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Kontroverse um Medikamentenpreise

Pharmafirmen verlangen in der Schweiz am meisten für ihre Medikamente. Keystone

Die Pharma-Unternehmen sagen, die Schweizer würden für ihre Medikamente nicht mehr bezahlen, als das übrige Europa. Obwohl die Preise ab Fabrik die höchsten sind.

Die Studie, im Auftrag von Interpharma, wird von der Schweizerischen Patienten- Organisation und dem Preisüberwacher bezweifelt.

Die Herstellerpreise in der Schweiz, welche die Pharmabetriebe alleine gestalten können, sind die höchsten in Europa. Nur in den USA liegen sie höher. In Österreich sind diese Preise am tiefsten.

Kaufkraftmässig am billigsten

Die Untersuchung, durchgeführt von der Londoner Expertengruppe IMS Consulting, sagt weiter, dass Konsumenten für Medikamente in der Apotheke in der Schweiz etwa gleich viel wie in Dänemark oder den Niederlanden bezahlen müssen und dass sich die Medikamentenpreise in de Schweiz im europäischen Durchschnitt bewegen.

Gemessen an der Kaufkraft müssen Schweizer gemäss der Studie zusammen mit Dänen und Schweden am wenigsten lange für ihre Medikamente arbeiten. Mit anderen Worten: Die Medikamente in der Schweiz sind kaufkraftmässig die billigsten in Europa.

Skepsis

«Wir sind skeptisch dieser Studie gegenüber», sagt Margrit Kessler, Präsidentin der Schweizerischen Patienten-Organisation (SPO) gegenüber swissinfo.

Man müsse sehen, wer sie in Auftrag gegeben habe. «Die Annahmen für eine Studie können so gewählt werden, dass auch die Ergebnisse so herauskommen, wie man das möchte.»

Die tägliche Erfahrung, welche die SPO in Sachen Medikamente mache, zeigten ganz deutlich, dass die Preise in der Schweiz – verglichen mit den Nachbarländern – sehr hoch seien.

Der Schweizer Preisüberwacher Werner Marti sagt zu der Studie, sie führe «unzulässige Vergleiche an».

Für internationale Produkte dürfe man nicht kaufkraftbereinigte Preisvergleiche anstellen, so Marti. «Wer ins Ausland fährt, kann sich dort ja von den tieferen Preisen überzeugen.»

«Die einzige entscheidende Aussage» in der Studie der Pharmabranche sei – so der Preisüberwacher weiter -, dass die Herstellerpreise in der Schweiz nach wie vor überhöht seien. «Gemäss Verordnung müssten sie jedoch dem europäischen Niveau entsprechen.»

Österreich hat die tiefsten Herstellerpreise

Im Vergleich zu den anderen erfassten europäischen Ländern erhalten Pharmafirmen in der Schweiz die höchsten Preise für Medikamente, während Österreich diesbezüglich das günstige Land ist.

In Österreich liegt das Preisniveau (Schweiz: 100) bei 75, in Dänemark und Deutschland bei 86, in Grossbritannien bei 87 und in den Niederlanden bei 82. In Frankreich und Italien beträgt der Vergleichswert 76.

In den USA liegt der durchschnittliche Herstellerpreis selbst im Vergleich der tiefen Federal Supply Prices, das heisst Nettopreis ohne Margen, bei 135 Prozent der Schweizer Preises.

Schweizer Preise im Mittelfeld

Auf Ebene der Publikumspreise hat Schweden (Index 78, Schweiz: 100) die billigsten Medikamente. In Schweden sind die Margen aufgrund des staatlichen Apotheken-Monopols am geringsten. In den USA liegt der Index bei 93 und in Grossbritannien bei 94.

Deutlich teurer sind Deutschland (133) und Österreich (138), das die billigsten Herstellerpreise hat.

Die Schweiz liegt mit dem Index 100 auf gleicher Höhe wie Dänemark und die Niederlande.

Auf den Publikumspreis wirken sich vor allem Unterschiede bei der Mehrwertsteuer und den Handelsmargen, den staatlichen Preiskontrollen und Distributions-Systemen aus.

Österreich hat so zwar die tiefsten Herstellerpreise der europäischen Vergleichsländer, aber die höchsten Preise in der Apotheke.

swissinfo und Agenturen

1. Halbjahr 2003: Für 1,96 Mrd. Fr. Medikamente verkauft

Davon kassenpflichtige Medikamente: 1,5 Mrd. Fr.

Davon Generika: 66 Mio. Fr.

Zunahme zur Vorjahresperiode: 37%

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