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Reorganisation und Schnitte bei der Kultur

Kulturchef Jean-Frederic Jauslin will die Position seines Bundesamtes stärken, auch mit Entlassungen. Keystone

Das Bundesamt für Kultur will bis Ende nächstes Jahr 1,3 Mio. Franken sparen. Davon betroffen ist auch das Personal.

Mit einer Reorganisation und dem neuen Kulturförderungsgesetz will der neue Direktor Jean-Frédéric Jauslin das BAK neu positionieren.

Eine Stelle bei der Bundesverwaltung in Bern ist schon lange kein Posten auf «Lebenszeit» mehr. Das wurde gerade jüngst wieder klar, als Justizminister Christoph Blocher die eigenmächtige Streichung von 116 Stellen in seinem Departement ankündigte.

Und das wohlverstanden zusätzlich zu den an und für sich schon happigen Spar-Anstrengungen des Bundes. Grund für die Streichkonzerte allenthalben: Eine leere Bundeskasse und ein immer grösser werdender Schuldenberg der Eidgenossenschaft.

Die Sparwelle macht auch vor der Kultur nicht Halt: Das Bundesamt für Kultur (BAK) soll reorganisiert werden, wie der neue Direktor Jean-Frédéric Jauslin am Dienstag vor den Medien sagte.

Höherer Stellenwert

Nach 100 Tagen im Amt skizzierte Jauslin, der vom Bundesrat als Nachfolger von David Streiff gewählt worden war, seine Leitlinien für die kommenden Jahre.

Jauslin will sein Bundesamt neu positionieren. Mit einer Reorganisation und dem neuen Kulturförderungsgesetz soll der Stellenwert des BAK erhöht werden, wie Jauslin am Dienstag in Bern sagte. Entlassungen schliesst er nicht aus.

Angestrebt wird vom neuen obersten Kulturpolitiker des Landes einerseits mehr Effizienz und Kohärenz, andererseits soll der Zugang zum Kulturangebot gefördert werden.

Unangenehme Überraschungen

Bei Amtsantritt habe er einige «unangenehme Überraschungen» erlebt, sagte Jauslin. Das Personalbudget befinde sich rund 1,3 Mio. Fr. im Minus. Im BAK arbeiten rund 500 Personen.

Mit Sofortmassnahmen, wie beispielsweise einem Personalstopp, sollen bis Ende Jahr 300’000 Franken eingespart werden. Weitere mittelfristige Massnahmen sollen Einsparungen von knapp einer Million bis Ende 2006 bringen.

Entlassungen könnten dabei nicht ausgeschlossen werden. «Sie sind aber noch nicht definitiv», erklärte Jauslin.

Verbesserte Koordination

Zudem entspräche die gegenwärtige Struktur des BAK nicht den heutigen Realitäten, führte Jauslin aus. Es gäbe Doppelspurigkeiten sowohl im Amt wie auch in der Bundesverwaltung.

Die bisherige verzweigte Organisationsstruktur des BAK soll einer neuen Struktur weichen, welche eine Konzentration auf zwei Kernaufgaben vorsieht: Die Förderung und Unterstützung kulturellen Schaffens und die Erhaltung des kulturellen Erbes.

Kulturerbe bewahren

Vom Gesamtbudget von gegenwärtig 212 Mio. Fr. jährlich sollen rund drei Viertel in die Kulturförderung und ein Viertel in das kulturelle Erbe fliessen. Die neue Organisationsstruktur soll im Januar 2006 in Kraft treten.

Ziel der Reform ist eine verbesserte Koordination und Information innerhalb der Verwaltung, wie Jauslin ausführte.

Jauslin vertritt einen weiten Kulturbegriff, der «von elitärer Kultur bis zum Volkstheater» reiche. Er wolle sich dafür einsetzen, dass Kultur ein «erklärtes Staatsziel» werde. «Kultur darf nicht weiter als Luxus definiert werden.»

Neues Gesetz bis 2008

Die damit zusammenhängende Memopolitik liegt in den Händen des neuen stellvertretenden BAK-Direktors Marc Wehrlin, des bisherigen Leiters der Sektion Film. Wichtige Aufgaben seien hier eine neue Digitalisierungsstrategie und die Inventarisierung der Sammlungen des BAK.

Das Kulturförderungsgesetz (KFG) und das Pro Helvetia-Gesetz (PHG) schliesslich, die kürzlich in die Vernehmlassung gegangen sind, sollen im Sommer 2006 als Botschaft ans Parlament gehen und im Juni 2007 in den Räten behandelt werden. 2008 könnten die beiden Gesetze dann in Kraft treten.

Wahrscheinlich gebe es in Zukunft nicht mehr Geld für die Kultur, sagte Jauslin zum Abschluss, aber «ich werde mich trotzdem für mehr Geld einsetzen».

swissinfo und Agenturen

Das Bundesamt für Kultur (BAK) zählt rund 500 Mitarbeitende.
Bei den Personalkosten klafft ein Loch von 1,3 Mio. Franken.
Der neue BAK-Direktor Jean-Frédéric Jauslin will die Lücke bis Ende 2006 schliessen.
Gemäss neuer Struktur soll sich das BAK auf zwei Kernaufgaben konzentrieren: Die Förderung und Unterstützung kulturellen Schaffens und die Erhaltung des kulturellen Erbes.

Das BAK fördert die Schweizer Kultur in den Bereichen Kino, Kunst und Design.

Es unterstützt unter anderem auch Studienaufenthalte junger Schweizer Künstler im Ausland und ausserschulische kulturelle Aktivitäten Jugendlicher.

Das BAK ist ebenfalls Bewahrerin des Schweizerischen Kulturerbes und verfügt über Sammlungen, Bibliotheken, Archive und Museen.

Das Bundesamt formuliert ferner die Kulturpolitik des Bundes.

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