UNO-Einsatz für Umweltschutz stärken
Die UNO braucht eine schlagkräftige Umweltorganisation. Die Schweiz unterstützt diese Idee und hat sich am Wochenende in Paris mit 46 Staaten hinter einen entsprechenden Appell Frankreichs gestellt.
Doch bevor es soweit ist, dürfte es noch ein langer Weg sein. Wichtige Staaten wie die USA und Japan, sowie aufstrebende Wirtschaftsmächte wie China, Indien und Brasilien sind dagegen.
Eine schlagkräftige UNO-Umweltorganisation solle durch einen politischen Auftrag gestärkt zum «weltweiten Umwelt-Gewissen» werden und ein geschlosseneres Vorgehen der Staatengemeinschaft ermöglichen, sagte Frankreichs Präsident Jacques Chirac.
Er lancierte seine Initiative einen Tag nach Veröffentlichung des jüngsten Berichtes des Welt-Klimarats (International Panel on Climate Change, IPCC).
Dieser macht die Menschen zu einem grossen Teil mitverantwortlich für den globalen Klimawandel.
Debatte in UNO-Generalversammlung
Dass die UNO eine schlagkräftigere Umweltpolitik braucht, ist auch Thema bei der Generalversammlung der UNO. Entsprechende Reformen sind nicht umstritten, doch wie auch die Konferenz von Paris zeigte, ist man sich bisher nicht einig, welcher Weg dazu eingeschlagen werden soll.
Die Schweiz ko-präsidiert im Auftrag der Generalversammlung einen Ausschuss, der sich damit befasst, wie sich die UNO den ökologischen Herausforderungen effizienter stellen kann.
Im Gespräch mit swissinfo zog der Schweizer UNO-Botschafter in New York, Peter Maurer, eine Bilanz zur jüngsten Gesprächsrunde.
Peter Maurer und sein mexikanischer Amtskollege Enrique Berruga präsentierten die bisherigen Erkenntnisse ihres Gremiums an der Umweltkonferenz in Paris am Wochenende; sie nehmen diese Woche auch am Treffen des UNO-Umweltprogramms (UNEP) in Nairobi teil.
Keine pfannenfertige Lösung
Der Ausschuss sondierte, wie die teilweise stark fragmentierte Umweltpolitik der UNO effizienter strukturiert und besser mit anderen Bereichen wie Entwicklung und dem Kampf gegen Armut verbunden werden könnte.
Eine pfannenfertige Lösung liegt bisher nicht vor, wie auch in Paris klar wurde.
«Die Diskussionen waren von der Substanz her interessant, das Ergebnis schätze ich positiv verhalten ein.» Mit diesen Worten umreisst Maurer den Ausgang der jüngsten Gesprächsrunde von Ende Januar in New York. «Ich hätte mir aber noch etwas mehr Engagement gewünscht.»
Das mangelnde Engagement könnte auf eine gewisse Reformmüdigkeit zurückgeführt werden, sagt der Botschafter.
Positiv sei gewesen, dass die Diskussionen sachlich und nicht zu stark politisiert verlaufen seien. Über den genauen Weg wurde man sich allerdings bisher laut Maurer nicht einig.
Unter anderem sollten die vielen multilateralen und internationalen Abkommen und Konventionen im Umweltbereich – man spricht von rund 500 – gestrafft und in so genannten Clusters, Themenbereichen, zusammen geführt werden.
Zwei Lager
Aus Sicht der Schweiz soll die UNO klar eine umfassende Strategie zum Schutz der Umwelt entwickeln. Grundsätzlich ist dies nicht umstritten.
«Beim pragmatischen Ansatz spürte man im Verlauf der Gespräche eine Konvergenz, beim Konzept, wie man das Ganze umsetzen soll, bleiben aber Divergenzen», erklärt Maurer.
Grundsätzlich gebe es zwei Lager: Die Staaten, die dazu tendieren, zwar das UNEP zu stärken, aber keine neue Organisation zu schaffen – und jene Staaten, die aus dem UNEP eine UNO-Organisation für Umwelt (UNEO) machen wollen.
Frankreich hatte sich seit längerem für diese Lösung stark gemacht, die nun zum «Pariser Appell» vom Wochenende geführt hat.
Chinas Entscheide
Einen wichtigen Platz in der weiteren Diskussion einnehmen dürfte laut Maurer China, wo die innenpolitische Debatte um Fragen zu Wirtschaft und Umwelt erst in Gange kommt. Vom Ausgang dieser Debatte dürfte abhängen, welchen Weg China im Rahmen der UNO in Umweltfragen einschlagen wird.
Bei der Frage nach einer vertieften Zusammenarbeit zwischen dem UNEP, der Entwicklungs-Organisation der UNO (UNDP) und der Weltbank gab es laut Maurer hingegen kaum mehr Widerstand.
Wie in Paris wird zudem in Nairobi auch das Thema der umweltgerechten Regierungsführung (environmental governance) auf der Agenda stehen, ein Ansinnen, das 2002 in Cartagena von der internationalen Gemeinschaft verabschiedet worden war.
Nach Ansicht Frankreichs zeigen gerade die mangelnden Schritte bei der Umsetzung von Cartagena, dass es eine UNO-Umweltorganisation brauche.
swissinfo, Rita Emch
Wenige Stunden vor Eröffnung der Umwelt-Konferenz in Paris hatte der Weltklimarat am Freitag seinen jüngsten Bericht über die Erderwärmung vorgelegt.
Darin wird ein deutlicher Temperaturanstieg von bis zu 6,4 Grad sowie ein höherer Meeresspiegel von bis zu 59 Zentimeter für das Jahr 2100 prognostiziert.
Im besten Fall sei bis 2100 mit einer Erwärmung von 1,1 bis 2,9 Grad Celsius zu rechnen, im schlimmsten Fall mit 2,4 bis 6,4 Grad.
Der Anstieg der Meeresspiegel beträgt bis 2100 im besten Szenario der Klimaforscher 18 bis 38 Zentimeter, im schlimmsten 26 bis 59 Zentimeter.
Mit einer «sehr hohen Sicherheit» hätten die Aktivitäten des Menschen seit 1750 zur Erwärmung der Erde geführt, folgerten die Forscher.
Mit ihrer aktuellsten Einschätzung lösten die UNO-Forscher weltweit grosse Sorge sowie Forderungen nach einem Eingreifen der Politik aus.
Sollte die UNEO eines Tages wirklich aus der Taufe gehoben werden, hätte sie ihren Sitz wohl in Kenias Hauptstadt Nairobi, so wie heute das UNEP.
Dass sich die Schweiz um den Sitz bewerben könnte, stehe ausser Frage, unterstrich am Wochenende Thomas Kolly, Leiter der Abteilung Internationales im Bundesamt für Umwelt (BAFU).
Bern habe stets entsprechende Signale nach Kenia gesendet.
Die UNEP ist die einzige UNO-Institution, die ihren Hauptsitz in Afrika hat.
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