Schweizer Pharmariesen in Bestform
Der Schweizer Pharmakonzern Roche meldet im ersten Halbjahr 2004 einen Reingewinn von 2,83 Mrd. Franken, mehr als das Doppelte von 2003.
Am Dienstag hatte bereits Roche-Konkurrent Novartis ausgezeichnete Halbjahreszahlen präsentiert. Welcher der beiden Pharmariesen hat die Nase vorn?
Dem Basler Pharmakonzern Roche, weltweit führender Hersteller von Medikamenten gegen Krebs und Diagnose-Tests, geht es nach einigen mittelprächtigen Jahren definitiv wieder blendend.
Roche habe im ersten Halbjahr 2004 erhebliche Fortschritte erreicht, sagte ein zufriedener Konzernchef Franz Humer am Mittwoch in Basel vor den Medien. Die gesteckten Ziele seien nicht nur erreicht, sondern die wichtigsten gar übertroffen worden.
Der Roche-Umsatz stieg gegenüber der Vorjahresperiode um 13% auf 14,6 Mrd. Franken. Der Betriebsgewinn konnte um 31% auf 3,7 Mrd. Franken gesteigert werden.
Gutes ganzes Jahr
Angesichts dieser Zahlen blickt Roche erwartungsfroh auf das zweite Halbjahr 2004. «Für das Gesamtjahr erwarten wir ein anhaltendes Umsatzwachstum in den Kerngeschäften über dem Weltmarkt, eine zweistellige Zunahme des Betriebsgewinns sowie ein substanziell höheres Konzernergebnis», so Humer.
Zudem werde Roche bereits Ende 2004 die für 2006 gesteckten Profitabilitäts-Ziele erreichen.
Roche hatte am Montag angekündigt, dass der Bereichs der rezeptfreien Medikamente für 3,6 Mrd. Franken an Bayer verkauft werde. Dies als weiterer Schritt der Fokussierung auf das Kerngeschäft. Für den Basler Pharmariesen sind rezeptfreie Medikamente weniger gewinnbringend als rezeptpflichtige.
Plus an der Börse
Die Roche-Aktien schlossen am Mittwoch mit 0,8% im Plus, nachdem der Anstieg tagsüber vorübergehnd höher gewesen waren. Novartis hat Händlern zufolge von der guten Bilanz des Konkurrenten und immer noch vom gestrigen guten Halbjahresergebnis profitiert. Novartis legten 2,6% zu.
Analysten zufrieden
Analystin Denise Anderson von Kepler Equities sprach gegenüber swissinfo von einer «guten Performance», welche Roche im ersten Halbjahr erreicht habe.
«Das Wachstum bei Pharma lag weit über dem Marktschnitt, ebenso bei Diagnostics, beide Divisionen entwickeln sich sehr stark», so Anderson.
Vorteile sieht sie aber auch bei den Margen. «Roche hat in den letzten Jahren die Margen systematisch vergrössert, mit geradezu dramatischen Folgen in den ersten sechs Monaten.»
Roche-Rivalin Novartis, welche eine Drittels-Beteiligung an Roche hält, hatte am Dienstag ihre Halbjahres-Ergebnisse bekannt gegeben: Der Novartis-Reingewinn stieg um 19% auf 3,44 Mrd. Franken, was an der Börse mit einem satten Kursanstieg honoriert wurde.
Wer ist besser?
Für Denise Anderson ist es schwer zu sagen, welches der beiden Unternehmen besser gearbeitet hat. «Wenn man das Wachstum beim Medikamenten-Verkauf anschaut, so schneidet Roche mit 16% in lokaler Währung besser ab als Novartis, die nur 11% erzielte.»
Die Pipeline betrachtet, also die Medikamente, welche noch in der Entwicklung sind, macht Anderson Vorteile für Roche aus, was den kurzfristigen Horizont betrifft. Im Langfrist-Bereich dagegen habe Novartis die Nase vorn.
«Momentan ist Roche unser Top-Titel. Zusammen mit Novartis ist Roche auch unsere einzige Kaufempfehlung bei den europäischen Blue-Chip-Pharmaunternehmen.»
Was den Aktienkurs betrifft, hat Roche (+15%) in den vergangenen Jahren Novartis (+7,5%) klar ausgestochen.
Mitgespielt haben hier auch Ängste bei den Investoren, dass Novartis einen grössere Übernahme anstrebe, welche den Kurs negativen beeinflussen könnte. Das Unternehmen aber hat verschiedentlich wiederholt, es habe keine Eile habe, die mit 8 Mrd. Franken prallvolle Kriegskasse zu öffnen.
Vasella und Humer
Novartis-Chef Daniel Vasella gilt als abenteuerlustiger als sein Roche-Gegenspieler Humer, was grosse Akquisitionen betrifft. Humer erachtet solche eher als Nachteil für die Forschungstätigkeit.
Es scheint auch, dass Novartis zunehmend unter dem eigenen Erfolg leidet. Investoren vernehmen seit dem Zusammenschluss von Ciba und Sandoz 1996 Erfolgsmeldungen im Vierteljahres-Rhythmus, was einen gewissen Déja-Vu-Effekt zur Folge hat.
«Ironischerweise erwarten Investoren von einem Unternehmen, das konstant gute Zahlen schreibt, nichts anderes mehr», beschreibt Anderson das Paradox. Dies sei dann bereits im Aktienkurs berücksichtigt.
Roche dagegen habe die Investoren jahrelang enttäuscht, sagt Denise Anderson. «Als dann letztes Jahr die Wende kam und die Versprechungen eingehalten wurden, war das etwas Neues für den Markt, und das zahlte sich dann auch aus.»
swissinfo, Robert Brookes
(Übertragung aus dem Englischen: Renat Künzi)
Roche fokussiert die Tätigkeit auf die Divisionen Pharma und Diagnostik.
Zu den wichtigsten Medikamenten gehören Mabthera (gegen Blutkrebs) und Pegasys (Hepatitis C).
Roche hat sich mehrere Male gegen Übernahme-Absichten von Novartis gestellt.
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