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Neue Instrumente für die Menschenrechte

Vielerorts ist die Respektierung der Menschenrechte in Frage gestellt. Keystone

Für einen effizienteren Kampf gegen Menschenrechts-Verletzungen möchte die Schweiz einen Rat für Menschenrechte innerhalb der UNO schaffen.

Das neue Organ sollte die Einhaltung der Grundrechte der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sicherstellen.

«Wenn wir die Bedeutung der Vereinten Nationen verstärken wollen, müssen wir die Menschenrechte fördern, denn sie sind einer der Schwerpunkte der UNO», sagt Walter Kälin, Sonderbeauftragter des UNO-Generalsekretärs für die Rechte von intern Vertriebenen, gegenüber swissinfo.

Der Schweizer Professor schlägt dazu die Schaffung eines Rats für Menschenrechte vor. Das Organ, welches sich heute um diese Belange kümmert, die Kommission für Menschenrechte, ist in Kälins Augen zu schwach.

«Die Kommission, die zum Wirtschafts- und Sozialrat gehört, besitzt nicht die nötige Autorität», so Kälin.

Dafür sei «ein Hauptorgan nötig», das die volle Verantwortung und Kompetenz für die rechtlichen Probleme im Zusammenhang mit den Menschenrechten wahrnehmen könne.

Das Paradox eines weltweiten Rates

Kälins Vorschlag – der sich in den Rahmen der Reformen innerhalb der UNO eingliedert – sieht verschiedene Alternativen vor.

Das erste Modell sieht ein weltweites Organ vor, das neben der UNO-Generalversammlung bestehen würde. Diese bräuchte sich dann nicht mehr um die Menschenrechte zu kümmern.

Paradoxerweise wird die Glaubwürdigkeit dieser Option – ein fundamentaler Aspekt für eine internationale Organisation – von Fragen und Zweifeln begleitet.

Unter den 191 Mitgliedstaaten befinden sich viele, die wiederholt gegen die Menschenrechte verstossen. So China, Saudi Arabien, der Sudan oder Kuba, um nur einige zu nennen.

«Ein bekanntes Problem», findet Kälin. «Bereits innerhalb der Kommission für Menschenrechte finden wir Länder, die im Zentrum der Kritik stehen.»

Diesen Umstand bemängelt die Menschenrechts-Organisation Amnesty International (AI) schon lange.

«2003 hatte Libyen die Präsidentschaft inne», erinnert Sprecher Jürg Keller von AI Schweiz. «Ein Land, das sich in diesem Bereich alles andere als einwandfrei verhält.»

Schwierige Unterscheidung zwischen Gut und Böse

Kälin betont jedoch, dass der neue Rat – dessen Sitz in Genf sein müsste – kein juristisches Organ wäre, sondern ein politisches. Denn dessen Aufgabe wäre nicht die Untersuchung von Menschenrechts-Verletzungen.

«Wenn wir nur die Länder, welche die Menschenrechte einhalten, berücksichtigen, würde der Rat nur über eine moralische Autorität verfügen, nicht aber über eine politische», ergänzt Kälin.

Zu entscheiden, wer unter diesen Umständen zum Einsitz berechtigt ist und wer nicht, wird eine schwierige Aufgabe. «Müssen wir beispielsweise die USA mit einbeziehen?», fragt der Berner Professor.

Es genüge, an das Gefangenenlager in Guantanamo zu erinnern, wo die USA hunderte mutmassliche Terroristen ohne jedes Recht inhaftiert hätten.

Nicht zu vergessen, dass auch die Schweiz wegen Menschenrechts-Verletzungen kritisiert wird, besonders im Bereich der Rückschaffungen von abgewiesenen Asylbewerbern.

Eine Stimme für jede Weltregion

Eine zweite Option schlägt eine beschränkte Anzahl Mitglieder vor (zwischen 15 und 25), unterstützt durch die Delegationsleiter der anderen Länder.

Dieses Organ wäre dann zwar nicht repräsentativ, doch viel effizienter (keine oder nur wenige politische Hindernisse) und stabiler.

Das dritte Modell ist eine Art Zwischending mit 50 bis 60 Mitgliedern. Für Alain Bovard, Jurist bei AI Schweiz, macht diese Version am meisten Sinn. «Das Wichtigste ist, dass jede Weltregion und jeder Markt vertreten ist.»

Doch der Weg zu einem neuen Rat für Menschenrechte dürfte wohl noch von einigen Ländern mit Hindernissen versehen werden. «Viele Staaten wollen gar keine bessere Stellung der Menschenrechte als heute», schliesst Kälin.

swissinfo, Luigi Jorio
(Übertragen aus dem Italienischen: Christian Raaflaub)

1945: Die Präambel der Charta der Vereinten Nationen bestätigt die Grundrechte des Menschen.
1946: Schaffung der Menschenrechts-Kommission.
1948: Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte.
1976: Deklaration und Inkrafttreten der beiden Internationalen Pakte (bürgerliche und politische Rechte sowie wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte).

Die Menschenrechte anerkennen die Würde jedes einzelnen Menschen und dessen Recht auf Freiheit.

Sie halten fest, dass niemand diskriminiert werden darf, sei es wegen des Geschlechts, der Rasse, Religion oder Ethnie.

Der Mensch hat darüber hinaus das Recht auf verschiedene Leistungen des Staats, so beispielsweise die Ausbildung der Kinder, die Ernährung oder die Altersrente.

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