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Tagebücher aus dem Regenwald

Ausschnitt aus Bruno Mansers Tagebüchern. (Zeichnung: Bruno Manser-Fonds) Keystone Archive

An der Messe "Buchbasel 2004" sind die gezeichneten und geschriebenen Tagebücher des Schweizer Umweltschützers Bruno Manser veröffentlicht worden. Manser ist seit Mai 2000 verschwunden.

Das Werk in vier Bänden über die Penan in Borneo vermittelt den Tiefgang seines Wirkens.

Der Umweltaktivist Bruno Manser brach im Frühjahr 2000 vom indonesischen Kalimantan auf, um auf Dschungelpfaden zu den von Holzfällern bedrohten Penan-Waldnomaden vorzustoßen. Seither fehlt von ihm jede Spur.

Bruno Manser, geboren 1954, engagierte sich während Jahrzehnten für die Erhaltung und den Schutz des natürlichen Lebensraums der Ureinwohner Borneos. Er lebte von 1984 bis 1990 bei den Penan, einem der letzten indigenen Völker, die auf Borneo als Jäger und Sammler existieren.

Bruno Manser lernte die Sprache der Penan, studierte ihr Wissen über die Natur und ihre gelebte Kultur im Regenwald. Er versuchte mit seinem dokumentarischen Schaffen, das Beobachtete weiterzugeben.

Mit der Kreissäge gegen die Penan

Manser lernte vor Ort, wie die Penan mit dem Blasrohr jagen, essbare von giftigen Früchten unterscheiden und Fährten von Tieren erkennen. Während seines Aufenthaltes im Dschungel von Borneo entstanden die Tagebücher: 1200 Seiten minutiöse Aufzeichnungen über den Alltag der Penan und ihre Werkzeuge, wie sie jagen, kochen und lieben.

Manser schrieb über die Tabus der Nomaden, über ihre sozialen Bindungen und ihren fast aussichtlosen Kampf gegen nationale und internationale Holzfirmen, welche den Lebensraum der Penan mit Kreissägen und Bulldozern zerstören.

Besonders eindrücklich und detailtreu sind Mansers gezeichnete und kolorierte Illustrationen über Tiere, Pflanzen und Menschen.

Kampf in Büchern verewigt

Der Christoph Merian Verlag hat jetzt 740 Seiten von Mansers Tagebücher in vier Bänden veröffentlicht. Es handelt sich um die bisher aufwändigste Annäherung an das Leben und das Werk Mansers.

Die vier Bände enthalten neben faksimilierten Original-Tagebuchseiten die vollständige Transkription seiner Aufzeichnungen, soweit sie überhaupt erhalten sind.

Ein Teil der Tagebücher von Bruno Manser gingen 1996 auf einer spektakulären Flucht aus Borneo verloren. Die Tagebücher sind ein Versuch, ursprüngliche Formen des Lebens zu begreifen und zu verstehen.

Bei den «Tagebüchern aus dem Regenwald» handelt es sich um das zweite Buch von Bruno Manser. 1992 war bereits «Stimmen aus dem Regenwald» beim Zytglogge-Verlag erschienen.

Die Veröffentlichung eines dritten Buches steht bevor: Der Basler Journalist Ruedi Suter schreibt eine Manser-Biografie, die unter dem Titel «Bruno Manser – Die Stimme des Waldes» ebenfalls beim Zytglogge-Verlag erscheinen soll.

Mit dem Leben bezahlt

Die Bücher beschreiben einen kompromisslosen Kampf für die bedrohten Penan und für den Schutz der Regenwälder. Mansers Devise lautete: «Wer begriffen hat und nicht handelt, hat nicht begriffen.»

Bruno Manser hat gehandelt und vermutlich dafür mit seinem Leben bezahlt. Das Gebiet, in dem sich Bruno Manser im Mai 2000 zuletzt aufgehalten hatte, wurde von Einheimischen, aber auch von Angehörigen, Helfern und Journalisten aus der Schweiz mehrere Male intensiv aber erfolglos durchkämmt.

Ein Kampf, der nicht umsonst war

Ist Manser abgetaucht, um den Penan zu helfen? Liegt er krank oder verletzt bei einer Nomadenfamilie? Sitzt Bruno Manser im Gefängnis? Sämtliche Gerüchte und Hypothesen über dessen Verbleib haben sich bisher als falsch oder als unbegründet erwiesen.

Wenn bis Dezember 2004 keine Hinweise oder Lebenszeichen bei den Behörden eingehen, wird Bruno Manser offiziell als verschollen und später als tot erklärt.

Der Einsatz von Bruno Manser für die Penan und den Regenwald war auf den ersten Blick nicht erfolgreich. Mit seinem Werk in vier Bänden hinterlässt er aber Spuren.

Mansers jahrzehntelange Konzept- und Basisarbeit bildet über seinen Tod hinaus die Grundlage, das Interesse für die Anliegen der indigenen Völker und ihren Lebensraum wach zu halten. Auf politischer Ebene führen andere Aktivsten seinen Kampf weiter.

Dazu gehören das Moratorium für den Import von Holz aus Sarawak, der Schutz des Lebensraums der Penan und die Deklarationspflicht nach Art und Herkunft für die weltweit gehandelten Edelhölzer.

swissinfo, Erwin Dettling

Bruno Manser wurde 1954 geboren.
In den 80er-Jahren lebte er mehrere Jahre bei den Penan in Sarawak.
Seit Mai 2000 gibt es vom Schweizer Umweltaktivisten keine Spur mehr: Von einer Reise nach Sarawak ist er nicht zurückgekehrt.
Alle Nachforschungen blieben bisher erfolglos.

Bruno Manser: «Tagebücher aus dem Regenwald 1984-1990»
4 Bände, 720 Seiten, Farbabbildungen.
ISBN 3-85616-214-3,
98 Franken

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