Stadt und Land neu vernetzen
Unsere Welt wird immer urbanisierter und globalisierter. Der Raum dafür wird aber nicht grösser; deshalb sind in dem Bereich neue Methoden gefragt.
Auf die anspruchsvoller gewordenen Fragen der Raum- und Verkehrsplanung, des Städtebaus und der Urbanistik hat die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH) eine Antwort gefunden: Sie heisst «Netzwerk für Stadt und Landschaft» (NSL).
Nach Angaben von Adrian Meyer, Vorsteher des Departements Architektur, hat dieses Kompetenz-Zentrum für die Stadt- und Landschafts-Entwicklung der Zukunft zum Ziel, eine menschengerechtere, nachhaltige und kulturell anspruchsvolle Gestaltung unserer Lebenswelt zu entwickeln.
Das neu gegründete NSL umfasst fünf Institute und 17 Professuren und soll bis im Herbst 2003 umgesetzt werden. Es wird sich mit Fragen rund um Raumplanung, Urbanistik, Städtebau, aber auch mit Landschafts-Architektur, Verkehrsplanung und Umweltmanagement beschäftigen.
Raumplanung in anderem Rahmen
Laut Adrian Meyer werden raumplanerische Fragen dank dem neuen Netzwerk in einen grösseren und neuen Rahmen gestellt. Man werde sich den Metropolen, dem Verhältnis von Stadt und Land, der Bedeutung der Landschaft und den ökonomischen und kulturellen Auswirkungen, welche die unterschiedliche Geschwindigkeit der Verstädterung hervorrufen, widmen; und dies sowohl im In- wie im Ausland.
Diese Aspekte würden in einer urbanisierten und globalisierten Welt immer wichtiger. Sie müssten ganzheitlich und interdisziplinär angegangen werden. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, habe man das NSL geschaffen, sagt Meyer.
Produktives «Ballett der Primadonnen»
Die Basler Star-Architekten und ETH-Professoren Jacques Herzog, Pierre De Meuron, Roger Diener und Marcel Meili haben massgeblich dazu beigetragen, dass an der ETH das «Netzwerk Stadt und Landschaft» aufgebaut wird. Seit drei Jahren leiten sie das sogenannte Studio Basel der ETH Zürich. Nach den Worten von Jacques Herzog befasst sich diese «exterritoriale Gruppe» nicht mit Projekten und arbeitet nicht mit den bewährten Methoden der Architektur. Vielmehr versuche die Gruppe auf experimentelle Weise zu ergründen, was eine Stadt sei, wie sie geplant und gestaltet werden könne.
Ausgeprägte Persönlichkeiten wie die vier Basler Star-Architekten, die das NSL prägen werden, stellten besondere Anforderungen an die Führung, sagt Adrian Meyer. Als Vorsteher des ETH-Departements der Architektur sei er Vorsitzender eines «Balletts der Primadonnen», meint er scherzhaft. Dieses lasse sich trotz der Individualitäten zu einem produktiven Miteinander zusammenführen.
Planetarisch denken
Der Anspruch des NSL, ein weltweites Kompetenz-Zentrum für Stadt- und Landschafts-Entwicklung aufzubauen, ist ein grosses Unternehmen. Die «exterritoriale Gruppe» der Basler Star-Architekten wollen den Forschungsansatz, dass die Schweiz als ein urbanisierter Raum wahrzunehmen und als solcher auch zu gestalten ist, nun auf den ganzen Planeten ausdehnen.
Das NSL ist zwar an der ETH Zürich, doch sollte sich in der Zukunft in der Schweiz nicht alles auf Zürich konzentrieren, meint Architekt Jacques Herzog. So würden Basel und Genf wichtige Tore der Schweiz ins Ausland darstellen. «Wenn alles in Zürich konzentriert ist, macht das die Schweiz kleiner», so Herzog. Oder mit anderen Worten: In der Entwicklung von Grenzregionen und Städten dürfte die Landesgrenze eigentlich keine relevante Planungsgrösse sein.
Jean-Michel Berthoud
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