.

Die Wissenschafter wollen am Freitag ein Dokument vorlegen, das die Grundlage für die Klimapolitik der nächsten Jahre sein soll.

Die Klima-Erwärmung ist «sehr wahrscheinlich» durch die Menschen hervorgerufen. Dies ist die Einschätzung zweier Mitglieder der intergouvernementalen Expertengruppe zur Klima-Entwicklung (IPCC), welche im Namen der Vereinten Nationen (UNO) den Klimawandel analysiert.

Die Konferenz, an der über 500 Klimaforscher aus 113 Ländern teilnehmen, dauert von Montag bis Freitag. Gemäss den Experten beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass die Klima-Erwärmung von Menschen gemacht ist, 90%.

Zum Abschluss der Tagung soll am Freitag der Teilbericht zu Treibhauseffekt und Erderwärmung in den kommenden Jahrzehnten vorgestellt werden.

Praktische Anleitung zum Kampf

Das 15-seitige Schlussdokument soll konkret als Entscheidgrundlage für die Strategien der Politiker bei der Eindämmung der Klima- und Erderwärmung dienen.

In der Zusammenfassung werde die Klimafrage exakt evaluiert, sagt José Romero, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Internationales im Schweizer Bundesamt für Umwelt (BAFU) in Bern und ebenfalls Teilnehmer in Paris.

Die anderen beiden Teile des vierten Weltklimaberichts – sie behandeln die Folgen des Klimawandels und die zu ergreifenden Massnahmen – werden im April und Mai publiziert.

Hausgemacht

«Ziel ist es, den Regierungen eine gut verständliche Grundlage zu liefern, ohne die wissenschaftlichen Inhalte des Berichts abzuschwächen», unterstreicht Romero gegenüber swissinfo.

Der letzte IPCC-Bericht datiert von 2001. «Seither hat die Wissenschaft wichtige neue Erkenntnisse gewonnen, insbesondere über den Zusammenhang von Klima-Erwärmung und menschlichem Handeln», erklärt Romero.

Rasante Beschleunigung

Im neusten Bericht werde jetzt nicht nur das Phänomen der Klima-Erwärmung bestätigt, sondern auch die Beschleunigung derselben. «In den letzten zehn Jahren hat die CO2-Konzentration in der Atmosphäre dazu geführt, dass die Temperaturen viel schneller angestiegen sind als zuvor.»

Gemäss den letzten Zahlen sagen die Experten für 2100 gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter eine Verdoppelung des CO2-Gehaltes in der Atmosphäre voraus. Dies hätte eine Erwärmung von 2 bis 4,5 Grad zur Folge. Das ist enorm viel, besonders wenn man bedenkt, dass die heutige Temperatur gegenüber der letzten Eiszeit 5 Grad höher liegt, und die war vor 10’000 Jahren!

Einzigartige Quelle

Die Konferenz der Klimaforscher wurde bei ihrer Gründung von der UNO beauftragt, zwischen der Forschung und der Politik zu vermitteln.

«Die IPCC ist eine beispielhafte und einzigartige Organisation. Sie ist auf dem Milizsystem aufgebaut und mobilisiert Wissenschafter der ganzen Welt», sagt José Romero. Das Panel soll die besten Kräfte vereinen und alle Regionen der Erde repräsentieren.

Die Konferenz wird von den Regierungen finanziert und verfügt über ein durchschnittliches Jahresbudget von 5 Millionen Franken. Davon werden aber keine Forschungen der Mitglieder bezahlt. Die Schweiz steuert zwischen 120’000 und 150’000 Franken bei und stellt mit Genf auch den Sitz des IPCC-Sekretariats. «Die Schweiz zieht daraus einen beträchtlichen Nutzen», bemerkt Romero.

Spitzenposition

Die Schweiz ist an der Pariser Konferenz mit 23 Forschern präsent, darunter fünf Hauptautoren des neuen Berichts sowie den beiden Koordinatoren Thomas Stocker von der Universität Bern und Andreas Fischlin von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH).

Dank ihrer Forschung auf den Gebieten Gletscher, Wälder und Aerosole (kleinste Luftpartikel) geniessen die Schweizer Wissenschafter international einen ausgezeichneten Ruf. In der Klimageschichte und beim lokalen Einfluss von Klimamodellen gehören sie sogar zur absoluten Spitze.

swissinfo, Frédéric Burnand, Genf
(Übertragung aus dem Französischen: Renat Künzi)

Der erste Bericht der IPCC hat 1992 die UNO-Konvention über den Klima-Wandel bewirkt, die 1997 zum Kyoto-Protokoll zur Verringerung des Treibhauseffekts geführt hat.

Der vierte Bericht, an dem in den letzten beiden Jahren gesamthaft 2500 Forscher mitgearbeitet haben, dient als wissenschaftliche Grundlage für die Verhandlungen 2012 zur Nach-Kyoto-Ära.

Am Freitag nimmt der Schweizer Umweltminister Moritz Leuenberger in Paris an einer Konferenz für eine globale Umweltpolitik teil, die im Rahmen der IPCC-Tagung stattfindet.

Am Gipfel im Elysée-Palast, zu dem der französische Präsident Jacques Chirac eingeladen hat, nehmen rund 150 Minister teil.

Das Treffen wird am Samstag mit einem Aufruf enden, die Bemühungen für den Umweltschutz international zu verstärken.

Dazu will Jacques Chirac die Idee zu einer internationalen Umweltorganisation präsentieren.

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