Neue Wege in der Drogenpolitik
Die Eidgenössische Kommission für Drogenfragen wünscht sich eine übergreifende Suchtpolitik gegenüber sämtlichen psychoaktiven Stoffen.
In ihrem Expertenbericht sucht die Kommission Wege aus der festgefahrenen Debatte und formuliert neue Empfehlungen.
Die Diskussion um die Drogen ist politisch weit gehend festgefahren, und Auswege zeichnen sich nur zögerlich ab. Die Eidgenössische Kommission für Drogenfragen (EKDF) möchte deshalb neue Wege zeigen.
Nicht nur illegale Drogen
Die Drogenpolitik sollte nicht mehr allein auf die illegalen Drogen ausgerichtet werden. Nur eine Gesamtschau sämtlicher psychoaktiven Stoffe, also auch von Nikotin und von Alkohol, zeige einen Ausweg aus der festgefahrenen Diskussion, glaubt die bundesrätliche Fachkommission.
Die Eidgenössische Kommission für Drogenfragen (EKDF) hat am Montag ihren Bericht «psychoaktiv.ch» vorgestellt. Sie wolle damit einen Beitrag zur Entkrampfung und Versachlichung der Drogenpolitik leisten, sagte ihr Präsident François van der Linde vor den Medien in Bern. «Pragmatismus ist angesagt, nicht moralische Verurteilung des Konsums und des Verhaltens.»
Zuerst Leitbild, dann Empfehlungen
Sofort umsetzbare Empfehlungen für aktuelle Streitpunkte wie den künftigen Umgang mit Cannabis seien im Bericht nicht zu finden, sagte van der Linde. Sie können nach Meinung der EKDF erst dann formuliert werden, wenn bereits eine Gesamtschau vorliege. Diese müssen alle Substanzen einschliessen, die eine Wirkung auf das Gehirn hätten.
Deshalb fordert die Kommission ein Leitbild «Suchtpolitik», das als Grundlage für eine langfristig angelegte schweizerische Drogenpolitik dienen könnte.
Marktregulierung statt unterschiedliche Behandlung
Es werde immer schlechter verstanden, weshalb der Gesetzgeber Substanzen (Drogen) von vergleichbarer Gefährlichkeit wie beispielsweise Alkohol und Cannabis unterschiedlich behandle. Das führe dazu, dass der Staat in diesem Bereich als unglaubwürdig wahrgenommen werde.
Im Vordergrund müsse dabei auch eine Regulierung des Marktes stehen, so fordert die Kommission, die eine in sich stimmige Gesetzgebung wünscht. Bei dieser Regulierung müsse sich die Erhältlichkeit einer Substanz nach den Gefahren richten, die mit dem Konsum verbunden sind. Von Abstinenz über leichten Zugang bis zum Marktverbot seien deshalb alle Varianten möglich, wobei als Kriterium die Gefährlichkeit der Substanz diene.
Vier-Säulen-Modell als Grundlage
Die Kommission hält das allgemein akzeptierte Vier-Säulen-Modell als eine Grundlage, die auch in Zukunft gültig sein könne (Prävention, Therapie, Schadensminderung und Repression).
Die EKDF will damit einen gangbaren Weg zu einer glaubwürdigeren, kohärenten Politik der psychoaktiven Substanzen zeigen.
Bundesrat Pascal Couchepin, Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Inneren, begrüsst die Initiative der EKDF.
swissinfo und Agenturen
Die Drogen werden von der Kommission eingeteilt in Alkohol, Amphetamine, Cannabinoide, Halluzinogene, Kokain, Medikamente mit psychoaktiver Wirkung, Opiate sowie Tabak.
Bei jeder dieser Droge kommt das Vier-Säulen-Modell zu tragen: Prävention, Therapie, Schadensminderung und Repression.
Neu kommen dazu die drei Zugangs- oder Konsum-Formen «risikoarmer Konsum», «problematischer Konsum» und «Abhängigkeit».
«psychoaktiv.ch» will Optionen für einen zukünftigen Umgang mit legalen und illegalen Drogen in der Schweiz zeigen.
Die Drogenpolitik soll also nicht nur auf illegale Drogen ausgerichtet werden.
Der Bundesrat sollte ein Leitbild Suchtpolitik in Auftrag geben.
Dieses soll auch den Konsum von psychisch wirksamen Medikamenten wie Nikotin und Alkohol erfassen.
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