Mehrfrontenkampf gegen den Tabakmissbrauch
Ab 1. Mai müssen in der Schweiz alle Raucherwaren-Verpackungen mit grossflächigen Warnhinweisen versehen sein. Begriffe wie "light" oder "mild" sind verboten.
Nachdem das Stimmvolk im Kanton Tessin einem Rauchverbot für Gastbetriebe zugestimmt hat, erhoffen sich die Gegner des Blauen Dunstes eine Signalwirkung auf den Rest der Schweiz.
«Rauchen ist tödlich» oder «Rauchen fügt Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu»: So muss ab 1. Mai jedes Päckchen Zigaretten, jede Schachtel Zigarren und jeder Beutel, jede Dose mit Pfeifentabak gross und deutlich beschriftet werden.
Auf der Rückseite stehen 14 verschiedene Wechseltexte wie: «Hier finden Sie Hilfe, um das Rauchen aufzugeben:0848 000 282/www.rauchenschadet.ch» oder «Schützen Sie Kinder – Rauchen Sie nicht in ihrer Anwesenheit!».
Das Ende der seit November 2004 herrschenden Übergangsfrist für die Umsetzung der Vorschriften fällt zusammen mit mehr oder weniger erfolgreichen Bemühungen, dem Tabakkonsum, insbesondere dem Rauchen in der Öffentlichkeit, den Schnauf abzudrehen.
Trendsetter Tessin
Der Kanton Tessin betätigt sich als Vorreiter. Als erster Kanton hat er das Rauchen in Gastbetrieben verboten. Angespornt durch das Rauchverbot in Italien hat sich das Tessiner Stimmvolk mit überraschender Deutlichkeit (79,1%) für das Rauchverbot entschieden.
Anfang April 2007 müssen die Tessiner Wirte das Verbot definitiv durchgesetzt haben.
In Italien gilt seit Januar 2005 ein Rauchverbot für Gaststätten. Die positive Bilanz des Römer Gesundheitsministeriums: rund 500’000 Personen haben das Rauchen inzwischen aufgegeben, rund 5,7% weniger Zigaretten wurden verkauft.
Inzwischen befürworten rund 90% der italienischen Bevölkerung das Rauchverbot.
Rest der Schweiz folgt
In den Kantonen Genf und Zürich laufen Volksinitiativen für einen Rauchstopp und im Kanton Bern nimmt das Parlament das Begehren nach dem Scheitern im letzten Jahr wieder auf,
Da kann und will auch die Landesregierung auch nicht abseits stehen. So bestätigt der Bundesrat in einem Bericht, der Schutz der Bevölkerung vor den schädlichen Auswirkungen des Passivrauchens wiege schwerer als die Freiheit zu rauchen.
Die Schweizerische Bundesbahn, die SBB, hat bereits reagiert. Seit Mitte Dezember 2005 darf weder in den Speise- noch in den anderen Wagons geraucht werden.
Und so scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis die Schweiz dem Beispiel von Italien, Irland, Norwegen und Schweden folgen wird und das Rauchverbot in Gaststätten landesweit einführt.
Rauchstopp-Linie
Der Kampf gegen das Rauchen lässt sich jedoch nicht nur mit Verboten gewinnen. Denn, wie bei Süchten üblich, ist die Abhängigkeit vom Stoff, hier dem Nikotin, oft stärker als das auch existierende Verlangen aufzuhören.
Die Schweizer Krebsliga hat eine so genannte «Rauchstopplinie» geschaltet, ein Raucher-Sorgentelefon, sozusagen. Die Rauchstopplinie wird in Deutsch, Französisch und Italienisch geführt und ist werktags von 11 bis 19 Uhr geöffnet. Tel. Nr. 0848 000 181
Die Beratenden sind auf ihre Aufgabe vorbereitet und ausgebildet worden. Sie werden wissenschaftlich geprüfte Entwöhnungsmethoden empfehlen.
Antirauch-Wettbewerb
Eine weitere Möglichkeit, der Nikotinsucht zu entsagen ist der Rauchstopp-Wettbewerb, der am 31. Mai, dem «Welttag ohne Tabak», gestartet wird. Teilnahmeberechtigt sind Raucherinnen und Raucher, die täglich Zigaretten, Zigarren, Pfeife oder Tabak anderer Art konsumieren und Ihren Wohnsitz in der Schweiz haben.
Der Aufhörwettbewerb sei eine hilfreiche Unterstützung, um von der Zigarette loszukommen. Wer mitmache, habe grosse Chancen, nach einem Jahr weiterhin rauchfrei zu leben, schreiben die Veranstalter, die vier Gesundheits-Organisationen Krebsliga Schweiz, Lungenliga Schweiz, Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention und Bundesamt für Gesundheit.
Eine repräsentative Umfrage unter den Teilnehmenden des Jahres 2003 zeigt, dass rund 40% der Personen, die am Wettbewerb teilgenommen hatten, elf Monate später immer noch rauchfrei lebten.
swissinfo, Etienne Strebel
In der Schweiz fällt die Gesundheitspolitik in die Kompetenz der Kantone. Deshalb existieren 26 unterschiedliche Gesundheitssysteme.
Laut Verfassung kann auch der Bund seinerseits gesundheitspolitische Massnahmen vorsehen.
Insbesondere kann er Vorschriften erlassen im Bereich der übertragbaren, häufigen oder bösartigen Krankheiten.
Gesetzgebend darf er auch eingreifen im Bereich der Nahrungs- und Heilmittel, Chemikalien und Drogen.
Am 12. März hat die Bevölkerung des Kantons Tessin ein Projekt gut geheissen, das das Rauchen in Gaststätten, Bars und Nachtlokalen verbietet. Dieses Verbot, bisher das einzige in der Schweiz, tritt im April 2007 in Kraft.
In der Schweiz raucht beinahe ein Drittel der Bevölkerung: 36% der Männer und 26% der Frauen.
Jeden Tag werden pro Einwohner acht Zigaretten konsumiert.
Bei einem Drittel Rauchenden der Gesamtbevölkerung macht dies im Durchschnitt mehr als ein Paket (20 Zigaretten) pro Tag pro Raucher.
Damit positioniert sich die Schweiz als eines der Länder Europas mit hohem Zigaretten-Konsum.
Trotz zahlreichen Präventions-Kampagnen will die Anzahl von Rauchenden nicht abnehmen: 1992 betrug der Anteil 30,1%, 2002 30,5%.
Unter den Jungen (bis 25-Jährigen) zeigt die Tendenz gar nach oben: 30,9% 1992, aber 37,45% 2002.
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