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Uni Bern festigt Spitzenposition in Klimaforschung

Klimaforschungs-Pionier Hans Oeschger 1967 bei der Feldarbeit auf dem Grönland-Eis. Werner Stauffer

Die Universität Bern hat am Dienstag ein neues Kompetenzzentrum für Klimaforschung eröffnet. Sie will damit im interdisziplinären Feld ihre Kräfte bündeln.

Mit dem neuen Oeschger Centre for Climate Change Research unterstreicht die Berner Hochschule ihren Anspruch auf den Spitzenplatz in der weltweiten Klimaforschung.

«Mit dem Oeschger Centre for Climate Change Research (OCCR) wollen wir diejenigen Bereiche weiter stärken, in denen wir schon heute Weltspitzenforschung betreiben», sagt der Berner Geographie-Professor Martin Grosjean gegenüber swissinfo.

Dazu gehöre die Eiskernforschung in der Antarktis und Grönland oder die Klima-Rekonstruktion, da herrsche international sehr starker Wettbewerb, sagt Grosjean. Der leitende Direktor des Nationalen Forschungsschwerpunkts Klima (NFS) an der Universität Bern wird dieselbe Funktion auch im neuen Oeschger-Zentrum ausüben.

Die Universität Bern will mit dem neuen Kompetenzzentrum auch bei den Fachrichtungen Klimaökonomie und Sozialwissenschaften zur Spitze aufschliessen. Heute sind laut Grosjean die Frage nach den Kosten des Klimawandels und dem Umgang mit Risiken ins Zentrum der Klimadiskussion gerückt.

Pionier der Klimaforschung

Das neue Forschungszentrum ist nach dem Umweltphysiker Hans Oeschger benannt, der 1998 verstarb. Der Berner Wissenschafter hatte unter anderem die Methode zu Bohrung und Analyse von Eisbohrkernen entwickelt.

Oeschgers Erkenntnis, dass der Kohlendioxid-Anteil (CO2) in der Atmosphäre in den letzten 250 Jahren infolge Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas um rund 30% zugenommen hat, machte ihn nicht nur zum Vater der Klimaforschung, sondern auch der Führungsrolle der Uni Bern auf diesem Feld.

Weitläufiges Feld

Im Zentrum zu Oeschgers Ehren laufen die Fäden aller Institute und Fakultäten der Universität Bern zusammen, die Klima- und Klimafolgenforschung betreiben. Sie stammen einerseits aus den traditionellen Naturwissenschaften Geographie, Physik, Chemie und Biologie.

Andererseits befassen sich auch die Volkswirtschaft, Umweltgeschichte sowie die Medizin mit dem Thema, letztere etwa mit ihrer Feinstaub- und Ozonforschung.

Zusätzlich zu den Budgets der beteiligten Institute und Fakultäten alimentiert das Rektorat der Uni Bern das Oeschger-Zentrum mit zwei Millionen Franken. Damit sollen eine bis zwei neue Professuren geschaffen werden.

Eine Stärkung des Forschungs- und Lehrbereichs ist zudem die Beförderung von bis zu vier bisherigen Dozenten zu Professoren.

Die Besten nach Bern

Den internationalen Führungsanspruch in der Klimaforschung unterstreicht die Uni Bern auch mit ihrem zweijährigen Master-Lehrgang. Dieser wird in Kooperation mit der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) durchgeführt.

Den Sprung ins international ausgerichtete Programm schaffen jährlich nur 20 Studierende. Sie werden einem strengen Auswahlverfahren ausgesucht. «Bern ist ein kompetitiver Standort und wird als solcher wahrgenommen», sagt Martin Grosjean.

Die Absolventen des Masters-Lehrgangs sollen dereinst in die Fussstapfen der weltweit führenden Berner Klimaforscher Heinz Wanner, Thomas Stocker & Co. treten. Deren Forschungsresultate bildeten das faktische Fundament von Al Gore’s weltweitem Kino-Erfolg «An Inconvenient Truth», der dem ehemaligen US-Vizepräsidenten einen Oscar bescherte.

Prominente Botschafter

«Wir waren sehr überrascht vom Echo, das der Film ausgelöst hat. Dabei lagen die Fakten teilweise schon jahrelang auf dem Tisch», sagt Martin Grosjean.

Der Film wie der Bericht des ehemaligen Weltbank-Ökonomen Sir Nicholas Stern zeigten, dass die Wissenschaft auf Botschafter angewiesen sei. «Wenn Prominente sich auf unsere Fakten berufen, werden diese von Öffentlichkeit, Finanzbranche und Wirtschaft ganz anders aufgenommen», zieht Grosjean Bilanz.

Doch mit Ex-Vizepräsidenten der USA und Ex-Weltbank-Chefökonomen allein ist es nicht getan. Grosjean und seine Kolleginnen und Kollegen vom NFS Klima berichten jährlich in der ganzen Schweiz zwischen 550 und 600 Mal in Vorträgen von ihren jüngsten Forschungen. Klimaforschung ist eben Knochenarbeit.

swissinfo, Renat Künzi

Der international renommierte Physiker lebte von 1927 bis 1998.

Heute gilt er als einer der Begründer der Erdsystem-Wissenschaften.

1963 gründete er an der Uni Bern die Abteilung für Klima- und Umweltphysik.

In den 1970er-Jahren bemerkte er als erster Auffälligkeiten im Wärmehaushalt der Erde.

Oeschger war Pionier der Eiskernbohrungen in der Antarktis und auf Grönland.

Oeschger belegte, dass die CO2-Konzentration in der Atmosphäre in den letzten 250 Jahren wegen der Verbrennung von fossilen Ressourcen um 30% anstieg.

Die Universität Bern ist Weltspitze in der Klimaforschung.

Die Klimaforscher Heinz Wanner und Thomas Stocker sind die Nachfolger des Pioniers Hans Oeschger.

Ihre Forschungsresultate bildeten die Grundlagen für Al Gore’s Oscar-gekrönten Film «An Inconvenient Truth».

Auch der Klimarat der UNO (IPCC) stützte sich in seinen Klima-Berichten auf die Erkenntnisse der Berner Experten.

Die Schweizer Regierung bekennt sich zu Bern als Standort der Klima-Spitzenforschung: Die Uni Bern ist «führendes Haus» im Nationalen Forschungsschwerpunkt Klima (NFS Klima).

Die Uni Bern will ihre Führungsposition mit dem neuen Oeschger Centre for Climate Change Research zementieren.

Fundamental waren auch die Analysen des Klima-Historikers Christian Pfister.

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