Tunesien protestiert gegen Calmy-Rey
Tunesien hat sich über den Empfang von tunesischen Oppositionellen durch Aussenministerin Micheline Calmy-Rey vom Donnerstag beschwert.
Der Schweizer Botschafter wurde ins Aussenministerium in Tunis zitiert, das Verhalten der Schweiz als unfreundlich bezeichnet.
Der politische Zwist zwischen Tunesien und der Schweiz geht in die nächste Runde: Nachdem die Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-Rey in Bern vier tunesische Menschenrechts-Aktivisten empfangen hatte, hat die Regierung des nordafrikanischen Landes umgehend reagiert und bei der Schweiz protestiert.
Der Schweizer Botschafter sei noch am Donnerstag ins Aussenministerium in Tunis zitiert worden, sagte Carine Carey, Sprecherin des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Das Gespräch sei offen und ehrlich gewesen.
Dank ausgesprochen
Bundesrätin Calmy-Rey hatte am Donnerstag die vier tunesischen Oppositionellen in Bern empfangen. Während des Weltinformationsgipfels (WSIS) standen sie aus Protest gegen die mangelnde Meinungsfreiheit in Tunesien im Hungerstreik. Sie beendeten ihre einmonatige Protestaktion am 18. November.
Die oppositionellen Anwälte Abderraouf Ayadi und Samir Dilou bedankten sich bei der Aussenministerin für die Haltung der Schweiz am Weltinformationsgipfel. Calmy-Rey versicherte ihnen, die Schweiz werde die Menschenrechtslage in ihrem Land weiter beobachten.
Einhaltung der Menschenrechte
Auch nach dem Protest aus Tunis hat das Schweizer Aussenministerium (EDA) wiederholt, das Treffen von Calmy-Rey sei Ausdruck des Schweizer Interesses für die Einhaltung der Menschenrechte durch Staaten, die sich in Abkommen dazu verpflichtet hätten. Calmy-Rey habe die Tunesier empfangen, wie sie auch andere Leute auf Bitte treffe, sagte Carey.
Bundespräsident Samuel Schmid hatte am Weltinformationsgipfel die tunesische Regierung aufgerufen, die freie Meinungsäusserung zu respektieren. Die Übertragung seiner Rede war dabei vom staatlichen Fernsehen unterbrochen worden. Die Schweiz hatte darauf bei der tunesischen Regierung protestiert.
Schmid war nach seinem Auftritt von tunesischen Menschenrechts-Organisationen als «Wilhelm Tell Tunesiens» gefeiert worden. Auch der Schweizer Medienminister Moritz Leuenberger hatte Tunesien an die Respektierung der Meinungsäusserungs- und Informationsfreiheit erinnert.
swissinfo und Agenturen
Der erste Teil des Info-Gipfels hatte 2003 in Genf stattgefunden. Die zweite Phase im November 2005 in Tunis.
Bundespräsident Samuel Schmid wurde dabei so etwas wie ein Held der internationalen Zivil-Gesellschaft, weil als einziger Staatschef den mangelnden Respekt der tunesischen Regierung für die Menschenrechte angesprochen hatte.
Nach Samuel Schmid forderte auch Medienminister Moritz Leuenberger das Recht auf freie Meinungsäusserung für alle. Diplomatische Spannungen mit Tunesien gebe es wegen der Äusserungen der Schweizer Regierungs-Mitglieder nicht, sagte Leuenberger.
Die Schweiz war das einzige westliche Land, das mit zwei Ministern am Gipfel vertreten war.
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