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Ohne Schnee kaum Geld

Skistation Bosco Gurin: Die erneuerte Bergbahnanlage hat kaum Skigäste zu transportieren. Keystone Archive

Wegen Schneemangels stehen die Tessiner Skistationen still oder sind nur teilweise in Betrieb. Der ökonomische Schaden ist beträchtlich.

«Die Situation ist wirklich dramatisch,» beteuert Livio Lombardi von der Funivie del San Gottardo SA. Das Seilbahn-Unternehmen von Airolo, in den vergangen Jahren mit Millionenbeträgen hochgerüstet, kann die wenigen Gäste in diesem Winter zählen.

Das Wetter, nicht der Gotthard-Tunnel

Nicht der Gotthard-Tunnel, sondern das Wetter spielte den Tourismus-Operatoren in der Leventina den grössten Streich. Drei Monate Trockenheit, keine Niederschläge.

Nur zwei Lifte im Skigebiet Pesciüm sind teilweise in Betrieb, dank dem Einsatz von Schneekanonen.

Auch die 20 Zentimeter Neuschnee der vergangenen Tage haben die Situation nicht geändert. Es reicht nicht, um die Pisten zu präparieren.

Hoffnung auf Karneval und Ostern

«Jetzt hoffen wir auf Karneval und Ostern», meint Lombardi. Doch auch er kennt die Wetterprognosen: Es soll schön bleiben.

Die Einbussen lassen sich beziffern. Im Vergleich zum Vorjahr beträgt der Umsatz in Airolo nur 10%.

Ähnlich tönt es aus Bosco Gurin. Die dortige, rundum erneuerte Bergbahnanlage hat kaum Skigäste zu transportieren. Nur ein Teil der Pisten ist künstlich beschneit. Der geringe Neuschnee hüllt das hochgelegene Walserdorf jetzt wenigstens optisch in ein Winterkleid. Der Umsatz der Skilifte ist auf 10% geschrumpft.

«Aber Hotels und Restaurants haben gut gearbeitet», freut sich Giovanni Frapolli von der Grossalp SA, der treibenden Kraft im Tourismus-Geschäft des Bergorts. Der Umsatz ging in diesem Bereich nur um einen Fünftel zurück.

Frapolli fühlt sich so in seiner These bestätigt, dass nicht die Kapazität der Bergbahnen, sondern Infrastrukturen für eine adäquate Beherbergung von Feriengästen ausschlaggebend sind.

Etliche Millionen sind so in Bosco Gurin investiert worden, allein sieben in den Bau einer Jugendherberge. Das Ergebnis: 900 Gäste über Weihnachten und Neujahr in dem 65-Seelen-Dorf.

Anderswo düsterer

In anderen Gebieten sieht es düsterer aus: In Nara im Bleniotal, am Tamaro und auf Cardada ob Locarno gingen die Skilifte gar nie erst in Betrieb. In Carì über Faido transportiert der Sessellift nur Spaziergänger, aber keine Skifahrer in die Höhe. Das kleine Campo Blenio kam dank künstlicher Beschneiung dagegen bisher gut durch den Winter.

Für einzelne Skisstationen wie Nara könnten die Einnahme-Ausfälle dieser Saison das Ende bedeuten. Die Schulden der letzten Jahre lassen sich nicht zurückzahlen.

Öffentliche Gelder

Wie im Falle von Airolo kann der Konkurs nur abgewendet werden, wenn die öffentliche Hand Geld spricht. Für Airolo liegt ein Kreditantrag im Grossen Rat, doch dort gibt es viele Skeptiker, die keine weiteren Millionen mehr in die Bergbahnen investieren wollen. Mehr als 130 Mio. Franken sind in den 90er Jahren in Seilbahnen und Skilifte geflossen.

Trotz der dramatischen Situation für einige Transportbetriebe ist der Gesamtschaden für die Tourismusbranche eher gering. Nur 10% der Übernachtungen fallen im Tessin in die Wintersaison.

Tessin nicht Engadin

Der kantonale Tourismusdirektor, Giuseppe Stinca, ist sowieso der Ansicht, dass bei den Bergbahnen klare Prioritäten zwischen Sommer- und Winterangeboten zu setzen sind. Denn er weiss: «Wir sind nicht das Engadin, das Tessin ist keine klassische Wintersportdestination».

Die Tourismusstrategen im Südkanton setzen daher bewusst auf Angebote, in denen der Schnee keine entscheidende Rolle spielt. Wichtiger ist das milde Klima der Südschweiz und andere Attraktionen.

Entsprechende Pakete werden zur Zeit im kantonalen Tourismusbüro in Zusammenarbeit mit verschiedensten Partnern geschnürt. Das jüngste lautet «Fly Ticino» in Kollaboration mit Crossair.

Keine Katstrophenstimmung

Stinca will die Schwierigkeiten in den Tälern nicht unter den Tisch kehren, aber auch keine Katastrophenstimmung erzeugen: «Gesamthaft hat unsere Tourismusbranche und Gastronomie im Januar so gut gearbeitet wie schon lange nicht mehr».

Das kühle, aber stets sonnige Wetter hat seinen Teil dazu beigetragen, obwohl die anhaltende Trockenheit schliesslich zu Smog führte. Erst die geringen Niederschläge der letzten Tage haben die Luftqualität wieder verbessert, die Konzentrationen von Feinstaub sind wieder unter die zulässigen Grenzwerte gefallen. Auf ein erwogenes Fahrverbot konnte verzichtet werden.

Gerhard Lob, Bellinzona

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