Neue Partnerschaft in der Technologie-Forschung
In Genf ist am Freitag eine schweizerisch-französische Stiftung zur Förderung der grenzüberschreitenden Technologie und Forschung gegründet worden.
Die Industrie-Innovation bedarf neuer Impulse durch Risikokapital, sagt Claudio Fischer vom Staatssekretariat der für Wissenschaft und Forschung gegenüber swissinfo.
Die neue Stiftung versteht sich als Forum für die drei französischen Regionen Elsass, Franche-Comte und Rhone-Alpes sowie die sechs Schweizer Kantone Freiburg, Genf, Jura, Neuenburg, Wallis und Waadt. Beteiligt ist auch die Universität Basel.
Sie wird administrativ unterstützt durch das «Office pour la Promotion des Industries et des Technologies (OPI)» mit Sitz am Genfer Flughafen.
Claudio Fischer, Leiter der Abteilung Internationales im Schweizer Staatssekretariat für Wissenschaft und Forschung, skizziert die Perspektiven des neuen Instruments.
swissinfo: In welchen Gebieten wird die Stiftung aktiv sein?
Claudio Fischer: Wir haben momentan neun Hauptthemen definiert: Bio- und Medizinaltechnologie, Chemie, Materialwissenschaften, Nano- und Mikrotechnologie, Mikroelektronik sowie Informatik- und Umwelttechnologie.
swissinfo: Wird auf diesen Gebieten dies- und jenseits der Grenze gleichermassen geforscht?
C.F.: Ja. Der Raum Lyon-Grenoble ist wie die Genferseeregion sehr stark. Die Institute dort verfügen über eigene Budgets und Programme. In der Schweiz wird die Forschung vom Bund, kantonalen Universitäten und Privaten finanziert.
Bisher ist die Zusammenarbeit der beiden Regionen ungenügend. Die Stiftung fungiert als Brücke.
swissinfo: Ist die Stiftung in erster Linie Koordinatorin?
C.F.: Sie übt die Trägerschaft von Forschungs-Projekten beidseits der Grenzen aus. Dabei legt sie das Hauptgewicht auf innovative Vorhaben und deren Kommerzialisierung. Das ist eine Herausforderung, denn die finanziellen Mittel werden breit eingesetzt.
Die Unterstützung muss in Frankreich bei den Regionen und der Regierung angefordert werden, nicht zu vergessen die europäischen Forschungsfonds.
In der Schweiz ist es die Regierung, welche die Forschung alimentiert, dies mit der Kommission für Technologie und Innovation und dem Schweizerischen Nationalfonds.
swissinfo: Entsteht in der Biotechnologie ein grosser Bogen von Grenoble über die Genfersee-Region und Basel bis nach Deutschland?
C.F.: Das wäre wünschenswert. Wir müssen jetzt abklären, inwiefern die verschiedenen Regionen zusammenarbeiten können und ob es dabei nicht zu Doppelspurigkeiten kommt.
Eines der interessantesten Instrumente der neuen Stiftung ist deren wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Rat. Er zählt 36 Mitglieder, von denen je die Hälfte aus der Privatwirtschaft und aus der Forschung kommt. Das ermöglicht eine Bestandesaufnahme der Kapazitäten, aus der hervorgeht, wer mit wem kooperiert.
Die Stiftung ist aber nicht in sich geschlossen. Sie soll sich anderen Regionen und Kantonen öffnen können, wie beispielsweise dem Kanton Bern und dem deutschen Bundesland Baden-Württemberg.
swissinfo: Müssen die geförderten Projekte kommerzielles Potenzial haben?
C.F.: Marktreife ist das Ziel. Es ist aber möglich, ein Vorhaben ohne Partner aus der Industrie zu starten. Dann aber braucht es private Investoren.
swissinfo: Hat es in der Schweiz aber genügend Investoren, um insbesondere die Start-ups zu unterstützen?
C.F.: Das ist ein Problem, aber nicht nur in der Schweiz. Im Gegensatz zu den USA findet man hier praktisch kein Risikokapital. Will die Schweiz aber ihre Entwicklung nicht aufs Spiel setzen, muss sie sich erneuern. Dies, indem sie ihre Forschung weiterentwickelt und neue Produkte auf den Markt bringt.
swissinfo: Die Stiftung als Risikogarantie für private Investoren?
C.F.: Ziel der Stiftung ist die Erkennung innovativer Projekte und die Herstellung der Kontakte zu Investoren.
swissinfo: Hat die Stiftung schon konkrete Projekte in der Pipeline?
C.F.: Ja. In einem befassen sich Neurowissenschafter mit dem Prozess der Alterung. Ein anderes befasst sich mit Mecatronik (Mikrotechnik und Nanotechnologie), ein drittes Vorhaben mit erneuerbaren Energien.
swissinfo-Interview, Frédéric Burnand, Genf
(Übertragung aus dem Französischen: Renat Künzi)
Die Stiftung basiert auf einer schlanken Struktur, bestehend aus einer Direktorin und einem administrativen Support des OPI (Office pour la Promotion des Industries et des technologies) in Genf.
Der Jahresetat der Stiftung beträgt 476’000 Franken, welcher von der Schweiz und Frankreich getragen wird.
Stiftungsziel:
Nach dem Prinzip «bottom-up» sollen bereits initiierte Projekte mit Partnern aus Universität und Industrie von beidseits der Grenze vernetzt werden.
Gemäss dem «top-down»-Grundsatz identifiziert die Stiftung diejenigen Forschungsbereiche, welche in den beiden Regionen stark forciert werden und schafft dafür ein Netzwerk von Partnern aus Forschung und Industrie.
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