Nationalrat gibt Gaskombi-Kraftwerken eine Chance
Bei der Beratung des CO2-Gesetzes wurde ein energiepolitisch umstrittener Entscheid getroffen: Der Bau und Betrieb von Gaskombi-Kraftwerken soll in der Schweiz möglich werden.
Gegen den Widerstand von Christlichdemokraten und Freisinnigen entschied der Nationalrat, die CO2-Abgabe dürfe Gaskraftwerke nicht unwirtschaftlich machen.
Der Entscheid im Nationalrat fiel relativ knapp mit 95 zu 81 Stimmen. Die Vorlage geht jedoch zurück in die kleine Kammer, den Ständerat.
Der hatte kürzlich entschieden, dass die Gaskombi-Kraftwerke ihre Emissionen zu 100% kompensieren müssen. 70% davon in der Schweiz und nur zu 30% über Emissionszertifikate im Ausland. Das heisst, rund zwei Drittel der CO2-Emissionen der geplanten Gaskraftwerke müssen in der Schweiz eingespart werden.
Die grosse Kammer hat hier nun eine Lockerung beschlossen: Die Regierung kann allein die Höhe der Kompensation im Ausland bestimmen.
Nicht rentabel
Im Nationalrat sagte Energieminister Leuenberger, dass gemäss dem vom Ständerat beschlossenen Verteilschlüssel Gaskombi-Kraftwerke in der Schweiz nicht rentabel wären und allenfalls im Ausland ohne Kompensation gebaut würden.
Die Regierung gehe in ihren Energieperspektiven davon aus, dass eine Stromlücke auch beim schnellen Bau von Kernkraftwerken nicht zu verhindern sei.
Aus diesem Grund sei man auch für Gas- und Dampfkraftwerke. Diese wiederum stiessen «ungeheure Mengen von CO2» aus, was mit den klimapolitischen Interessen kollidiere.
Leuenberger schloss sich deshalb einem Individualantrag von Oskar Freysinger von der Schweizerischen Volkspartei (SVP) an, wonach die Regierung den maximalen Prozentsatz der Emissionszertifikate aus dem Ausland variabel festlegen kann.
Atom-Lobby im Hintergrund
Dezidiert gegen Gaskombikraftwerke nahmen die Sprecher der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) und der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) Stellung.
Heute erzeuge die Schweiz praktisch CO2-freien Strom. Das müsse so bleiben, sagten die Freisinnigen. Billige Zertifikate im Ausland zu kaufen, sei scheinheilig: «Der Dreck findet hier statt», meinte die CVP.
Ihnen wurde von den Sozialdemokraten und den Grünen prompt vorgeworfen, der Atomkraft-Lobby auf den Leim gegangen zu sein.
Diese wolle, dass Strom aus Gaskombi-Kraftwerken verteuert und damit unwirtschaftlich werde, um den Bau eines neuen Kernkraftwerks unausweichlich zu machen.
Der Schulterschluss zwischen den beiden politischen Polen, den Sozialdemokraten und Grünen auf der linken und der rechtsbürgerlichen SVP auf der rechten Seite, führte dazu, dass die Gaskombi-Kraftwerke weiterhin im Gespräch bleiben.
swissinfo und Agenturen
Das CO2-Gesetz vom 1. Mai 2000 ist Kernstück der schweizerischen Klimapolitik, mit welcher die Schweiz auf die Erwärmung der Atmosphäre reagiert.
Mit dem CO2-Gesetz legt die Schweiz verbindliche Ziele für die Reduktion des wichtigsten Treibhausgases CO2 fest.
Es dient damit auch der Umsetzung der internationalen Verpflichtungen, welche die Schweiz mit der internationalen Klimakonvention zusammen mit 180 weiteren Staaten eingegangen ist.
Mit dem CO2-Gesetz hat sich die Schweiz verpflichtet, den CO2-Ausstoss bis 2010 gesamthart um 10 Prozent unter das Niveau von 1990 zu reduzieren.
Die angestrebte Reduktion der CO2-Emissionen soll in erster Linie durch Massnahmen der Energie-, Verkehrs-, Umwelt- und Finanzpolitik sowie durch freiwillige Massnahmen der Unternehmen und Privaten erreicht werden.
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