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Laufen in intelligenten Textilien

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Kühlende Textilien bringen Kranken Linderung und bewahren Sportler vor dem Kollaps: Die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) forscht an der wärmeregulienden Funktion von Stoffen.

Bei Sam ist es kalt. Man spürt es sofort, wenn René Rossi die Tür zu seinem Raum öffnet, Sam müsste längst unterkühlt sein. Er prüft heute eine neue Regenjacke. Manchmal testet er auch Unterwäsche oder Schlafsäcke.

Sam ist eine Puppe mit 125 Schweissdrüsen. Wenn er sich bewegt, beginnt er zu schwitzen, wie ein Mensch. Ein Mensch hat Millionen von Schweissdrüsen. Sie sind bei Männern anders verteilt als bei Frauen. «Von den Schweissdrüsen her ist Sam ein Mann», sagt der Physiker und Physiologe Rossi.

Die Puppe ist ein so genanntes S weating A ctivated M annequin, eine Errungenschaft der Wissenschaft, mit der sich die Qualität von Textilien bei klimatisch realistischen Bedingungen testen lässt.

Klimatisch realistisch heisst: Sam hat sogar eine Schneekanone in seinem Raum. Wenn es sein muss, wird in Sams Raum im dritten Untergeschoss der Empa in St. Gallen eisiger Winter simuliert.

Manchmal friert Sam dabei. Die Forschenden sehen es jeweils seinen Temperatursensoren an, wenn die Körperinnentemperatur unter 36 Grad sinkt.

Schwitzen kühlt den Körper ab

«Wir erforschen die Thermoregulation von Textilien», erklärt René Rossi, der Leiter der Abteilung für Schutz und Physiologie. Damit ist die Wechselwirkung zwischen Materialien und der menschlichen Haut gemeint.

«Unsere Vision ist, einen Anzug zu entwickeln, der den Körper mehr kühlt als die nackte Haut.» Der menschliche Körper hat eine Methode, seine Temperatur selbst zu regulieren: durchs Schwitzen.

«Schwitzen kühlt den Körper aber nur ab, wenn das Wasser verdunsten kann. Bildet sich ein Wassertropf, verliert der Schweiss seine kühlende Wirkung», erklärt Rossi.

Eines der Ziele ist deshalb, Materialien zu finden, die den Schweiss nicht nur aufsaugen, sondern ihn auf eine möglichst grosse Fläche verteilen und ihn dann verdunsten lassen.

Überhitzt wird der Körper durch sportliche Anstrengung, durch Krankheit oder durch äussere Einflüsse. Gerade bei Leuten, die Leistungssport betreiben, ist eine effiziente Kühlung wichtig, da sonst der Körper die Leistung nicht mehr erbringen kann.

Doch die Forschungen der Abteilung für Schutz und Physiologie sollen nicht nur Spitzensportlern dienen; auch medizinische Anwendungen, militärische Verwendung und der Einsatz in Extremsituationen gehören zu den Forschungszielen. Um diese Ziele zu erreichen, wird die Thermoregulation ausgeklügelt und die Kleidung erhält zusätzlich sensorische Funktion.

Kühlbekleidung für Patienten

Ein Beispiel für ein medizinisches Produkt ist die Kühlbekleidung für MS-Patienten, die Rossis Abteilung zusammen mit Sam entwickelt hat.

Für dieses Produkt wurde die Abteilung vor drei Jahren mit dem Serono-Preis ausgezeichnet. Diese speziellen Kleider kühlen den Körper um rund 4 Grad. Bei der Anwendung für MS-Patienten verbessert sich dadurch die Befindlichkeit.

Für ein weiteres Anwendungsgebiet steht Sams Kollege Henry zur Verfügung. Auch er hat eingebaute Temperatursensoren. In Henrys Raum jedoch ist es nicht kalt, im Gegenteil.

Er steht in einem feuerfesten Kasten und trägt feuerfeste Bekleidung, wie sie beispielsweise Feurwehrleute im Einsatz tragen. Seine Aufgabe ist es, wahrzunehmen, ob ein Mensch die Temperaturen auf der Haut aushalten würde.

Dank Henry, der nie irgendwelche Schäden davonträgt, können die Forscher eruieren, wo es für die menschliche Haut zu heiss geworden wäre. Gemessen wird nicht nur die Temperatur, sondern auch die Dauer der Hitzeeinwirkung.

Polyester-Strickware

«Es sind synthetische Materialien, die wir für unsere Forschungen benutzen», sagt Rossi. Natürliche Stoffe wie Baumwolle oder Seide saugen Flüssigkeiten auf und trocknen nur sehr langsam. Mehrfaseriger Polyesterstrick ist das Material, das am meisten Flüssigkeit transportieren kann und das sich für allerlei Zusatzfunktionen eignet.

«Dank dem Polyester wird die Bekleidung intelligent», erklärt Rossi. Theoretisch könnte man Sensoren für alles mögliche einbauen. Geforscht wird zur Zeit an Sensoren, die Henry vorwarnen würden, bevor es für ihn zu heiss würde. Für Feuerwehrleute könnten Sensoren dieser Art lebensrettend sein.

Eveline Kobler, swissinfo.ch

Die Ausstellung «sicherer, schöner, schneller» rückt Schweizer Sportikonen und ihre Sieger-Trikots ins Rampenlicht.

Ob Simon Ammanns Silbermantel von Salt Lake City 2002 oder ein Reitkleid von Sisi, der Kaiserin von Österreich: in der Ausstellung über Sportbekleidung sind viele berühmte Stücke zu bewunden.

Ebenfalls präsentiert wird dort die thermoregulatorische Forschungsarbeit der EMPA.

Die Eidgenössische Material-Prüfungs-Anstalt (EMPA) existiert seit 1880. Sie begann ihre Tätigkeit im Keller des Polytechnikums in Zürich. Im Laufe der Jahre wurde die Prüfungsanstalt für Brennstoffe und die Textilkontrollstelle integriert.

Ab 1938 hiess das Institut «Eidg. Materialprüfungs- und Versuchsanstalt für Industrie, Bauwesen und Gewerbe», die Kurzform Empa war aber schon länger in Gebrauch. Seit 1988 liegt das Schwergewicht der Empa nicht mehr auf der Prüftätigkeit, aus der «Versuchsanstalt» wurde «Forschungsanstalt».

1994 kamen zu Dübendorf und St. Gallen der Standort Thun dazu. Die Empa übernahm eine Fachsektion der Gruppe für Rüstungsdienste, die militärisches Material prüfte.

Heute beschäftigt sich die Abteilung Werkstofftechnologie in Thun fast nur noch mit zivilen Fragestellungen. Die Empa feierte 2005 ihr 125-jähriges Bestehen.

Neben der Thermoregulation entwickelt die Abteilung für Schutz und Physiologie der Empa auch Stoffe mit Sensoren. Kleider mit eingestickten Sensoren sind bereits auf dem Markt.

Die Empa hat zusammen mit Partnern aus der Sportbekleidungs- und der Stickereiindustrie ein T-Shirt für Elektrokardiogramme (EKG) entwickelt.

Mit dem EKG-Shirt kann die Herztätigkeit überwacht werden. Dank dieser Entwicklung brauchen keine Elektroden mehr am Körper angeschlossen zu werden.

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