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Mit leuchtenden Bakterien auf Giftsuche

Der neue Biosensor wurde bereits im Mekong in Kambodscha eingesetzt. Keystone

Schweizer Forscher haben einen Biosensor für Arsen entwickelt und in Vietnam erfolgreich getestet. Für ihre Publikation wurden sie nun ausgezeichnet.

Arsen im Trinkwasser ist in manchen Regionen der Welt ein grosses Gesundheitsproblem.

Ein Team von Forschenden des Schweizerischen Forschungszentrums für Wasser und Gewässer (Eawag), der Universität von Hanoi sowie der Universität Lausanne hat einen Biosensor für Arsen entwickelt und in Vietnam getestet. Die Zeitschrift Environmental Science and Technology hat ihnen nun den Preis für die beste Publikation im Jahr 2005 zugesprochen.

Das Projekt wurde von der schweizerischen Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) unterstützt, denn Arsen im Trinkwasser stellt weltweit für Millionen von Menschen ein Gesundheitsrisiko dar, besonders in Bangladesch und Vietnam.

Veränderte Bakterien

Der Biosensor funktioniert mit genetisch veränderten Bakterien. Dabei wurde ein Gen so verändert, dass es auf Arsen reagiert und dabei zu leuchten beginnt. Diese Bioluminiszenz ist proportional zur Arsenkonzentration.

Je stärker es leuchtet, desto mehr Arsen hat es im Wasser. Die Intensität dieses Lichts kann dann mit einem einfachen Gerät gemessen werden. Im Labor hatte das gut geklappt.

Erster Praxistest

Die Idee, Biosensoren für den Nachweis von Arsen einzusetzen, ist nicht neu. Doch erstmals wurde nun ein solches Verfahren vor Ort angewendet. Die Proben, die mit dem neuen Biosensor analysiert wurden, stammen aus den Deltaregionen des Roten Flusses und des Mekongs.

Im Vergleich mit einem bewährten Testverfahren schnitt er gut ab. “Die allermeisten Abweichungen lagen in einem Bereich, (…) wie er für die Abschätzung der Gesundheitsgefährdung durch Arsen im Trinkwasser nicht relevant ist”, betont die Eawag.

Wettlauf gegen die Zeit

Arsen ist eines der giftigsten Elemente überhaupt. Die allergiftigste Form ist das dreiwertige Arsenit. Ein Zehntel Gramm des geruch- und geschmacklosen Giftes ist sofort tödlich.

Regelmässige geringe Dosen können zu einer chronischen Vergiftung führen. Sie beginnt mit Verfärbungen der Haut, mit Knotenbildungen an Händen und Füssen, schädigt die inneren Organe, kann neurologische Störungen auslösen und endet oft in irgendeiner Art von Krebs. Im frühen Stadium sind die Symptome einer chronischen Vergiftung noch reversibel.

Gift-Puzzle

Arsen kommt natürlicherweise in der Erdkruste vor, besonders in erzhaltigen Gesteinen. Verwittern diese, gelangt das Arsen in die Umwelt und kann mit den Flüssen mehrere 100 Kilometer weit transportiert werden.

Typischerweise finden sich die hohen Arsenwerte im Grundwasser von Schwemmebenen grosser Flüsse. Doch das Arsen ist ungleich verteilt. Benachbarte Brunnen können sehr unterschiedliche Arsenkonzentrationen aufweisen, von stark belastet bis völlig unbedenklich. Schnelle, günstige, zuverlässige und feldtaugliche Tests sind daher gefragt.

Millionen betroffen

Neben Nachweis-Tests sucht die Eawag auch nach Wegen, das Arsen aus dem Wasser zu entfernen. Doch die Schweiz ist nicht unschuldig am Ausmass des Arsenproblems.

Seit den 1970er-Jahren haben Schweizer Hilfswerke mitgeholfen, Brunnen zu bohren, um die Bevölkerung mit sauberem Wasser zu versorgen, besonders in Bangladesch. Doch sie bohrten, ohne es zu wissen, in arsenbelasteten Schichten. Bis zu 50 Millionen Menschen trinken nun daraus verseuchtes Wasser.

Nicht nur Bangladesch und Vietnam haben Arsen im Trinkwasser, auch China, Argentinien, Neuseeland, Ungarn oder die USA.

Doch eine chronische Arsenvergiftung trifft nicht alle gleich: Menschen, die unter Mangelernährung leiden, sind weit anfälliger. Eine chronische Arsenvergiftung trifft also immer die Ärmsten.

Und in der Schweiz?

In der Schweiz wird Arsen im Trinkwasser nicht routinemässig getestet. Einige der potentiell gefährdeten Regionen wurden aber untersucht, nachdem im Kanton Tessin zufällig ein Wert gefunden worden war, der über dem Schweizer Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Liter lag. Im Kanton Graubünden überschritten drei Proben das Erlaubte.

Würde die Schweiz den von der Weltgesundheits-Organisation (WHO) empfohlenen Grenzwert von 10 Mikrogramm pro Liter einführen, hätten noch einige weitere Gemeinden im Sottoceneri, im Graubünden und im Wallis zu viel Arsen im ihrem Trinkwasser. Hinweise auf gesundheitliche Schädigungen gibt es aber bisher keine.

swissinfo, Antoinette Schwab

Arsen kommt natürlicherweise in der Erdkruste vor und ist welt-weit einer der häufigsten anorganischen Schadstoffe im Grundwasser. Durch Verwitterung kann es ins Grundwasser gelangen.

Arsen kommt meist nicht rein, sondern in chemischen Verbindungen vor. In hohen Dosen führt es zum Tod, in niedrigen zu chronischen Vergiftungen.

Arsen im Trinkwasser ist vor allem in West-Bengalen, Bangladesch und Vietnam ein grosses Problem.

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