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Menschenrechte in der Schweiz überwachen

Auch in der Schweiz werden Menschenrechte verletzt. Keystone

In der Schweiz soll eine unabhängige Instanz zur Überwachung der Menschenrechte ins Leben gerufen werden. Das fordern Nichtregierungs-Organisationen.

Mit Vertretern aus Wirtschaft und Politik haben sie einen Trägerverein gegründet, der die Schaffung einer solchen Institution vorantreiben soll.

«Auf internationalem Parkett profiliert sich die Schweiz mit einer aktiven Menschenrechtspolitik», sagte die sozialdemokratische Nationalrätin Vreni Müller-Hemmi vor den Medien.

In den Bereichen Frauen- und Kinderrechte etwa aber gebe es in den Kantonen bei grosse Unterschiede. «Eine nationale Menschenrechts-Institution braucht es, um die Kohärenz der Schweizer Politik zu verbessern und deren Glaubwürdigkeit zu verstärken», so Müller-Hemmi.

Mit der neuen Zusammensetzung der Landesregierung (Bundesrat) und dem Abbau von Bundesaufgaben jedoch hätten es neue Projekte schwer, kritisierte sie.

Auf Initiative von Nichtregierungs-Organisationen (NGO) wurde deshalb an einer Tagung in Bern ein neuer Trägerverein gegründet, der das Modell einer unabhängigen Institution für Menschenrechte unterstützt.

«Eine solche Institution ist notwendig», sagte auch Bernhard Moeri vom Migros Genossenschaftsbund. Auch für die Wirtschaft werde das Thema Menschenrechte immer wichtiger.

Halbherzige Politik

Obwohl die UNO, der Europarat und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) die Wichtigkeit nationaler Menschenrechts-Institutionen betonen, seien bisher Antworten auf entsprechende Vorstösse im Parlament ausgeblieben, kritisieren NGO wie Amnesty International, Alliance Sud, Menschenrechte Schweiz (MERS) und die Schweizerische Flüchtlingshilfe.

Bereits im Dezember 2001 hatte Vreni Müller-Hemmi eine parlamentarische Initiative zur Schaffung einer eidgenössischen Kommission für Menschenrechte eingereicht. 2003 beauftragte der Nationalrat seine Staatspolitische Kommission mit der Ausarbeitung einer konkreten Vorlage.

Diesen Herbst hat der Nationalrat (grosse Kammer) die Frist dafür jedoch verlängert, weil er einen entsprechenden Bericht des Bundesrates abwarten wollte. Einen solchen hatte der Ständerat (kleine Kammer) in Auftrag gegeben.

Bis heute liegt dieser nicht vor, obwohl eine Expertenstudie im Auftrag des zuständigen Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) erheblichen Handlungsbedarf festgestellt hat.

Eigenständigkeit

Eine Option besteht darin, die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) zur Menschenrechts-Kommission auszubauen.

Während sich etwa EKR-Sekretärin Doris Angst und EKR-Präsident Georg Kreis nach Medienberichten offen für diese Idee zeigen, sind die Nichtregierungs-Organisationen skeptisch. Sie befürchten, dass eine «Minimallösung» die Existenzberechtigung des Projekts in Frage stellt.

Darum fordern sie weiterhin eine unabhängige und eigenständige Institution nach den Vorgaben der UNO, wie sie bisher etwa in Dänemark, Deutschland oder Norwegen existieren.

Eigeninitiative

Angesichts der Passivität des Bundesrates haben die NGO beschlossen, ein eigenes Projekt zu lancieren. Der neu gegründete Trägerverein unterstützt die Idee einer Stiftung: Sie soll auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen und hauptsächlich von Bund und Kantonen sowie von Privaten finanziert werden.

Diese Stiftung würde etwa zur Umsetzung der von der Schweiz ratifizierten Menschenrechts-Abkommen beitragen, Empfehlungen an zuständige Behörden richten und die Menschenrechtsbildung in der Schweiz unterstützen.

Mittlerweile ist auch der Bericht des Bundesrates für die «nähere Zukunft» angekündigt: Im EDA äussert man sich dazu vorsichtig: Es handle sich noch um Arbeitshypothesen, sagt EDA-Sprecherin Carine Carey.

swissinfo und Dominique Schärer, InfoSüd

1945: Die Präambel der UNO-Charta bestätigt die Grundrechte des Menschen.
1946: Schaffung der Menschenrechts-Kommission.
1948: Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte.
2002: Beitritt der Schweiz zur UNO.

In seinem Bericht an das Ministerkomitee des Europarates attestierte Menschenrechts-Kommissar Alvaro Gil-Robles im Mai 2005 der Schweiz, sie respektiere die Menschenrechte auf «hohem Niveau».

Er kritisierte die Befragungs-Methoden von Asylbewerbern, die kurze Frist bei der Anfechtung von Abschiebungs-Entscheiden und die schnelle Rückführung.

Weiter ortete er Missstände in den Strafanstalten Champ Dollon bei Genf und La Stampa bei Lugano.

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