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Willkommen bei den Kelten!

Kämpfe, Musik, gebratenes Wildschwein, Met-Getränk, aber auch wirkliches archäologisches Treffen: Bis Sonntag findet auf dem Mont Vully die Veranstaltung 'Vully Celtic' statt.

Der Ort wurde nicht zufälligerweise ausgesucht: Zur Zeit der Helvetier war der schöne Hügel ein Oppidum, eine befestigte Siedlung.

Am letzten Wochenende war es das antike Augusta Raurica (Augst bei Basel), das sein traditionelles Römerfest feierte. An diesem Wochenende ist es der Mont Vully am Murtensee (Kanton Freiburg), der in die Vergangenheit zurückblickt.

Das Festprogramm: Ein lebendiges keltisches Dorf, mit seinen Handwerkern, der Möglichkeit, mit Bronze und Eisen zu arbeiten oder Münzen anzufertigen. Dann eine Zone für Kämpfe mit nicht weniger als 80 Kriegern aus mehreren Ländern.

Weiter gibt es Spiele, Erzählungen, Jongleure und sogar eine keltische Modeschau. Nicht zu vergessen die Musik, gespielt von einer wahren keltischen Internationale mit Musikern aus Frankreich, Irland, Deutschland und der Schweiz.

Ein privilegierter und geheimnisvoller Ort

Zwischen dem «Drei-Seen-Gebiet» – Neuenburg, Biel, Murten – erhebt sich ein Vorgebirge bis zu 653 Meter, ein Hügel, der heute aus Wiesen und Wald besteht. An der Südflanke des Mont Vully gibt es Reben. Bei gutem Wetter sieht man vom breiten Gipfel aus im Süden die Alpen und im Norden die Jura-Kette. Eine strategische Position, die sich die Helvetier nicht entgehen liessen.

Im Jahr 124 v. Chr. errichtete eine Helvetier Gemeinschaft dort ein 600 Meter langes Bollwerk. Diese Festung brannte ein halbes Jahrhundert später auf geheimnisvolle Weise ab.

«Es gab an dem Ort keine wirkliche städtische Struktur», sagt der Journalist Claude-Alain Gaillet, Präsident der Vereinigung Pro Vistiliaco, gegenüber swissinfo. «Die Archäologen fragen sich noch heute, was genau die Funktion dieser Festung gewesen sein mag. Vielleicht gab es irgendwo eine Nekropole. Man hat aber eine solche bisher nicht gefunden.»

Eine keltische Gegend

1977 gründeten einige renommierte Archäologen eine Vereinigung mit dem Zweck, archäologische Grabungen auf dem Oppidum des Mont Vully zu machen.

Dabei kamen Münzen, Schmuckgegenstände, Keramikteile, Menschen- und Tierknochen zum Vorschein. Die Vereinigung Pro Vistiliaco engagierte sich im Rahmen der Landesausstellung Expo 02, die im «Drei-Seen-Gebiet» stattfand, für die Rekonstruierung eines Teils des Schutzwalls, der von nun an «Festung der Helvetier» genannt wurde.

Der 30. Geburtstag von Pro Vistiliaco fällt mit dem 150-Jahr-Jubiläum der Entdeckung des Ortes La Tène, ganz in der Nähe am Ufer des Neuenburgersees. Ein Ort, der nach der zweiten Bronzezeit in Europa benannt ist.

Wie sollte man dieses glückliche Zusammentreffen feiern? Mit einem keltischen Fest natürlich.

Geschichtsstunde sei dank

Ein Fest mit Spielen, aber auch eine pädagogische Veranstaltung: «Es ist eine ambitiöse Sache, die vorerst die 30-jährigen Erkenntnisse der Vereinigung über das Oppidum des Mont Vully der Öffentlichkeit zugänglich machen will», sagt Gaillet von Pro Vistiliaco.

«Und dank der Partnerschaft mit Archäologie-Professor Thierry Luginbühl von der Universität Lausanne, können wir am Fest all diese keltischen Animationen anbieten.»

Musik und Gastronomie, verschiedene Animationen, experimentelle Archäologie, Gespräche mit Wissenschaftern über ihre Entdeckungen, Ausgrabungsanleitungen für Kinder: Die Veranstaltung am Mont Vully ist ein Mix von allem.

Handelt es sich um einen einmaligen Anlass, oder ist das die Geburtsstunde von weiteren solchen Festivals? «Es ist eine einmalige Veranstaltung weil sie auf ein Jubiläum zugeschnitten ist», betont Gaillet. «Aber es wurde schon viel gefragt, ob es noch mehr solche Feste geben wird, und das bereits vor Beginn dieses Anlasses.»

Zuerst müsse man dieses Event jetzt erleben, Bilanz ziehen. «Wenn das Publikum ein starkes Interesse zeigt, schliesse ich nicht aus, dass man diese Erfahrung wiederholen könnte, zum Beispiel alle fünf Jahre.»

Wieso engagiert sich der Journalist Gaillet dermassen für die keltische Vergangenheit seiner Region? «Ich bin weder Archäologe noch Historiker. Aber ich bin ein Kind dieser Gegend. Und wenn es heute ‹Vully Celtic› gibt, so dank meiner Lehrerin. Sie erzählte uns in den Geschichtsstunden über die Helvetier, die hier gewohnt hatten.»

Das sei nicht unbedingt der Anfang einer Passion gewesen, aber doch immerhin der Beginn eines starken Interesses für die Geschichte der Region, in der er aufgewachsen sei.

swissinfo, Bernard Léchot
(Übertragung aus dem Französischen: Jean-Michel Berthoud)

2007 ist das 150-Jahr-Jubiläum der Entdeckung des archäologischen Ortes La Tène, am Ufer des Neuenburgersees, in der Nähe des Mont Vully im Kanton Freiburg.

Dieser Ort ist nach der «Epoque de la Tène» benannt, der zweiten Bronzezeit in Europa. Die Veranstaltung ‹Vully Celtic› (31. August bis 2. September) auf dem Mont Vully zeigt hauptsächlich diese Epoche auf.

Zum 150-Jahre-Jubiläum von La Tène organisieren das Musée du Laténium in Neuenburg und das Musée Schwab in Biel während des ganzen Jahres verschiedene Veranstaltungen.

Am 8. September findet eine Gedenkfeier auf dem Terrain von La Tène statt, dies im Rahmen der Europäischen Kulturerbe-Tage.

Am 6. und 7. September präsentiert das Laténium eine Filmretrospektive über die Kelten und am 31. Oktober eine Veranstaltung über die keltischen Wurzeln von Halloween.

In Bieler Musée Schwab ist bis zum 24. Februar 2008 die Ausstellung «La Tène. Forschung. Fragen. Antworten.» zu sehen.

Folgende Gruppen spielen bei ‹Vully Celtic›:

Ar Kan (Schweiz, Neuenburg)

Fiddlers Green (Deutschland)

Jacal (Frankreich)

Kevin Flynn Band (Irland/Schweiz)

The Shoepolishers (Frankreich)

Elandir (Schweiz, Neuenburg)

Galloway (Schweiz, Waadt)

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