Schweizer Technik trennte Huygens von Cassini
Seit Weihnachten ist die Raumsonde Huygens von der Muttersonde Cassini getrennt. Huygens soll am 14. Januar auf dem Saturn-Mond Titan landen.
Ein von der Schweizer Firma Contraves Space gebauter Mechanismus trennte die beiden Sonden voneinander.
Die europäische Sonde Huygens nimmt Kurs auf den geheimnisvollen und grössten Saturn-Mond Titan.
Die Sonde sei erfolgreich vom US-Mutterschiff Cassini abgekoppelt worden, teilte die Europäische Weltraumorganisation (ESA) am Samstag mit.
Das Manöver habe funktioniert «wie ein Uhrwerk», sagte Jakob Frauchiger vom Büro für Weltraumangelegenheiten beim Bund. Von einem «weiteren Meilenstein der Mission», sprach ESA- Wissenschaftsdirektor David Southwood.
Die Abkoppelung erfolgte nach ESA-Angaben um 3.00 Uhr MEZ und damit um mehrere Stunden früher als zunächst vorgesehen. Minuten später wandte sich Cassini wieder der Erde zu und signalisierte die erfolgreiche Ablösung.
Das Signal brauchte wegen der Entfernung von 1,2 Mrd. Kilometern über eine Stunde bis zur Erde. Die Forscher in der Bodenstation im kalifornischen La Canada empfingen es um 04.24 MEZ.
Trennungsmechanismus aus Zürich-Seebach
Die Trennung der Sonde Huygens vom Mutterschiff Cassini wurde durch einen von der Schweizer Firma Contraves Space gebauten Trennmechnismus vollzogen. Umberto Somaini, der Geschäftsführer von Contraves Space zeigte sich auf Anfrage erleichtert und stolz.
Der vor zehn Jahren in Zürich-Seebach gebaute Mechanismus habe sich als gute Schweizer Qualitätsarbeit erwiesen. Neben Contraves lieferten mehrere weitere Schweizer Firmen Bestandteile für die ESA- Sonde.
Nach der Abkopplung soll sich die europäische Sonde nun der Atmosphäre des Saturn-Trabanten nähern. Wenn alles nach Plan verläuft, taucht Huygens am 14. Januar in die Atmosphäre des Saturn- Mondes ein.
«Von uns stammen drei Hauptelemente: Der Trennungs-Mechanismus sowie die Abdeckungen auf der Ober- und Unterseite», sagte Somaini gegenüber swissinfo. Wichtig sei dabei vor allem der obere Hitzeschild, der gleichzeitig als Schutz für die empfindlichen Hightech-Messgeräte im Abstiegs-Modul und als Bremse funktioniere.
Den Ringplanet erforschen
Die Doppelsonde – eine Art Joint-Venture der amerikanischen und europäischen Raumfahrt – hatte im Sommer nach sieben Jahren und rund 3,5 Mia. Kilometern die Umlaufbahn des Saturns erreicht.
Cassini-Huygens hat bereits gestochen scharfe Bilder und Daten geliefert, die den Astronomen zwar neue Erkenntnisse brachten, aber auch neue Rätsel aufgaben.
Mit dem europäischen Landegerät Huygens soll nun in der Atmosphäre des wolkenumhüllten Titan nach den Schlüsseln zur Erforschung des Ringplaneten gesucht werden.
Die Stickstoffatmosphäre auf dem Titan gilt unter Forschern aber auch als «Uratmosphäre» der Erde. Deshalb werden Aufschlüsse über die organische Chemie noch vor der Entstehung von eigentlichem Leben erwartet, wie Jakob Frauchiger vom Weltraumbüro des Eidgenössischen Departements des Inneren (EDI) erläuterte.
Durch den Glutofen
Mit Hilfe von drei verschiedenen Fallschirmen in Folge schwebt Huygens dann der Oberfläche des Titan entgegen, wo sie am 14. Januar aufsetzen soll.
«In der Titan-Atmosphäre werden enorm hohe Temperaturen herrschen, dazu kommt die aerodynamische Reibung. Ohne diesen Hitzeschild würden die Messgeräte verglühen», erklärte Somaini.
Die Spannung bei Contraves sei riesig, denn es handle sich um eine heikle Mission, und es nicht abzuschätzen, was die Sonde auf Titan erwarte. «Wenn alles glatt verläuft, werden wir sehr erleichtert sein, aber auch sehr stolz.»
Ursprung von Leben?
Die beim Abstieg durch die Atmosphäre eingehenden Messdaten sollen laufend via Cassini zur Erde gefunkt werden. Nach spätestens sieben Stunden sind die Batterien aufgebraucht. Kurz nach dem Aufprall dürfte Huygens daher ihre Funktionen einstellen.
Die Wissenschafter hoffen, dass sie so Aufschluss erhalten, ob sich unter den Kohlenwasserstoff-Wolken des Titans Ozeane oder Seen aus Methan oder Ethan verbergen.
Ausserdem wollen sie nach Anzeichen für Vulkane und Niederschläge aus den Wolken suchen.
Für 26 Millionen Franken
Bei dem 3,3 Mia. US-Dollar (4,1 Mia. Franken) teuren internationalen Gemeinschaftsprojekt handelt es sich um die bislang technisch anspruchsvollste Weltraummission. Allein die 350 Kilogramm schwere Huygens kostete rund 400 Mio. Franken.
An der prestigeträchtigen Mission arbeiten 250 Mitarbeiter aus den USA und 17 europäischen Ländern mit. Die Aufträge an Schweizer Firmen für die Mission beliefen sich auf 26 Mio. Franken. Neben Contraves sind weitere Schweizer Hightech-Firmen beteiligt.
Cassini-Huygens wurde nach dem italienisch-französischen Astronomen Giovanni Domenico Cassini und seinem niederländischen Kollegen Christiaan Huygens benannt.
swissinfo und Agenturen
Der Saturn-Mond Titan hütet ein Geheimnis: Er versteckt seine Oberfläche unter einem undurchdringlichen orangefarbenen Smog.
Diesen Wolkenvorhang will jetzt ein Abgesandter der Erde durchdringen. Die europäische Lande-Einheit Huygens soll am ersten Weihnachtsfeiertag von der amerikanischen Sonde Cassini abgekoppelt werden und Kurs auf den Mond nehmen.
Am 14. Januar wird sie in die Atmosphäre eintreten.
Astronomen erwarten einen Blick in die Vergangenheit, denn vieles weist darauf hin, dass die Erde in ihren jungen Jahren dem Titan ähnlich gesehen hat.
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