Nachhaltige Entwicklung spaltet Staatengemeinschaft
Die Konferenz der UNO-Kommission für nachhaltige Entwicklung in New York ist ohne gemeinsame Schlusserklärung zu Ende gegangen. Die EU und die Schweiz wiesen den Entwurf zurück.
Er sei in verschiedenen Bereichen hinter frühere Beschlüsse zurückgegangen, erklärte die Schweizer Delegation. Sie ist enttäuscht, hofft aber auch, dass das Scheitern zur Chance wird.
Im Zentrum der Debatten der Kommission für nachhaltige Entwicklung (CSD) standen Energie, wirtschaftliche Entwicklung, Luftverschmutzung und Klimawandel. Zum Auftakt der Konferenz hatte UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon die Delegationen aufgerufen, den Zusammenhang zwischen Industrialisierung, Energieverbrauch und Klimawandel zu anerkennen.
Am meisten Konfrontationen gab es nach Angaben der Schweizer Delegation im Bereich Energie, wo erneuerbare Energien und Energie-Effizienz, die vor allem von Europa propagiert wurden, gegenüber Erdöl-Produzenten einen schweren Stand hatten.
«Diese Session hätte einen Unterschied machen sollen. Es wäre wichtig gewesen, nicht nur frühere Aussagen zu wiederholen», sagte Franz Perrez von der Schweizer Delegation am Freitagabend gegenüber swissinfo. «Doch es gab in dem Entwurf des Schlussdokuments keine konkreten Ziele, keine Beschlüsse, die neue Aktivitäten ausgelöst hätten.»
Weckruf
Die Schweiz hofft aber, dass die Tatsache, dass es kein gemeinsames Schlussdokument gibt, wie ein Weckruf wirkt, der einen «gesunden Schock» auslösen und die CSD zum Umdenken bringen kann. «Das Schlimmste wäre gewesen, eine Erklärung zu verabschieden, die nicht einmal so weit geht wie frühere Texte», ergänzte Perrez.
Am gleichen Strick gezogen wie die Schweiz hatten neben den 27 EU-Staaten auch Norwegen und Island, die auf einer klaren politischen Aussage beharrt hatten. Dem Entwurf des Schlussdokuments im Namen der G-77-Staaten (Entwicklungsländer) und Chinas zugestimmt hatte Pakistan, ebenso die USA. Diese Staaten wollen keine konkreten Hinweise darauf, dass menschliche Aktivitäten den Klimawandel verursachen.
Die Energiefrage
Die Schweiz hatte vor allem mehr politischen Willen für den Einsatz umweltfreundlicher Energien gefordert. Aus ihrer Sicht ist klar, dass der Klimawandel, die «grösste Herausforderung der Menschheit», nur mit einer nachhaltigen, die Umwelt schonenden Entwicklung gestoppt werden kann.
Die Delegation war mit dem Ziel nach New York gefahren, dass die Konferenz sich klar dazu bekennen sollte, dass Energieverbrauch, wirtschaftliche Entwicklung und Klimahandel eng zusammen hängen.
Gemeinsame Lösungen
Sie hatte sich ein starkes Signal zur Unterstützung der erneuerbaren Energien und der Energie-Effizienz erhofft. Und eine klare Aussage, dass saubere Energie ein Schlüsselfaktor ist im Kampf gegen den Klimawandel.
Um die Millenniumsziele wie die Verringerung der Armut zu erreichen, brauche es eine weitere industrielle Entwicklung, aber diese müsse auf den Prinzipien der Nachhaltigkeit fussen.
Und es brauche gemeinsame Anstrengungen, oder, wie es Thomas Kolly, Chef der Abteilung Internationales im Bundesamt für Umwelt (BAFU), mit den Worten von Friedrich Dürrenmatt ausdrückte: «Was alle gemeinsam betrifft, kann nur von allen gemeinsam gelöst werden.»
Enttäuschte Erwartungen
Doch der Entwurf für das Schlussdokument erfüllte die Erwartungen der Schweizer Delegation schliesslich in keiner Weise. Und konsequenterweise wies sie den Text zurück.
«Wir wünschten uns klare, substanzielle Entscheide.» Doch der Text habe keinen Mehrwert, gehe in verschiedenen Bereichen gar hinter frühere Beschlüsse zurück, begründete Perrez die Ablehnung.
swissinfo, Rita Emch, New York
Die UNO-Kommission für nachhaltige Entwicklung (CSD) wurde nach dem Umweltgipfel von Rio 1992 ins Leben gerufen, um die Umsetzung der dort vereinbarten Agenda 21 zu überwachen und zu begleiten.
Ziel der Agenda 21 ist die nachhaltige Entwicklung. Eine wirtschaftliche Entwicklung, die zu einem besseren Lebensstandard – also weniger Armut, weniger Hunger, Zugang zu sauberem Wasser, um nur einige Stichworte zu nennen – beiträgt, dabei aber die Umwelt schont.
Sie ist die einzige UNO-Institution, die gleichzeitig Wirtschaft, soziale Entwicklung und Umwelt erfasst. Die CSD ist in der immer stärker vernetzten Welt daher von besonderer Bedeutung.
Die CSD kommt einmal im Jahr in New York zu einer Sitzung auf Ministerebene zusammen. Sie hat 53 Mitglieder, die anderen UNO-Staaten können aber auch mitarbeiten.
Trotz Bedenken und Protesten westlicher Nationen ist Simbabwe zum Vorsitzenden der UNO-Kommission für nachhaltige Entwicklung gewählt worden. Der Posten wird nach dem Rotationsprinzip von verschiedenen Regionen besetzt.
Die aus Vertretern von 53 Nationen zusammengesetzte Kommission stimmte am Freitag mit 26 zu 21 Stimmen für den simbabwischen Umweltminister als Nachfolger für den Vertreter Qatars.
Die USA und die EU haben Sanktionen gegen Simbabwe wegen Menschenrechts-Verletzungen verhängt.
Für die Schweiz ist die Glaubwürdigkeit der Institutionen wichtig. Dazu gehöre auch, dass der jeweilige Vorsitzende nicht polarisieren, sondern Brücken bauen können sollte. Daher ist die Schweiz nicht glücklich über die Wahl.
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