Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Mit Solar-Kocher gegen den Holz-Raubbau

Eine einfache Kiste mit grosser Wirkung. adesolaire.org

Seit drei Jahren kämpft eine Schweizerin gegen die Abholzung der Wälder auf Madagaskar. Ihre Lösung: Kochen mit Sonnenenergie statt mit Holz.

Mit dieser Idee hat Regula Ochsner nun sogar Arbeitsplätze schaffen können.

Vor 30 Jahren lebte Regula Ochsner als Entwicklungshelferin im Süden der Insel Madagaskar im indischen Ozean. Sie war damals in der Region Tuléar in diversen Frauenprojekten tätig und lernte die Leute und das Land besser kennen.

Schockierender Besuch

Vor ein paar Jahren nun besuchte sie Tuléar erstmals wieder. Sie war schockiert: Das Land hatte sich total verändert. «Ganze Wälder waren weg. Die grossen Baobab-Bäume waren weg. Alles war einfach verschwunden.»

In einem Vierteljahrhundert waren in Madagaskar fast 90% der Wälder abgeholzt worden. Jährlich fällt dem Holzschlag eine Fläche von der Grösse der beiden Kantone Zürich und Baselland zum Opfer.

Eine Veränderung, die auch einen negativen Einfluss auf die Artenvielfalt hatte. «Dementsprechend gibt es auch keine Schildkröten, Lemuren, Chamäleons mehr», so Ochsner.

Eine «zündende» Idee

Weil der grösste Teil des Holzes als Brennholz benutzt wird, setzte Ochsner nach einigen schlaflosen Nächten in diesem Bereich an. Die Idee: Statt Holz zum Kochen zu verwenden, sollte nach einer Alternative gesucht werden.

Mit Eduard Probst, einem Pionier auf dem Gebiet der Solar-Kocher, fand Ochsner in der Schweiz schliesslich einen Partner. Dies war der Startschuss zum Projekt ADES (Association pour le Développement de l’Energie Solaire Suisse-Madagascar).

Der Kocher ist eine einfache, isolierte Kiste. «Über der Kiste liegt ein Doppelglas, das heisst, die Sonne bringt ihre Strahlen durch das Glas in die Kiste rein, und durch die Isolation wird die Wärme zurückbehalten», erklärt Ochsner.

Damit werde es möglich, auch an bewölkten Tagen innerhalb relativ kurzer Zeit eine Temperatur von 100 Grad zu erreichen.

Beliebte Kiste

Obwohl der Kocher mit 60 Franken umgerechnet den Monatslohn einer Sekretärin oder eines Chauffeurs kostet, konnte Ochsner in Madagaskar seit 2001 bereits 650 «Kisten» verkaufen.

«Die Leute merken bald, dass sie nicht mehr stundenlang laufen müssen, um Holz zu holen, dass nicht mehr der beissende Rauch ins Gesicht steigt. Aber es braucht Überzeugungsarbeit.»

So fährt Ochsner mit ihrem Team regelmässig in die umliegenden Dörfer, um zu demonstrieren, wie einfach das Kochen mit Sonnenenergie ist. Einige Dörfer, in denen bereits 30 bis 40 Familien «umgesattelt» haben, gelten als Pilot-Dörfer.

Diese Dörfer können als Anreiz nach einem Jahr von einer minimalen Elektrifizierung profitieren: Einem Solarstrom-Aggregat, das eine Glühbirne und ein Radio speist.

Arbeit für Lokale

Sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen heute den Kocher in Tuléar her, teilweise mit Recycling-Material aus der Schweiz. Bis 2003 wurde unter einem provisorischen Zeltdach gearbeitet, seither in einem eigens gebauten Haus.

Es beherbergt neben der Schreinerwerkstätte einen Verkaufsraum, ein Büro und eine Küche. Den nötigen Strom liefern Sonne und Wind. Die Leiterin vor Ort, Chantal Allain, ist eine Madagassin.

Nun will ADES den Kocher breiter streuen. Dafür geht die Organisation auf Schulen und Spitäler zu, damit diese den Sonnenkocher in ihre Schulungen aufnehmen.

Eine positive Entwicklung, auf die jetzt auch die Provinzregierung aufmerksam geworden ist. Sie hat ADES den offiziellen Auftrag zum Aufbau von zwei weiteren Sonnenkocher-Zentren mit je zwei Zweigstellen gegeben.

swissinfo, Christian Raaflaub

90% des Waldes auf Madagaskar sind abgeholzt.
80% des Holzes wird als Brennholz verwendet.

Eine Schweizerin unternimmt aktiv etwas gegen den übermässigen Holzschlag auf Madagaskar.

Mit ihrer Organisation ADES stellt sie Solar-Kocher her, damit die Bevölkerung weniger Brennholz verbraucht.

Die Provinzregierung setzt nun auch auf ADES und will das Projekt in weitere Städte exportieren.

Beliebte Artikel

Meistdiskutiert

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft