Schweiz – Iran:Beispielhafte Annäherung
Eine Delegation Iranerinnen ist zur Zeit in der Schweiz, nachdem vor wenigen Wochen eine Gruppe Schweizerinnen die Islamische Republik besucht hat. Der Dialog soll gefördert werden - ganz im Zeichen des UNO-Jahres.
Am Dienstag besuchte die iranische Delegation – acht Vertreterinnen der renommierten Frauen-Universität Al-Zahra in Teheran – das Institut für Präventiv- und Sozialmedizin der Universität Basel. Sie kamen mit Neugier und ganz konkreten Fragen. Bei Kaffee und Kuchen wurden Themen wie Krankheit oder Mittellosigkeit im Alter, Abtreibung, Verhütung und Prävention besprochen.
Es sind dieselben Themen hier und dort. Die kulturelle Kluft scheint kleiner als angenommen. «Wir haben sehr viele Dinge gemeinsam», sagt Fatemeh Rakei, Parlaments-Abgeordnete und Professorin an der Al-Zahra Universität. «Wir gehören beide einer Zivilisation an, die sich für Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit einsetzt. Wir haben beide religiöse Traditionen.» Natürlich gebe es gewisse Unterschiede, doch die hätten vor allem mit der Art und Weise, wie gelebt wird, zu tun.
Von einander lernen
Rakei ist überzeugt, dass Frauen viel von einander lernen und so weltweit ihre Situation verbessern könnten. Auf Verfassungsebene beispielsweise sei die iranische Frau durchaus dem Manne gleichberechtigt, allerdings, so die Parlamentarierin, seien diese Rechte im Zivilrecht nicht immer garantiert. «Da sind Verbesserungen nötig», sagt sie.
Aber auch sie könnten etwas den Schweizerinnen weitergeben, ist Rakei überzeugt. So war sie von einem Jugendzentrum in Luzern, welches sie am Vortag besucht hatte, sehr enttäuscht. Sie fand die Einrichtung zu dunkel, zu traurig, die Bilder an den Wänden zu düster. «Wir haben sehr viele Programme für Kinder und Jugendliche im Iran. Sie können Sprachen lernen, Sport treiben, sich künstlerisch betätigen. In den Städten gibt es grosse Grünanlagen, wo sich die Jugendlichen aufhalten können», beschreibt Rakei die Situation bei sich zu Hause.
Eindrückliche Erlebnisse im Iran
Zuvor hatte eine zehnköpfige Frauen-Delegation aus der Schweiz die Islamische Republik während zehn Tagen besucht, um dort ebenfalls mit Vertreterinnen der iranischen Zivilgesellschaft, über die Rolle der Frau in Familie, Erziehung, Ausbildung, Politik und Gesundheitswesen zu diskutieren. Auch für die Schweizerinnen war diese Reise ein eindrückliches Erlebnis.
So hat insbesondere ein Gespräch mit einer iranischen Juristin, die wegen reformkritischen Aktivitäten im Gefängnis gewesen war, Anne-Marie Holenstein, Leiterin der Schweizer Delegation, sehr bewegt: «Ihre Kompetenz, ihre Persönlichkeit und ihre Unerschrockenheit haben mich tief beeindruckt.»
«Stereotypen konnten abgebaut und Kontakte geknüpft werden», fügt Sybille Burger-Bono, Rechtsanwältin und Präsidentin der Alliance F, hinzu. Es sei zweifellos ein tiefgreifender kultureller Prozess im Gange – vor allem hinsichtlich Frauenfragen.
Was die Schweizerinnen jedoch vermissten, war das Zusammentreffen mit gewöhnlichen Iranerinnen. «Der Austausch fand quasi nur auf der universitären Ebene statt», bedauert Burger-Bono.
Auch zeigte sich, dass grundlegende Kommunikations-Probleme existierten. «Wir mussten zuerst oft erklären, von was wir eigentlich sprechen», sagt Burger-Bono. «Wenn wir von Wirtschaft sprachen, meinten wir die Privat-Wirtschaft. Freie Marktwirtschaft aber gibt es kaum im Iran.»
Dialog zwischen den Zivilisationen
Der Austausch zwischen Schweizerinnen und Iranerinnen soll das gegenseitige Verständnis fördern und geht auf eine Initiative des iranischen Präsidenten Mohammed Chatami zurück. Chatami bewegte die UNO dazu, das Jahr 2001 zum Jahr des Dialogs zwischen den Zivilisationen auszurufen.
Carole Gürtler
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