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Viele Schweizer fühlen sich unsicher und desorientiert

Schweizerinnen und Schweizer fühlen sich zunehmend orientierungslos. Keystone

Angesichts der raschen Veränderung der Gesellschaft fühlt sich einer von zwei Schweizern unbehaglich. Dies zeigt eine vom Institut gfs.zürich durchgeführte Untersuchung.

Obwohl die Ehe nach wie vor positiv eingeschätzt wird, gewinnen alternative Formen des Zusammenlebens zunehmend an Beliebtheit.

Insgesamt bestätigt die Befragung die zunehmende Verunsicherung seit den 1990er-Jahren. Hintergrund sind wirtschaftliche Umstrukturierungen, permanenter technologischer Wandel, die kulturellen Herausforderungen durch Immigration sowie die verstärkte sozialpolitische Diskussion über Staat und Sozialwerke.

Dies widerspiegelt sich in zunehmenden Interessensgegensätzen. Stärker zur Diskussion steht zurzeit der Generationenvertrag. Unterschwellig bemerkbar sind aber auch die Gegensätze zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie Akademikern und Nicht-Akademikern.

Klar zum Ausdruck gekommen ist auch der Gegensatz zwischen Schweizern und Ausländern.

Tiefere Bildung – grössere Ängste

Besonders gross sind die Ängste bei Personen mit tiefer Bildung und bei der älteren Generation. Doch auch bei den Jungen hätten Verunsicherung – und teilweise Perspektivenlosigkeit – in den letzten Jahren zugenommen.

Nach Ansicht der meisten Bürger nimmt auch die Zahl der Armen in der Schweiz zu. Eine Einschätzung, die auch gestützt werde durch die in empirischen Studien festgestellte steigende Zahl von Sozialhilfe-Empfängern, schreiben die gfS-Forscher.

Dazu kommt, dass Jahr für Jahr mehr Schweizer eine zunehmende ungerechte Verteilung der Einkommen wahrnehmen, so im Jahr 2006 bereits 70% der Bevölkerung.

Trotz hoher Scheidungsraten für die Ehe

Die Lebensform Ehe wird nach wie vor positiv eingeschätzt, ungeachtet der real tiefen Heiratsraten und zunehmenden Scheidungen. Allerdings sei der Vorsprung der Ehe gegenüber der nichtehelichen Lebensgemeinschaft und dem Alleinleben geschrumpft.

Das unverheiratet Zusammenleben beurteilen heute gut zwei Drittel als gute Lebensform, 1986 waren es erst 46%.

Single-Leben verliert an Glanz

Allein zu leben empfanden 1986 nur 31% der Befragten als positiv, 2002 waren es 60%. Nun aber haben sich die kritischen Stimmen am Singledasein wieder verstärkt: 2006 werteten nur noch 34% das Singledasein als positiv.

Hinzu kommt, dass 2006 immerhin noch 34% der Schweizer das traditionelle bürgerliche Familienmodell – der Mann arbeitet extern, die Frau macht den Haushalt – am meisten schätzen. Dabei handelt es sich aber klar um eine Generationenfrage: Die Älteren beurteilen das traditionelle Modell deutlich positiver als die jüngere und mittlere Generation.

Traditionellere Vorstellung

Die Vorstellungen vom guten Leben seien in den letzten Jahren wieder traditioneller geworden, so das Fazit der Sozialforscher.

Die Traditionalisten bevorzugen die partnerschaftliche Familienform. Wunsch und Wirklichkeit klaffen aber hier auseinander, wie die Forscher anmerken. Noch in gut drei Viertel aller Paarhaushalte liegt die Verantwortung für die Hausarbeit bei der Frau.

swissinfo und Agenturen

Univox ist eine Langzeitbeobachtung der Schweizer Gesellschaft. Die Studien beschränken sich allerdings auf die deutsch- und die französischsprachige Schweiz.

Realisiert wird sie vom Forschungsinstitut gfs.zürich in Zusammenarbeit mit rund 20 spezialisierten, zumeist universitären Instituten.

Von 1986 bis 1999 wurde Univox jährlich erhoben, seit dem Jahr 2000 zweijährlich.

Für diese im Namen der Universität Zürich durchgeführte Untersuchung befragte das Institut gfs.zürich 705 erwachsene Personen in der deutschen und der französischen Schweiz.

Das Institut GfS hat 705 Personen über 18 Jahre in der Deutschschweiz und der Romandie befragt.
Die Umfrage hat im September stattgefunden.

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