Morgens stört der Fluglärm am meisten
Fluglärm wirkt in den Morgenstunden störender als zu Beginn der Nacht. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der ETH Zürich.
Die Forscher haben auch nachgewiesen, dass Fluglärm sehr subjektiv ist und unterschiedlich stark empfunden wird.
Eine längere Nachtflugsperre brächte der Bevölkerung um den Flughafen Zürich mehr Entlastung als weniger Flüge. Dies geht aus der «Lärmstudie 2000» der ETH Zürich hervor, die am Montag vorgestellt wurde.
Besonders stark stören startende und landende Flugzeuge spätabends, wenn die Leute einschlafen wollen. Noch unangenehmer empfinden die Betroffenen den Lärm jedoch frühmorgens, in der kostbaren Stunde, bevor der Wecker klingelt. Tagsüber stört der Fluglärm weniger – am meisten stört er über Mittag.
Im Rahmen der «Lärmstudie 2000» befragten ETH-Forschende in den Jahren 2001 und 2003 gut 3000 Personen in 57 Gemeinden in einem 20- Kilometer-Radius um den Flughafen Zürich.
Lärm: keine fixe Grösse
Dabei stellten sie fest, dass sich erstens nicht zwingend die Personen am meisten belästigt fühlen, die tatsächlich dem grössten Lärm ausgesetzt sind, und dass zweitens Zeitpunkt und Stärke des Fluglärms grössere Auswirkungen haben als die Anzahl Überflüge. Im übrigen erfuhren sie, dass Fluglärm nicht störender empfunden wird als Strassenlärm.
Laut Katja Wirth Bürgel, Mitautorin der Studie, wird der Fluglärm als deutlich lästiger empfunden, wenn etwa plötzlich deutlich mehr Maschinen über den Ort fliegen als gewohnt. Auch Personen, die mit ihrem Wohnort generell unzufrieden sind und jene, welche den Flugverkehr ablehnen, reagieren empfindlicher.
Politik bestimmt die Lärm-Intensität mit
Weitere Faktoren sind etwa das Vertrauen in die Behörden und die Einschätzung der künftigen Entwicklung des Fluglärms. Und schliesslich spielt es eine Rolle, ob jemand Eigenheim-Besitzer oder Mieter ist. Insgesamt spielt für die Beurteilung der Belästigung der reale Fluglärm nur zu rund 15% eine Rolle, wie Co-Autor Mark Brink sagte.
Im Vergleich zu einer Studie aus dem Jahre 1991 fühlten sich die jetzt Befragten Anwohner stärker durch den Fluglärm gestört. «Es gibt wichtigere Faktoren, die zu emotionalen Reaktionen führen, als der Lärm selbst», führte Georg Thormann, im Gespräch mit swissinfo aus. Der Co-Autor nennt politische Aspekte. «Seit die Flugzeuge nicht mehr über Süddeutschland an- und abfliegen, sind die Leute empfindlicher geworden.»
Längere Nachtsperre?
Die Wissenschafter erfassten auch, wie sich der Fluglärm auf Herzschlag, Atmung und Bewegungen Schlafender auswirkt. Die stärkste Störung verursacht das erste Flugzeug am frühen Morgen. Wie viele nachher folgen, ist weniger wichtig.
Wollte man also die Anwohner entlasten, wäre dies laut Studie am ehesten dadurch zu erreichen, dass man morgens die erste Maschine später starten oder landen liesse. Als die Erhebung durchgeführt wurde dauerte die Nachtflugsperre von 00.00 bis 6.00 Uhr. Seither wurde sie um eine Stunde verlängert und dauert nun 23.00 bis 6.00 Uhr.
Neuartige Messmethode
Für die Messung der körperlichen Reaktionen entwickelten die Forscher eine neuartige Methode, die ohne Elektroden oder andere Messfühler am Körper auskommt. Zentral sind Sensoren, die am Bett des oder der Schlafenden angebracht werden, und die auch die geringste Bewegung von Herzschlag oder Atmung registrieren.
swissinfo und Agenturen
Finanziert wurde die 420’000-Franken Teure Studie zu 96% von BUWAL (Bundesamt für Umwelt Wald und Landschaft), BAG (Bundesamt für Gesundheit) und der Flughafenbetreiberin Unique.
Beiträge kamen zudem von verschiedenen Zürcher Gemeinden und von der Schweizerischen Gesellschaft für Akustik.
Für die Studie wurden 3000 Personen in 57 Gemeinden rund um den Flughafen Kloten befragt.
64 Freiwillige nahmen an Tests während des Schlafs teil.
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