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Secondos bei Stellensuche diskriminiert

Jobsuche als Secondo: Kein leichtes Unterfangen. Keystone

Ausländer der 2. Generation werden auf dem Schweizer Arbeitsmarkt diskriminiert, obschon sie hier aufgewachsen und zur Schule gegangen sind.

Mit den Hindernissen für junge Secondos auf Stellensuche hat sich eine vom Nationalfonds finanzierte Studie befasst.

Die Diskriminierung von arbeitssuchenden Jugendlichen der 2. Ausländergeneration ist in der Deutschschweiz viel stärker verbreitet als in der Westschweiz. Die Zahlen fallen zudem höher aus als jene, die aus anderen europäischen Ländern vorliegen. Dies schreibt das Schweizerische Forum für Migrations- und Bevölkerungsstudien (sfm).

So werden 24% der albanischsprachigen Jugendlichen aus dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien auf ihrer Stellensuche in der Westschweiz benachteiligt. In der Deutschschweiz schnellt die Quote sogar auf 59%. Besonders Jugendliche aus Nicht-EU-Herkunftsländern gehörten zu den Benachteiligten. Dies gilt auch dann, wenn sie bei einer Bewerbung die gleichen Fähigkeiten aufweisen wie ihre Schweizer Konkurrenten.

Herkunftsland statt Qualifikation als Kriterium

Die Resultate zeigen auf, dass das Herkunftsland eines Arbeitssuchenden für den Arbeitgeber zu stark ins Gewicht fällt. Daneben fallen andere Entscheidungs-Kriterien wie die Eignung oder entsprechende Qualifizierung für die Stelle zurück, worunter Menschen aus den Republiken des ehemaligen Jugoslawien am meisten zu leiden haben.

Die Studie konzentriert sich auf die so genannten «Secondos», also Jugendliche der 2. Einwanderer-Generation, die entweder schon hier geboren sind oder als Kinder hierher kamen. Oft besitzen sie noch kein Schweizer Bürgerrecht, sondern langfristige Aufenthalts-Bewilligungen.

Die Resultate der Untersuchungen würden die Einwanderungs-Debatte um ein weiteres Thema bereichern, sagte Rosita Fibbi, Politologin und Autorin einer der Studien, gegenüber swissinfo.

Laut Fibbi zielen die Debatten zu oft nur auf die Integration von Ausländern. Dies genüge angesichts der Schwierigkeiten, denen nichtschweizerische Arbeitende täglich ausgesetzt sind, nicht. «Das neue Thema heisst: Wie behandelt die Gesellschaft Einwanderer, die sich um eine Integration bemühen», sagt Fibbi.

Praxis-Test

Was die Arbeitsmethode der Untersuchung betrifft, wandte das sfm erstmals die Formel «Practice Testing» für die Schweiz an. Die Methode stammt von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Die Resultate messen den Diskriminierungsgrad einer Unternehmung gegenüber eines kandidierenden Personen-Typus.

Darauf basiert die oben erwähnte 59%-ige Diskriminierung eines albanischen Jugendlichen in der Deutschschweiz: Bei 100 verschickten Bewerbungen würde er wahrscheinlich 59 direkte Absagen erhalten, ein portugiesischer Jugendlicher hingegen nur noch 10.

Die Bewerbungen betrafen Stellen im Bäckergewerbe, der Uhrenindustrie, Mechanikerbetrieben, im Verkauf und als Receptionisten.

Ausländer diskriminierter als Ausländerinnen

Für die Studie wurden gleichzeitig Bewerbungen von fiktiven, gleichqualifizierten Kandidaten versandt. Diese unterschieden sich nur in ihrer Herkunft. An der Universität Neuenburg wurden dann die Antworten auf diese Bewerbungen verglichen. Die Auswertung lässt darauf schliessen, dass Arbeitgeber ausländische Bewerber nur dann berücksichtigen, wenn keine Schweizer verfügbar sind.

Bei den erfundenen Bewerbern handelte es sich ausschliesslich um männliche Kandidaten. Wie das sfm weiter schreibt, leiden Männer laut anderen Studien stärker unter der Diskriminierung am Arbeitsplatz als Frauen.

Beim ausgeschriebenen Job als Verkaufsassistent erhielt der fiktive Secondo von der Firma als Antwort, die Stelle sei gerade besetzt worden, während der fiktive Bewerber mit Schweizer Namen am gleichen Tag eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch erhielt.

Auf Grund der vorliegenden Zahlen könne die Randstellung junger Immigranten auf dem schweizerischen Arbeitsmarkt nicht nur auf mangelnde schulische Leistungen und Sprachprobleme zurückgeführt werden. Sie sei auch das Resultat ihrer Diskriminierung bei der Stellensuche und Stellenvergabe.

swissinfo, Faryal Mirza
(Übertragung aus dem Englischen: Alexander Künzle)

Ausländer auch der 2. Generation werden bei der Stellensuche diskriminiert.
Die Diskriminierung ist in der Deutschschweiz ausgeprägter als in der Romandie.
Ausländer werden stärker diskriminiert als Ausländerinnen.
Die Randstellung von Secondos kann nicht nur auf mangelnde Schulleistung und Sprachprobleme zurückgeführt werden.

Die angewandte Methode der sfm-Studie basiert auf den Vergleichs-Resultaten von schriftlichen Bewerbungen.

Verschickt wurden sie von fiktiven gleich qualifizierten männlichen Jugendlichen mit ausländischen und mit schweizerischen Namen.

Demzufolge können albanischsprachige Jugendliche in der Deutschschweiz bei 59 von 100 Briefen mit einer Direktabsage rechnen, in der Westschweiz bei 24 von 100 Briefen.

Bei Jugendlichen mit portugiesischem Namen beträgt die Quote noch 10%.

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