Klimawandel lässt Hotels kühl
Von den fast 6000 Hotels und Kurbädern in der Schweiz gelten nur rund 20 – weniger als ein halbes Prozent – offiziell als umweltfreundlich.
Im Schnitt verbraucht ein Schweizer Hotel 600 MWh Energie und verursacht so 93 Tonnen CO2 pro Jahr, deutlich mehr als empfohlen wird. Jetzt bemüht sich der Beherbergungssektor um Verbesserungen.
Eine gemeinsame Studie der Hotelfachschulen Lausanne und Luzern im Auftrag des Bundesamtes für Energie kam 2004 zum Schluss, dass es im «Schweizer Hotelpark ein signifikantes Energie-Sparpotenzial» gibt.
Mit einfachen Massnahmen sparen
Der Bericht kam zum Schluss, dass der Energieverbrauch eines Hotels in der Schweiz im Durchschnitt 20% (Wärme) respektive 45% (Strom) über den Normwerten liegt. 6% des jährlichen Umsatzes eines Hotels werden für Energiekosten ausgegeben.
Die Autoren der Studie «Energieeffizienz und CO2-Emissionen der Schweizer Hotellerie» fanden zudem heraus, dass nur wenige der befragten Hoteliers sich für das Thema wirklich interessierten. Viele hatten schlicht das Gefühl, sich nötige Investitionen nicht leisten zu können.
Während die Autoren einräumen, dass die Nachrüstung eines Gebäudes (Wärmeschutz z.B.) oder die Installation eines Heizsystems zur Nutzung erneuerbarer Energien in einem ersten Schritt teuer sein kann, verweisen sie gleichzeitig darauf, dass der CO2-Ausstoss schon mit recht geringem Aufwand um 10% reduziert und so auch Geld gespart werden kann.
Dabei geht es um einfache Dinge wie Geräte ganz ausschalten, auf Stand-by-Modus möglichst verzichten, Bewegungsmelder statt Lichtschalter, ökologischere Duschbrausen und ähnliches mehr.
Auch der Schweizer Tourismus-Verband (STV) findet, dass die Hotels ihr Sparpotenzial im Energiebereich umsetzen sollten. In Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Umwelt hat der Verband daher 2006 das in der EU geltende Umweltlabel für die Beherbergungs-Industrie auch hier eingeführt.
Energieverbrauch senken
Hotels, die das Öko-Label erhalten wollen, müssen gewisse Kriterien erfüllen. Zu diesen gehören die Reduktion des Energie- und Wasserverbrauchs, aber auch des Abfalls, die Förderung des öffentlichen Verkehrs sowie das Nutzen biologischer Produkte von lokalen Anbietern.
Anfang April 2007 gab es in der Schweiz 6 Betriebe mit dem EU-Umweltlabel. 15 weitere Betriebe verfügten über das Schweizer Pendant, das Steinbock-Label, mit dem man sich mittlerweilen auch für das EU-Label qualifizieren kann.
«Wir haben uns entschieden, auf das EU-Label zu setzen, weil die Anforderungen nicht extrem streng sind», erklärt Mila Trombitas vom Tourismus-Verband gegenüber swissinfo. So brauche es zum Beispiel keine Sonnenkollektoren. Es sei aber auch kein Siegel, dass praktisch jedem vergeben werde, der einen Antrag stelle.
Hotelleriesuisse, der wichtigste Hotel-Gewerbe-Verband, unterstützt das Ansinnen des Tourismus-Verbandes, sagt aber zugleich, es werde nicht einfach sein, seine 2000 Mitglieder zu überzeugen.
«Die Kriterien sind hart, es braucht viel Arbeit», sagt Isabelle Garcia von Hotelleriesuisse. «Unsere Mitglieder realisieren aber, dass es wichtig ist, sich gezielt am Markt zu positionieren.» Und dass das Label dabei helfen könne.
Wegwerf-Mentalität
Trombitas sagt, ein harter Brocken sei die Abfall-Reduktion, vor allem bei Vier- und Fünf-Sterne-Hotels. Diese wollten bei Produkten wie Duschgels oder Shampoos oft weiterhin Einwegartikel nutzen, statt auf nachfüllbare Systeme umzustellen.
Beat Anthamatten, Direktor des Ferienart in Saas Fee, des einzigen Schweizer Fünf-Sterne-Hotels mit dem europäischen Öko-Label, hat einen Weg gefunden, den Bedürfnissen seiner Gäste nachzukommen, ohne Kompromisse eingehen zu müssen. So werden in den Zimmern nur Wegwerf-Toilettenartikel platziert, wenn ein Gast das ausdrücklich wünscht.
«Wir sind Teil jenes Wirtschafts-Zweiges, der am stärksten von einer intakten Umwelt abhängt, daher müssen wir dieser mit Respekt begegnen», so Anthamatten im Gespräch mit swissinfo.
Er schätzt, dass bisher nur etwa 5% seiner Gäste das Ferienart wegen dessen Umweltpoltitk auswählen, die bisher auch nie im Zentrum der Werbebemühungen stand. In Zukunft wird sich das aber ändern.
Jetzt, wo der Klimawandel ins Rampennlicht gerückt sei, würden sich die Gäste vermehrt für ökologisch ausgerichtete Hotels entscheiden, wenn die Standards nicht darunter litten.
Dass nicht mehr Hotels in grüne Technologien investieren, führt Anthamatten auf finanzielle Gründe zurück.
Die Energie-Studie weist aber darauf hin, dass sich die Beherbergungs-Branche den zweifelhaften Ruf nicht länger leisten kann, aufgrund ihres Verbrauchs von fossilen Brennstoffen als schlimmste Verschmutzerin des ganzen Schweizer Dienstleistungs-Sektors dazustehen.
swissinfo, Dale Bechtel
(Übertragung aus dem Englischen: Rita Emch)
2005 gab es in der Schweiz 5836 Hotels und Heilbäder. Ihr CO2-Ausstoss liegt insgesamt zwischen 390’000 und 530’000 Tonnen pro Jahr.
1,4% des Energiekonsums des Landes entfällt auf die Hotelindustrie.
Ein durchschnittliches Schweizer Hotel wendet pro Jahr rund 100’000 Franken auf, um seine Energiebedarf (inkl. Betrieb und Unterhalt) zu decken.
Die Beherbergungs-Industrie deckt ihren Energiebedarf zur Hälfte mit fossilen Brennstoffen, was deutlich über dem 40%-Durchschnitt für den gesamten Schweizer Dienstleistungssektor liegt.
Damit ein Beherbergungs-Betrieb das EU-Umweltlabel erhält, muss er gewisse grundlegende Umwelt- und andere Tauglichkeits-Kriterien erfüllen. Es gibt neben obligatorischen auch fakultative Kriterien.
Ziele des Umweltlabels sind: Reduktion von Energie- und Wasserverbrauch, Reduktion der Abfallmenge, grünes Beschaffungs-Wesen, Einsatz von möglichst umweltverträglichen Stoffen. Förderung und Gebrauch lokaler Produkte sowie Umwelt-Informationen für Personal und Gäste.
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