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Künstliche Befruchtung in der Schweiz an der Leine

In der Schweiz mit gestutzten Flügeln: Der "künstliche Storch". Keystone

Im Bereich der Fortpflanzungs-Medizin gehört die Schweiz zu den Ländern mit den strengsten Gesetzen.

Dies ist das Resultat einer unheiligen Allianz der konservativ-religiösen Rechten mit kritischen Linken und Grünen.

In der Schweiz, in Deutschland und in Norwegen greift der Staat in der Fortpflanzungsmedizin stark in die Selbstbestimmung der Ärzte ein. Dies zeigt eine Studie eines internationalen Politikwissenschafter-Teams, wie der Schweizerische Nationalfonds (SNF) am Dienstag mitteilte. Die Ei- oder Embryonenspende und die Präimplantations-Diagnostik sind in diesen drei Ländern ganz verboten.

Zugelassene Praktiken wie etwa die künstliche Befruchtung dagegen sind in der Schweiz, in Deutschland und in Norwegen durch eng definierte Anwendungs-Voraussetzungen, Bewilligungs-Pflichten und Kontrollen strikte reguliert. Ausserdem ist der Zugang auf verheiratete oder zumindest stabile Paare beschränkt.

Unheilige Allianzen spielen

«Wir analysierten die politischen Entscheidprozesse und die resultierenden Politiken über die Jahre zwischen 1980 und 2002 hinweg», sagte Politikwissenschafterin Christine Rothmayr von der Universität Genf und Mitverfasserin der Studie aus der Schweiz.

Verantwortlich für das engmaschige Regulierungswerk in den drei Ländern ist laut Studie eine unheilige Allianz von politisch konservativen oder religiös motivierten Gegnern der Biomedizin mit Akteuren aus dem grünen und linken Lager.

Liberal muss nicht…

Besonders liberal bei der Regulierung der Reproduktions-Medizin sind gemäss der Studie Belgien, Kanada, Italien und die USA. Dort verfügten die Ärzte über eine grosse Autonomie in der Wahl der Technologien und ihrer Anwendung, solange einige wenige Regeln beachtet werden.

Ausserdem werde der Zugang nicht vom zivilrechtlichen Status der Patientinnen und Patienten oder deren sexueller Orientierung abhängig gemacht.

… positive Einstellung bedeuten

Gemäss dem Forschungsteam bedeutet eine liberale Regelung aber nicht von vornherein eine grundsätzlich positive Haltung zur Reproduktions-Medizin. Vielmehr verhindere eine grosse Meinungs- und Interessensvielfalt bei Ärzten, Forschern und Regierungen die Errichtung hoher Hürden.

Ein weiteres Resultat der Studie ist die Erkenntnis, dass die grossen Unterschiede im gesetzlichen Umgang mit der Fortpflanzungs-Medizin nicht auf die verschiedenen politischen Systeme zurückgehen.

Volksrechte bremsen

Sehe die Verfassung eines Landes Volksrechte wie das Referendums- und Initiativrecht vor, bleibe dies aber nicht ohne Einfluss, wie das Beispiel Schweiz zeige.

Einen Druck zur Harmonisierung der unterschiedlichen nationalen Regelungen machen die Wissenschafter nicht aus. Auch innerhalb der EU verfügten Nationalstaaten über einen grossen Handlungs-Spielraum, was die Regulierung der Reproduktions-Medizin und der Stammzellenforschung angehe.

Gesetzgebung hinkt hintennach

Die Gesetzgebung über die Fortpflanzungsmedizin hinkt wie auch in anderen hochspezialisierten Bereichen der Forschung in den Labors hintennach, stellten die Forscher fest.

«In etlichen Ländern werden die Ende der 1980er oder in den 1990er Jahren verabschiedeten Politiken bereits wieder revidiert oder durch Spezialgesetze zur Stammzellen-Forschung und zum Klonen ergänzt», sagte Christine Rothmayr.

swissinfo und Agenturen

Die Studie vergleicht die Politik von elf Ländern in der Fortpflanzungs-Medizin
Die Schweiz, Deutschland und Norwegen haben die striktesten Regeln
Die liberalsten Bestimmungen kennen Italien, Belgien, die USA und Kanada
Das Schweizer Volk nahm 1992 einen Verfassungs-Artikel über die Fortpflanzungs- und Gentechnologie an
Das Fortpflanzungsmedizin-Gesetz ist seit 1. Januar 2001 in Kraft

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