Konzentration der Entwicklungshilfe gefordert
Die Schweiz soll ihre Entwicklungshilfe konzentrieren, fordert der Nationalrat. Er hat am Donnerstag mit deutlicher Mehrheit zwei entsprechende Motionen gutgeheissen.
Die Landesregierung hat kürzlich entschieden, die Zahl der Schwerpunktländer der schweizerischen Entwicklungshilfe von 17 auf 12 zu reduzieren.
Die Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz soll besser definiert und klarer auf thematische und geografische Schwerpunkte konzentriert werden.
Der Nationalrat ist am Donnerstag der Kleinen Kammer gefolgt und hat mit deutlicher Mehrheit zwei entsprechende Motionen der ständerätlichen Geschäftsprüfungs-Kommission (GPK) überwiesen.
Mit dem ersten der beiden Vorstösse wird der Bundesrat beauftragt, die gesetzlichen Grundlagen und die Führungsinstrumente auf dem Gebiet der internationalen Zusammenarbeit einer kritischen Prüfung zu unterziehen.
Dabei sollen nicht nur Möglichkeiten gesucht werden, um die Transparenz bei der Vergabe von Krediten erhöhen zu können, sondern auch Wege für eine neue und übergeordnete Strategie anstelle der heutigen «Einzelstrategien» der Bundesämter aufgezeigt werden.
Konzentration
Der zweite Vorstoss will die Entwicklungshilfe thematisch und geografisch konzentrieren.
Der Bundesrat wird beauftragt, die Bereiche und Regionen festzulegen, in denen die Schweiz über komparative Vorteile verfügt.
Die Portefeuilles der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) und des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) seien zu überprüfen.
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Deza
Grenze erreicht
Wie Aussenministerin Micheline Calmy-Rey vor dem Rat ausführte, wurde die Zahl der Schwerpunktländer der schweizerischen Entwicklungshilfe schon 2003 von 24 auf 17 reduziert. Für die Periode 2008-2011 würden nur noch 12 hilfsbedürftige Staaten prioritär unterstützt.
Die Konzentrationsbemühungen hätten damit die optimale Grenze erreicht, vielleicht sogar überschritten, sagte Calmy-Rey.
Für die Weiterführung der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe zugunsten von Entwicklungsländern beantragt der Bundesrat einen Vierjahres-Rahmenkredit von 4,5 Milliarden Franken, das sind 300 Mio. Franken mehr als für die Jahre 2004 bis 2007.
Für wirtschafts- und handelspolitische Massnahmen zu Gunsten der Entwicklungszusammenarbeit soll das Seco über 800 Millionen verfügen.
Im Schussfeld der Kritik
Beide Motionen waren die Folge eines Untersuchungsberichts der ständerätlichen Geschäftsprüfungs-Kommission, in dem Ende 2006 unter anderem auch Aussenministerin Calmy-Rey ins Schussfeld der Kritik geraten war.
Es war ihr vorgeworfen worden, bei der Führung der der Deza zu wenig Prioritäten zu setzen und keine klare Strategie zu verfolgen.
Beide Vorstösse wurden vom Bundesrat zur Annahme empfohlen.
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Seco
SVP forderte Umstrukturierung
Die Schweizerische Volkspartei (SVP) forderte bereits Anfang Jahr eine Umstrukturierung der Schweizer Entwicklungshilfe. Es seien thematische und geographische Schwerpunkte zu definieren, verlangte die SVP an einer Pressekonferenz im Februar.
In einem Positionspapier «Freiheit und Eigenverantwortung statt Abhängigkeit und Korruption» forderte die Partei eine Gesamtstrategie der staatlichen Entwicklungshilfe, deren Zielerreichung durch das Parlament zu überprüfen sei.
Entwicklungshilfe müsse immer an schweizerische Interessen gebunden werden, hiess es.
swissinfo und Agenturen
Eines der fünf Ziele der schweizerischen Aussenpolitik ist laut Bundesverfassung, die Not und Armut in der Welt zu lindern.
Die Schweiz tut dies einerseits, weil es ihrer ethischen Grundhaltung (Förderung von Demokratie und Gerechtigkeit) entspricht. Aber auch aus eigenem Interesse, denn Armut führt zu Konflikten, Migration und weiteren Auswirkungen, welche die ganze Welt betreffen – auch die Schweiz.
Die öffentliche Entwicklungshilfe unterteilt sich grob in drei Bereiche: Entwicklungszusammenarbeit, Ostzusammenarbeit und Humanitäre Hilfe.
Die Deza beschäftigt rund 550 Personen im In- und Ausland. Sie verfügte 2006 über ein Jahresbudget von rund 1,3 Mrd. Franken.
Zusammen mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) sowie anderen Bundesstellen, Kantonen und Gemeinden gab die Schweiz 2006 2,2 Mrd. Franken an öffentlicher Entwicklungshilfe aus. Dies entspricht 0,44% des Bruttosozialprodukts.
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