NGO erheben Vorwürfe gegen IWF und Weltbank
Laut Schweizer Nichtregierungs-Organisationen machen die Bretton-Woods-Institutionen nicht genug für Entwicklungsländer.
Die Kritik kommt zum Auftakt der Feiern zum 60-jährigen Bestehen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank in Washington.
Jean Claude Huot, Sekretär der Nichtregierungs-Organisation Erklärung von Bern (EvB) wirft den feiernden Institutionen mangelndes Feingefühl für die Bedürfnisse der Entwicklungsländer vor.
«Das Hauptproblem ist, dass diese beiden Institutionen viel versprochen haben: Die Armut bekämpfen, Good Governance (Demokratie, Transparenz, Rechenschaft), usw. Doch sie sind keineswegs demokratisch, und daher machen sie ihren Job nicht richtig», sagte Huot gegenüber swissinfo.
Streit um Schwerpunkt
Die Institutionen hätten ihren Schwerpunkt auf die Rückzahlung von Schulden gesetzt, was die Armut nicht mildern würde, so Huot. Im Gegenteil: Die hohen Auflagen würden die armen Länder nicht aus der Krise führen, sondern eher deren Chancen verbauen.
Die Schweiz, seit 1992 bei Weltbank und IWF dabei, ist mit der Arbeit der beiden Institutionen zufrieden. «Der IWF ist kein Entwicklungshelfer. Seine Hauptrolle ist es, den Ländern zu einer gesunden makroökonomischen Politik zu verhelfen», sagte Frederike Pohlenz, Sprecherin der Schweizer Delegation im IWF.
«Diese Hilfe ist nötig, um den Ländern mehr Möglichkeiten zu geben und damit die Risiken der Globalisierung abzudämpfen.»
Hinter geschlossenen Türen
Die EvB jedoch bemängelt die Transparenz innerhalb von IWF und Weltbank. So würde die Wahl eines neuen Direktors jeweils hinter geschlossenen Türen vorgenommen. Der IWF wird traditionellerweise von einem Europäer geleitet, während der Weltbank-Chef immer ein Amerikaner ist.
Die Erklärung von Bern fordert nun die beiden Institutionen auf, diese Verfahren öffentlich zu machen. Auch sollten qualifizierte Kandidatinnen und Kandidaten aus Entwicklungsländern eine Chance auf die Chefposten erhalten.
«Im Jahr 2000 wurden Diskussionen über die Wahl der Direktoren geführt. Man entschied, den Prozess zu überprüfen und in Zukunft den Direktor zu wählen», sagte Huot. «Doch nichts hat sich geändert.»
Pohlenz gibt zu, dass Änderungen nötig sind und betont, dass sich auch die offizielle Schweiz für einen transparenteren Selektionsprozess eingesetzt habe.
Die EvB erwartet nun von der Schweiz, dass sie sich beim Washingtoner Treffen am Wochenende klar für die Wahl von Direktoren einsetzt, die offener für die Bedürfnisse der Entwicklungsländer sind.
Die NGO wirft der Schweiz vor, sie sei zu ängstlich, um sich in dieser Frage vorzuwagen – ein Vorwurf, den die Schweizer Delegation zurückweist.
Mehr Transparenz
«Während ihrer über zehnjährigen Mitgliedschaft hat sich die Schweiz für viele Veränderungen eingesetzt, gerade im Bereich der Transparenz, wo wir erfolgreich eine Veröffentlichung der Länder- und Politik-Berichte durchsetzen konnten», betonte Pohlenz.
Trotz der Bedenken, welche die Erklärung von Bern habe, sei die Schweizer Mitgliedschaft bei den Bretton-Woods-Institutionen eine Chance für das Land, so Huot. «Für uns ist die Mitgliedschaft wichtig, weil wir mitentscheiden können.»
«Wir sind in Kontakt mit den Schweizer Verwaltungsräten und können so unsere Meinung ausdrücken und Diskussionen ankurbeln, beispielsweise über die Schuldenverminderung der Entwicklungsländer bei grossen multinationalen Konzernen.»
Huot ergänzte, dass die Schweiz viel wertvolles Wissen in die Institutionen gebracht habe. «Zumindest in der Weltbank war es möglich, die Schweizer Erfahrung in der Entwicklungspolitik einzubringen.»
swissinfo, Joanne Shields
(Übertragen aus dem Englischen: Christian Raaflaub)
Die Bretton-Woods-Institutionen sind der Internationale Währungsfonds und die Weltbank.
Sie wurden 1944 in Bretton Woods (New Hampshire, USA) gegründet.
Ihr Ziel: Die Welt vor einer weiteren grossen Depression wie in den 1930er-Jahren zu bewahren.
Die Institutionen haben 184 Mitgliedsländer.
Die Schweiz trat Bretton Woods 1992 bei.
Sie repräsentiert ausserdem Polen, Serbien und Montenegro, Aserbeidschan und vier zentralasiatische Staaten; die Gruppe wird daher Helvetistan genannt.
Die Treffen finden am 24. und 25. April in Washington statt.
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