Mehr Frauen in die Chefetagen!
Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard verlangt nach mehr Frauen in Führungspositionen - nicht nur aus Gleichstellungsgründen sondern auch aus ökonomischen Erwägungen.
Leuthard sagte am Montag, dass die Geschäftsleitungen in der Schweiz nur zu 4% mit Frauen besetzt seien und nur ein Drittel der Unternehmen von Frauen geführt werde.
Es gehe weder um Quoten noch um Vorschriften des Staates, sagte die Vorsteherin des Eidgenössischen Volkswirtschafts-Departements (EVD). Allzu oft hapere es am Selbstvertrauen der Frauen selbst. Viele trauten sich zu wenig zu.
Deshalb sollten die Frauen laut Leuthard vor allem selber aktiv werden und ihr Stimmpotenzial besser ausschöpfen. Es genüge nicht, wenn nur gerade 38% der Frauen wählen gingen und der Frauenanteil im nationalen Parlament bei rund einem Viertel liege, sagte sie an der Tagung «PotentiELLE» – dem ersten Spitzentreffen für mehr weibliches Unternehmertum.
Leuthard förderte eine generelle Erhöhung des Anteils der Erwerbsquote der Frauen. Denn es genüge nicht, dass die Hälfte der erwerbstätigen Mütter in Pensen unter 50% arbeiteten. «Damit kann man auch die eigene Laufbahn schwerlich positiv beeinflussen», sagte die Bundesrätin.
Aber auch das Wissen müsse besser genutzt werden, das die Frauen heute an Universitäten, Fachhochschulen oder in der Weiterbildung erwerben würden. Wenn dieses Potential in der Arbeitswelt brachliege, bedeute dies einen volkswirtschaftlichen Schaden.
Frauen-Power nutzen
Laut Leuthard muss auch die Wirtschaft zur aktiven Förderung des Frauenpotenzials bewegt werden. Denn bereits 2015 gebe es 10% weniger Schulabgänger und bis 2050 werde die Erwerbsbevölkerung schrumpfen und die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften steigen.
Dieser Engpass könne nicht einfach durch Migration und Rekrutierung aus der EU gelöst werden, weil das Problem den gesamten europäischen Arbeitsmarkt treffe. Schliesslich müsse die Politik Vorbild sein und die Rahmenbedingungen fürs Unternehmertum verbessern.
Zustimmung des Arbeitgeberverbandes
Der an der Tagung ebenfalls anwesende Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes, Thomas Daum, sagte, seine Organisation stimme total mit den Äusserungen von Bundesrätin Leuthard überein.
«Wir haben ungefähr 60% Frauen, die arbeiten. Dies ist im Vergleich mit unseren Anliegerstaaten ein sehr hoher Grad. Aber viele Frauen sind Teilzeit beschäftigt», sagte er gegenüber swissinfo.
Familienfreundliche Arbeitszeitmodelle
Erste Schritte hat der Bund laut Leuthard mit dem KMU-Handbuch zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bereits getan. Es zeigt auf, wie der Arbeitsmarkt mit familienfreundlichen Arbeitszeitmodellen flexibler gestaltet werden kann.
Sie erwähnte zugleich den Verpflichtungskredit von 120 Millionen Franken für familienergänzende Kinderbetreuung und die Idee des Gutscheinsystems, aber auch die Revision des Bürgschaftswesens und das Innovations-Förderprogramm KTI «Venturelab».
Handlungsbedarf auch im eigenen Departement
Im EVD will Leuthard den Anteil der Frauen in allen Geschäftsleitungen erhöhen und bis 2015 einen generellen Frauenanteil von mindestens 25% erreichen. Heute sind die entsprechenden Positionen zu 13% mit Frauen besetzt.
Der grössere Frauenanteil soll unter anderem mit optimalen Rahmenbedingungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf erreicht werden.
Kein Strohfeuer
Ziel der Tagung war, Anstösse in Sachen Chancengleichheit breit bekannt zu machen. Zu diesem Zweck wurde eigens eine Internet-Plattform (www.potentielle.ch) geschaffen.
Es sei wichtig, dass die Tagung kein «Strohfeuer» bleibe, sagte Leuthard. Um diese Gefahr zu vermindern, wolle man in einem Jahr die Umsetzung der am Montag angekündigten Massnahme überprüfen.
Die Internet-Plattform werde das ganze Jahr hindurch in Betrieb bleiben.
swissinfo und Agenturen
An der Tagung «PotentiELLE» – dem ersten Spitzentreffen für mehr weibliches Unternehmertum», so Leuthard – nahmen rund 200 Unternehmerinnen, Unternehmer und Kaderleute teil. Verschiedene von ihnen erläuterten ihre eigenen Erfahrungen mit Frauenförderung und gaben Anregungen, wie sie umzusetzen sei.
Die Konferenz wurde vom EVD zusammen mit der Standortförderung des Kantons Zürich und verschiedenen Frauenverbänden organisiert.
In der Schweiz hat sich der Frauenanteil in den Parlamenten seit der Einführung des Frauenstimmrechts 1971 von 5 auf 25% erhöht. Sie liegt damit innerhalb der 190 Länder auf Rang 31.
2004 betrug der Durchschnittlohn für eine Frau 4735 Fr., fast 20% niedriger als für einen Mann (5910 Fr.)
75% der Männer über 15 hatten eine Anstellung, aber nur 60% der Frauen.
57% der Frauen hatten eine Teilzeitbeschäftigung, gegenüber 12% der Männer.
8 von 10 Frauen, die mit einem Partner lebten und Kinder hatten, bezeichneten sich als Hausfrauen.
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