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Studenten aus dem Ausland zur Kasse bitten?

Die Meinungen sind geteilt, ob ausländische Studenten mehr Gebühren bezahlen sollen. Keystone

Studienplätze sind oft rar und teuer. In den Kantonen Zürich und Basel sind deshalb Vorstösse hängig, dass Studierende aus dem Ausland höhere Studiengebühren zahlen sollen. Das könnte nicht nur positive Folgen haben.

Ausländische Studierende sollen einen höheren Beitrag an die stark gestiegenen Ausbildungskosten an den Universitäten bezahlen, forderten kürzlich im Zürcher Kantonsrat die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) und die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) in ähnlichen Vorstössen.

Auch in den beiden Basler Halbkantonen ist die CVP mit entsprechenden Vorstössen aktiv geworden.

Antonio Loprieno, Rektor der Universität Basel und Präsident der Rektorenkonferenz der Schweizerischen Universitäten, warnt jedoch vor Schnellschüssen. «Ökonomisch wäre es zwar sinnvoll, wenn der Teil der Studentenschaft, der sich nicht an unserem Steuersystem beteiligt, mehr zur Kasse gebeten würde», sagt er gegenüber swissinfo.ch.

«Bevor wir aber etwas einführen, das in einem wirtschaftlichen Sinn sinnvoll wäre, müssen wir aufpassen, auf welche Gruppen von Ausländern wir das so anwenden. Was für EU-Ausländer gilt, betrifft zum Beispiel nicht Inder oder Chinesen», so Loprieno.

Andere Länder – andere Gebühren-Sitten

Schweizer Studierende müssen zumindest in Kontinentaleuropa nicht höhere Studiengebühren zahlen als die Studenten aus den betreffenden Ländern. Im angelsächsischen Raum sind die Gebühren um ein Vielfaches höher. Sie können in den USA von 3000 bis weit über 45’000 Franken an einer Eliteuniversität betragen.

So bat etwa die University of California in Berkeley in-state-Studierende im Jahr 2004/05 mit rund 6000 Dollar zur Kasse, während out-of-state-Studenten fast 23’000 Dollar für ihren Studienplatz hinlegen mussten. Private US-Universitäten behandeln beim Verrechnen der Studiengebühren meist alle Studierenden gleich.

Rahel Imobersteg vom Verband der Schweizer Studierendenschaften (VSS) wirft jedoch ein, dass in den höheren Gebühren der angelsächsischen Länder meist auch Vieles eingeschlossen sei. «Die Campus-Organisation bringt den Studierenden viele Vorteile und Vergünstigungen.»

So konzentrieren sich auf einem amerikanischen Campus wissenschaftliche Institute, Theater, Wohnheime, Sportvereine und günstige Einkaufsmöglichkeiten auf einem Areal. Anders hierzulande, wo sich solche Einrichtungen über die gesamte Fläche einer Stadt verteilen.

Weiter gestattet in den USA ein ausgeklügeltes Stipendien-System den meisten Bewerbern ein Studium, die über die erforderlichen Leistungsvoraussetzungen verfügen.

Ziel: Beste Köpfe und Talente

«Eine Erhöhung der Studiengebühren für ausländische Studenten könnte sich für die Schweiz als gefährlich erweisen, da das Land international ein wenig unter Druck steht. Und wir wollen auch nicht den Eindruck vermitteln, wir würden Ausländer diskriminieren», sagt Rektor Loprieno.

Denn die Schweizer Universitäten seien auf gute Leistungen angewiesen. «Wir müssen vorsichtig sein, denn viele Programme, insbesondere auf Doktoratsebene können wir nur realisieren, wenn wir ausländische, gut qualifizierte Studierende haben. Wir dürfen nicht Gefahr laufen, dass diese ihr Interesse an unserem Universitätssystem verlieren.»

Studierende aus dem Ausland sind für die Uni Basel also wichtig. Loprieno: «Wir haben hier einen Anteil von über 20%. In Zürich ist die Zahl proportional zu anderen Schweizer Universitäten niedrig. Nur in Bern ist sie noch kleiner.»

Die Universität St. Gallen (HSG) ist international ausgerichtet. Sie verfolgt «eine langfristige Strategie, um die besten Köpfe und Talente aus aller Welt für die Universität zu gewinnen», erklärt Marius Hasenböhler, Medienverantwortlicher der HSG. Er ist überzeugt, dass die HSG damit einen wertvollen Beitrag für den Denk- und Arbeitsplatz Schweiz leistet.

An der HSG sind Studierende aus 80 Nationen eingeschrieben. An der Uni wird der Ausländeranteil gesetzlich auf 25% beschränkt.

Gesamtschweizerische Lösung

«Die Studiengebühren für ausländische Studierende an der HSG betragen 1170 Franken pro Semester, jene für inländische Studierende im regulären Semester 1020 Franken», so Hasenböhler.

Auch die Universität Freiburg berechnet den ausländischen Studierenden minimal höhere Studiengebühren.

Anders ist es im Tessin. Dort wurde die Studiengebühr verdoppelt. Das ist in der Schweiz einmalig. Loprieno: «Dass sich dieses Modell im Tessin durchsetzen konnte, hat auch damit zu tun, dass die Uni im Tessin relativ spät entstanden ist.»

Vom rechtlichen Standpunkt ist jeder Kanton in seiner Regelung der Studiengebühren autonom. «In der Realität leben wir in einer Kooperations- und Wettbewerbsstruktur. Deshalb soll für vergleichbare Universitäten eine vergleichbare Gebührenstruktur angestrebt werden», erklärt Loprieno.

Ein Vorstoss wie er aus dem Kanton Zürich kommt, sollte deshalb nach Loprienos Ansicht auf der Ebene der Schweizer Universitätskonferenz diskutiert werden. «Da sitzen alle Trägerkantone um einen Tisch. So vermeidet man ein Ungleichgewicht.»

Etienne Strebel, swissinfo.ch

Aktuell vergütet der Bund dem Universitätskanton 10% der Kosten, die für einen ausländischen Studierenden anfallen. Der Rest trägt der jeweilige Kanton.

Gemäss Forderungen aus Basel soll der Bund für ausländische Studierende eine höhere Finanzierung übernehmen.

Der gegenwärtige Finanzierungsschlüssel des Bundes beträgt laut dem Basler Uni-Rektor Antonio Loprieno 60% für inländische Studierende, 10% für ausländische und 30% für die Forschung.

Er möchte vermeiden, dass die Rate für inländische Studenten reduziert und jene für ausländische erhöht wird. Für die Finanzierung ausländischer Studierender müsste zusätzliches Geld freigegeben werden.

In Deutschland spielt es keine Rolle ob ein Schleswig-Holsteiner nach Niedersachen oder Bayern studieren geht. Die Deutschen Bundesländer finanzieren ihre Universitäten unabhängig von der Herkunft ihrer Studenten.

In der Schweiz gibt es so genannte interkantonale Universitätsvereinbarungen. So bekommt etwa die Uni Basel für jeden Aargauer, der in Basel studiert vom Kanton Aargau 10’000 Franken für Geisteswissenschaften, 25’000Franken für Naturwissenschaften und 50’000 Franken für Medizin.

Dieses System eines internen Ausgleichs, gibt es so in Ländern wie Deutschland, Frankreich oder Italien nicht.

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