Swiss Cube – Know How der Jugend für das Weltall
Bezeichnung: SwissCube. Dimension: 10x10x10cm. Gewicht: 1 kg. Das erste Raumfahrtgerät zu 100% "Swiss Made" wird von Westschweizer Studierenden entworfen und gebaut. Geplanter Start ins All: 2009, mit Vega.
«Genial», ruft Muriel Noca bei der Durchsicht der Liste von CubeSats, die von der Europäischen Weltraumbehörde (ESA) für den Erstflug der neuen europäischen Trägerrakete Vega zugelassen worden sind.
Swiss Cube, ein kleiner, würfelförmiger Satellit, figuriert mit auf der Liste. Selbstverständlich war das nicht. Es gab 22 Vorschläge, aber nur 9 wurden ausgewählt.
Noca arbeitete früher beim prestigereichen Jet Propulsion Laboratory in Pasadena, Kalifornien. Aus diesem Laboratorium stammt das Meiste, das von der NASA ins All befördert wird.
Jetzt leitet Muriel Noca im Space Center der Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL, ETH Lausanne) ein Team von Studierenden, das den ersten völlig schweizerischen Satelliten entworfen hat und nun baut.
35 Studierende befassen sich mit Swiss Cube. Einige nur während eines Semesters, andere hingegen arbeiten als Ingenieure weiter am Projekt, auch nach ihrem Studienende.
«In Realität»
Es verbinde sie der Umstand, dass sie alle gut seien, so Noca. Dazu gesellen sich die Passion, der Traum und eine gewisse Erregung zu wissen, dass eine ihrer Kreationen eines Tages ins All geschossen werde.
Die Arbeit am kleinen Satelliten stelle auch den ersten Schritt in einem Bereich dar, in dem diese jungen Leute eine grosse Zukunft sehen.
Die Idee CubeSat ist im Jahr 2000 von zwei US-Universitäten lanciert worden: Jungen Leuten soll die Möglichkeit gegeben werden, sich mit den Bedürfnissen der Raumfahrt auseinanderzusetzen – und zwar in Realität. Und dazu noch zu lernen, wie man in komplexen Projekten mit anderen Fachhochschulen und der Privatindustrie zusammmen arbeitet.
Das gilt auch für Swiss Cube: Neben der EPFL sind die Neuenburger Universität und vier Westschweizer Fachhochschulen involviert(Fachhochschulverband für die Westschweiz, HES-SO), sowie Teile der schweizerischen Raumfahrtsindustrie, wie Oerlikon oder RUAG.
Weshalb leuchten die Himmelsfarben unterschiedlich?
Der Auftrag des kleinen Schweizer Würfels: Den Airglow, also das Nachthimmelsleuchten fotografieren. Das ist die ständig vorhandene, kaum wahrnehmbare Aufhellung des nächtlichen Himmels, hervorgerufen durch verschiedene Vorgänge in den oberen Schichten der Erdatmosphäre.
Diese Fotos müssen dann auch noch auf die Erde hinunter übertragen werden. «Wir machen dies auf die einfachste und günstigste Weise», sagt Sylvain Decastel von der Fachhochschule Fribourg. Zunächst wird ganz einfach markiert, wie bei anderen Satelliten. Wird dieses Signal empfangen, kann man sich an komplexere Übertragungen machen.
Wie die Fotografien. Sie dürften, digital gesprochen, nicht «schwer» sein, denn auf der Erde gibt es nur zwei Empfangsantennen, in Fribourg und an der EPFL. Und mit dem Tempo, in dem der Satellit um die Erde kreist, bleibt ihm nicht viel Zeit zur Übermittlung.
Die Daten aus dem All werden dann mit mathematischen Modellen des Airglow verglichen, um besser zu verstehen, weshalb diese Himmelsfarben unterschiedlich intensiv leuchten, je nach Tageszeit, Position, Höhe und Betrachtungswinkel.
«Budget»-Weltall-Bestandteile
Die so gewonnenen Erkenntnisse können für die Entwicklung von kostengünstigen Satelliten-Positionierungssystemen wertvoll sein. «Zurzeit sind die grossen Satelliten mit sogenannten ’star-trackers›, Sternsuchern, ausgerüstet. Diese bestimmen anhand der Position der Sterne die aktuelle Position der Satelliten. Doch diese Systeme sind komplex und teuer», sagt Nicolas Steiner von der Fachhochschule Yverdon.
Wenn dereinst die kommerzielle Raumfahrt expandieren werde, stossen auch kostengünstige und zuverlässige Systeme auf Nachfrage.
Um Kosten zu senken, verwendet Swiss Cube keine speziell für den Weltraum hergestellten Komponenten, sondern ist aus Bestandteilen gebaut, die auf dem Markt erhältlich sind.
«Einige unserer geschlossenen Kreisläufe kosten nicht einmal 100 Franken. Dasselbe Stück in der Weltraum-Ausführung kostet 35’000 Dollar», erklärt Sylvain Decastel.
Auf der Zielgeraden
Für den Start ist noch kein Datum festgelegt. Zurzeit werden die Komponenten verschiedenen Tests unterzogen. Dabei geht es um die Sonneneinstrahlung und um die Belastung durch hohe Temperaturen.
Im Weltraum wird der Satellit alle 90 Minuten einer Morgendämmerung und einem Sonnenuntergang ausgesetzt sein. Dabei werden die Temperaturen zwischen minus 40 und plus 60 Grad Celsius varieren.
Angst vor dem Stapellauf? Noémie Pétignat von der Ingenieurschule St-Imier, die an der Software mitgearbeitet hat, ist zuversichtlich. «Klar, wenn der Satellit einmal gestartet ist, haben wir ihn nicht mehr unter Kontrolle. Bei einer Panne können wir nichts mehr ändern. Doch wir hoffen, dass es funktioniert.»
swissinfo, Marc-André Miserez
(Übertragung aus dem Französischen: Alexander Künzle, Andreas Keiser)
CubeSat ist ein von der California Polytechnic State University (Cal Poly) initiiertes internationales Programm.
Es ermöglicht Universitäten, Hochschulen und privaten Firmen, kostengünstige Picosatelliten in die Umlaufbahn zu bringen.
Dafür wurde ein standardisiertes Format geschaffen, denen diese Satelliten entsprechen müssen:
Sie haben Standard-Abmessungen von 10x10x10 cm und ein Gewicht von maximal 1 kg.
Damit haben sie genau das Volumen und das Gewicht eines Milchbeutels.
Seit 2003 wurden 33 CubeSats ins Weltall geschickt. 14 gingen 2006 bei einem Crash einer russischen Rakete verloren.
15 konnten ihre Mission beenden, 4 konnten den Kontakt mit der Erde nicht aufnehmen.
Schweizer Technologie ist seit Jahren im Weltraum präsent.
Swiss Cube ist der erste Satelit, der zu 100% in der Schweiz entwickelt und gebaut wird.
Am Projekt beteiligt sind die ETH Lausanne, die Universität Neuenburg, verschiedene Fachhochschulen und Privatfirmen.
Parallel zu Swiss Cube entwickelt die Tessiner Fachhochschule ein Projekt mit dem Namen Tlsat-1, das der zweite Schweizer Satelit im Weltraum sein könnte.
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