Putzen soll eine saubere Sache sein
Die grosse Mehrheit der Putzfrauen in der Schweiz arbeitet schwarz - meist, um den administrativen Aufwand zu umgehen. Eine Putzfrauen-Agentur will nun Gegensteuer geben.
Bürokratie soll keine Entschuldigung mehr sein für Schwarzarbeit.
Zu einer sauberen Wohnung müssten eigentlich auch saubere Anstellungs-Bedingungen gehören. Doch zu Putzfrauen gelangt man oft auf verschlungenen Wegen – inoffiziell – über Freunde und Nachbarn. Oder weil man eine der Sprachen beherrscht, die die meist ausländischen Putzfrauen sprechen.
Marco Gloor, Sprecher der Anfang Jahr eröffneten Zürcher Agentur putzfrauenvermittlung.ch, schätzt gegenüber swissinfo, dass ungefähr 80% der Putzfrauen in der Schweiz ihre Dienste schwarz versehen.
Bürokratie wirkt abschreckend
Mit dem inoffiziellen Zugang zur Putzfrau beginnt das Dilemma: Viele Putzkräfte wollen oft selbst, dass ihr Arbeitsverhältnis im Verborgenen bleibt. Den Auftraggebenden ist dies meist all zu recht, denn sie glauben, sich viel bürokratischen Aufwand und Geld einzusparen.
Man teilt sich also – auf beidseitiger Diskretion aufbauend – die «Sozialkosten»: Die Putzfrau kriegt netto mehr auf die Hand. Wobei die Tarife stark variieren.
Laut Gloor erhält eine Putzkraft in der Stadt Zürich zwischen 20 und 25 Franken pro Stunde ausbezahlt, während im reichen Kanton Zug Tarife zwischen 30 und 40 Franken üblich seien.
Doch die Auftraggebenden sparen nur vermeintlich: Geschieht während der Schwarzarbeit ein Unfall oder wird die Schwarzarbeit aufgedeckt, fallen für den Auftraggebenden saftige Bussen von 6000 bis 50’000 Franken an, sagt Gloor. «Je nach Ermessen der Behörden, und kantonal unterschiedlich.»
Deutschschweizer Geschäftsmodell: Aufenthaltsbewilligung inklusive
Die Agentur putzfrauenvermittlung.ch verlangt vom Kunden 36 Franken pro Stunde. Dafür stellt sie die Putzfrauen selber an und vermittelt diese weiter. Damit entfällt für den Kunden die Bürokratie, und die Putzfrau arbeitet mit gültigem Arbeitsvertrag, sozialversichert.
Dieses Geschäftsmodell aber funktioniert nur bei Personal mit Aufenthaltsbewilligung. «Illegale werden von uns nicht angestellt», sagt Hartmann.
Doch genau hier liegt das Übel der Schwarzarbeit. Im Genfer Departement für Soziales und Gesundheit unterscheidet man daher zwischen Grau- und Schwarzmarkt.
«Im so genannten grauen Markt zahlen die Arbeitnehmer zumindest ihre Sozialbeiträge», sagt Eric Etienne gegenüber swissinfo. «Aber der Schwarzmarkt ist schlimmer. Das sind meist Illegale, die weder Sozialbeiträge zahlen noch Rechte haben.»
Genfer Modell: Aus Schwarz mach «Grau»
Die «graue Version» sei deshalb anzustreben. Die pragmatischen Genfer haben auf der Basis eines im Wallis seit fünf Jahren existierenden Modells das institutionelle Geschäftsmodell des «Chèque service» aufgezogen.
«Wir möchten damit den Schwarzmarkt in der Haushaltsarbeit und Raumpflege zumindest in einen Graumarkt überführen», sagt Etienne.
«Grau» definiert sich laut der Genfer Behörde dadurch, dass zumindest die Gesetze bezüglich der sozialen Absicherung respektiert würden. Darin liege das erste Ziel der Genfer Behörden. Hingegen «liegt es nicht an uns, die Frage des illegalen Aufenthalts zu lösen», sagt Etienne.
Das Verfahren ist einfach. Der Auftraggebende schickt monatlich eine Abrechnung mit den geleisteten Arbeitsstunden an die Vereinigung «Chèque service». Dabei überweist er die Summe der geschuldeten Sozialleistungen, 20% des Entgelts, drei Monate zum voraus.
«Chèque service» als Zwischenglied sammelt die Formulare ein und verteilt die Beträge an die verschiedenen Sozialversicherungen (AHV, Arbeitslosen- und Unfallversicherung), auf der Basis der geleisteten Arbeitsstunden und des Nettosalärs.
Wichtiges Detail: Die Vereinigung wird von «Foyer handicap» gemanagt, einer nichtstaatlichen Stiftung für Behinderte. Somit bleiben die gesammelten Daten diskret geschützt vor dem Fiskus und der Fremdenpolizei.
Für Illegale gibts kein Modell
Der Zürcher Gloor gibt diesem Modell nur bedingt Chancen. Es gebe viele Putzfrauen mit Aufenthaltsbewilligung, die dennoch schwarz arbeiteten. Diese könnten eigentlich dem legalen Arbeitsmarkt zugeführt werden.
Doch es bleibt das Problem der illegalen Aufenthalter. Diese befürchten nicht nur, dass sie ihren Job verlieren, wenn die Arbeit gesetzeskonfrom abgerechnet wird, sondern auch ihre Ausweisung.
Andererseits, so Gloor, könnten die Behörden zahlreiche Illegale gar nicht ausweisen, weil sie offiziell nicht wissen, wohin sie diese Menschen zurückschicken sollen. Oft handle es sich um so genannte «Sans Papiers», um Menschen ohne Ausweispapiere.
Für Etienne vom Kanton Genf ist dies nicht prioritär: «Im Wallis funktioniert das System «Chèque service» seit Jahren, wir haben es aufgrund der dort gemachten positiven Erfahrungen übernommen».
Das Waadtland und Neuenburg scheinen ebenfalls einer ähnlichen Lösung zuzuneigen. «Wir glauben, dass unser Modell auch in die Deutschschweiz exportiert werden kann», glaubt Etienne.
swissinfo, Alexander Künzle
Schätzungsweise 100’000 Personen verdienen in der Schweiz ihr Einkommen mit Putzen.
Die meisten Putzfrauen in privaten Haushalten arbeiten schwarz, d.h. ohne Beiträge an Sozial- und Unfallversicherung.
Mit unterschiedlichen Modellen wird versucht, die Putzarbeit von der Schwarz- in die Grauzone zu überführen, damit zumindest Sozialbeiträge bezahlt werden.
Die Agentur putzfrauenvermittlung.ch in Zürich übernimmt Anstellung und administrative Arbeit.
Die Kantone Wallis und Genf versuchen, den Arbeitnehmern mit einem «Chèques service» die Bürokratie zu erleichtern.
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