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Schweizer Technologie auf dem Weg zur Venus

Die Venus Express-Sonde vor dem Start in Baikonur. Keystone

Die europäische Sonde "Venus Express" ist auf ihre Mission zur Venus gestartet. An der technologischen Herausforderung sind auch Schweizer beteiligt.

Die Sonde wird die Atmosphäre dieses erdnahen Planeten mit einer bisher unerreichten Präzision erforschen.

Für die europäische Raumfahrtbehörde (ESA) handelt es sich um die erste Mission zu diesem Planeten unseres Sonnensystems, der zirka 42 Mio. Kilometer von der Erde entfernt ist. Dank dieser relativen «Nähe» ist Venus von der Erde gut sichtbar.

Ein Zwillingsplanet

Venus übt von jeher eine Faszination aus, weil der Planet ungefähr die Dimensionen der Erde aufweist (95% des Erddurchmessers, 80% der Masse). Er ist der zweite Planet in Sonnennähe und bewegt sich somit etwas näher an der Sonne als die Erde.

In den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts hat sich die Forschung schon intensiv mit Venus beschäftigt. Die Amerikaner und Russen hatten damals Sonden ausgesandt. Die übermittelten Daten waren in gewisser Weise überraschend.

So stellte man fest, dass die klimatischen Bedingungen zwischen Erde und Venus sehr verschieden sind. Die Forschung konzentriert sich seither auf die Gründe für diese Unterschiede. Dies ermöglicht Rückschlüsse auf die Entstehung des Sonnensystems.

Neue Erkenntnisse erhofft sich die Forschergemeinde von der Sonde «Venus Express», die am 9. November um 4.33 Uhr (MEZ) mit einer vierstufigen Soyuz-Fregat Trägerrakete gestartet in Baikonur (Kazachstan) gestartet ist. Der Start war ursprünglich für den 26. Oktober vorgesehen, musste aus technischen Gründen aber verschoben werden.

Die Kosten für die europäische Weltraummission der Venus-Express-Sonde belaufen sich auf 340 Mio. Franken. Die Schweiz beteiligt sich mit 12 Mio. Franken. Insgesamt sind 16 Länder in der europäischen Weltraumbehörde bei diesem Projekt engagiert.

Venus, der langsame Planet

Die Sonde «Venus Express» wird nach einem 153-tägigen Flug im April 2006 in eine polare Umlaufbahn um die Venus einschwenken. Dort verbleibt sie 500 Tage, was der Länge weniger «Venus-Tage» entspricht. Ein Venustag dauert rund 117 Erdtage.

An diesem europäischen Projekt sind einige Schweizer Firmen beteiligt, darunter die FISBA Optik AG in St. Gallen (optische Systeme) und die Firma Contraves Space AG in Zürich, welche die Struktur der Sonde entwickelt und hergestellt hat.

Auch zwei Wissenschafter der Universität Bern sind mit von der Partie. Nicolas Thomas war an der Konzipierung des Kamerasystems VMC (Venus Monitoring Camera) beteiligt. Dieses System erlaubt, ähnlich wie mit einem modernen Wettersatelliten auf der Erde, die Oberfläche der Venus und die Atmosphäre in unterschiedlichen Höhen zu beobachten.

Die Venus ist von einer äusserst dichten Atmosphäre umgeben. Die hohen Temperaturen von bis zu 500 Grad auf der fast windstillen Oberfläche lassen sich mit dem Treibhauseffekt erklären (97% Kohlendioxid)

Überraschungen möglich

Professor Thomas ist überzeugt, dass sich mit dem Instrument VMC die Venusatmosphäre auch in unterschiedlichen Höhen sehr gut beobachten lässt. Neue Erkenntnisse in Bezug auf die Zusammensetzung, die Zirkulation und die Entwicklung der Venusatmosphäre sollten so möglich sein. Thomas hofft zudem, die Präsenz von Sauerstoff und vulkanische Aktivitäten zu bestätigen.

Professor Peter Wurz war hingegen an der Entwicklung des Instrumentes ASPERA-4 (Analyser of Space Plasmas and Energetic Atoms) beteiligt. Mit diesem Instrument können Rückschlüsse über die Entwicklung und Erosion der Venusatmosphäre durch die Einwirkung des Sonnenwindes gewonnen werden.

«Die Tatsache, eine Sonde in einer Umlaufbahn um Venus (und somit näher an der Sonne als die Erde) und eine Sonde beim Mars zu haben (weiter von der Sonne entfernt), wird uns erlauben, die Prozesses der atmosphärischen Erosion zu vergleichen», stellte Wurz in einem Interview fest.

«Wir werden feststellen können, wie viel Wasser und andere Stoffe durch die atmosphärische Erosion weggetragen wurden», sagte Wurz. So lässt sich ausrechnen, wie viel Material von einem Planten in den letzten 4,6 Mrd. Jahren und somit seit Beginn unseres Sonnensystems verloren ging.

swissinfo, Anna Luisa Ferro Mäder
(Übertragung aus dem Italienischen: Gerhard Lob)

42 Mio. km: Distanz Erde-Venus.
«Venus Express» ist die erste Sonde, die nach einer Pause von über 10 Jahren wieder die Venus erforscht.
«Venus Express» wurde von der Europäischen Weltraumbehörde (ESA) entwickelt, der auch die Schweiz angehört.
Früher gab es bereits Sonden, die von den USA und der Sowjetunion zur Venus geschickt wurden.

Zeitgleich mit der Mission «Venus Express» haben die Planetary Society und die Europäische Weltraumbehörde (ESA) einen Künstlerwettbewerb «Karten von der Venus» ausgeschrieben.

Die Künstler werden eingeladen, sich eine Vorstellung von der Venus zu machen und dies in einem Bild in Postkartengrösse festzuhalten.

Der Gewinner oder die Gewinnerin des Wettbewerbs darf im April 2006 das Kontrollzentrum der ESA (ESOC) in Darmstadt besuchen, wenn «Venus Express» auf seine Umlaufbahn um die Venus einschwenkt.

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