Mehr Suizide als Verkehrstote
In den letzten 20 Jahren gab es weniger Suizide in der Europäischen Union - und auch in der Schweiz.
Mit jährlich 1300 Suiziden gehört die Schweiz aber zu den westeuropäischen «Spitzenreitern».
Die Zahlen gehen auf eine Studie zurück, die in der letzten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins «European Journal of Public Health» publiziert worden ist.
Die Studie wertet eine Datenbank der Weltgesundheits-Organisation (WHO) aus, wie der Presserservice der Universität Lausanne am Mittwoch mitteilte.
Durchgeführt wurde die Studie von Fabio Levi von der Universtität Lausanne und Carlo La Vecchia von der Universität Mailand und dem Mario Negri Institut. Die WHO war durch Benedetto Saraceno vertreten.
Vor allem Männer gefährdet
Von 1980 bis 1984 nahm die Suizidrate in der Schweiz um 23%, von 1995 bis 1996 um 27% ab.
Bei den jungen Erwachsenen zwischen 15 und 34 Jahren sank die Rate bei den Männern um 32%, bei den Frauen um 38%.
Fabio Levi von der Universität Lausanne gegenüber swissinfo: «Die Raten werden wahrscheinlich weiter sinken, es sei denn, die sozio-ökonomischen Faktoren verändern sich massgebend.»
Schweiz gehört zu «Spitzenreitern»
Mit einer Quote von 23 Suiziden auf 100’000 Männer und 8 auf 100’000 Frauen bleibt die Schweiz allerdings in der Spitzengruppe der westeuropäischen Länder. Hohe Quoten weisen auch Finnland, Belgien und Österreich auf.
«Wir halten einen traurigen Rekord. Bei den Jungen ist es die häufigste Todesursache», so Levi.
Suizid bleibe ein grosses Problem in der Schweiz. Diese stellen 10 bis 15% der frühzeitigen Tode dar. «Nur die Anzahl an Brustkrebs verstorbener Frauen erreicht eine ähnliche Dimension.»
Gründe unbekannt
Als Gründe für den Rückgang der Suizidrate in Europa nennt die Studie unter anderem die verschärften Waffengesetze oder die verbreitete Verschreibung von Anti-Depressiva.
Benedetto Saraceno, Direktor bei der WHO, gegenüber swissinfo: «Wir haben keine klare Erklärung dafür, wieso die Suizidrate in gewissen Ländern gesunken und in anderen gestiegen ist.»
Hohe Selbstmordraten gebe es vor allem in den Ländern der ehemaligen Sowjetrepublik. Dazu Saraceno: «Dies sagt uns, dass soziale Faktoren wie Armut und Arbeitslosigkeit eine sehr wichtige Rolle spielen.»
Im Fall der Schweiz hat Saraceno keine Erklärung parat.
Frauen stabil
Interessant findet der WHO-Direktor auch den Vergleich der Suizidrate zwischen Männern und Frauen.
Bei letzteren sei sie in den letzten 50 Jahren praktisch unverändert geblieben. Bei den Männern habe es hingegen eine markante Zunahme gegeben.
«Der klassische Selbstmörder ist zwischen 18 und 44 Jahren alt, trinkt Alkohol, lebt in Armut und ist in häusliche Gewalt und Unfälle mit Alkohol am Steuer verwickelt.»
swissinfo und Agenturen
Die Studie zum Thema Suizid wurde von der Weltgesundheits-Organisation (WHO) in Zusammenarbeit mit den Universitäten Lausanne und Mailand und dem Institut Mario Negri durchgeführt.
Laut der Studie sind die Suizidraten in der EU und in der Schweiz gesunken.
Mit einer Quote von 23 Suiziden auf 100’000 Männer und 8 auf 100’000 Frauen gehört die Schweiz in die Spitzengruppe der westeuropäischen Länder.
Suizide stellen 10 bis 15% der frühzeitigen Tode dar. Nur die Anzahl an Brustkrebs verstorbener Frauen erreicht eine ähnliche Dimension.
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