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Wirtschaft: Schweizer skeptisch gegenüber EU

Alarmstufe rot: Die Schweizer sind pessimistisch über ihre wirtschaftliche Zukunft. Keystone

Gemäss einer neuen Umfrage schätzen Schweizerinnen und Schweizer die EU nicht als Garant für Stabilität der Schweizer Wirtschaft ein, wie es noch 1995 der Fall war.

Zur Entwicklung der Wirtschaft in den nächsten zehn Jahren äussern sie sich skeptisch.

Personen aus allen gesellschaftlichen Schichten stellen sich auf einen gewissen Rückgang des Wohlstands ein, wie aus einer eben veröffentlichten Univox-Studie hervorgeht. Am ehesten erwarten dies Personen mit tiefer Bildung, was im Hinblick auf die erweiterte europäische Personenfreizügigkeit nicht überrascht.

«Die Schweizer haben Angst, etwas zu verlieren», sagt Peter Spichiger-Carlsson, Autor der Studie, gegenüber swissinfo. «Sie klammern sich an das, was sie haben.»

Vertrauensverlust

Nur 10% der Befragten glauben an ein Wirtschaftswachstum in den nächsten zehn Jahren. Dagegen befürchten 40% eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage.

«Die Schweizer haben das Vertrauen in ihr Wirtschaftssystem verloren», sagt Spichiger-Carlsson. «Sie sehen zwar, dass die Wirtschaft wieder anzieht und die Manager viel Geld verdienen, aber sie fürchten sich immer noch vor Arbeitslosigkeit.»

EU-Skepsis

Skeptisch beurteilen die Befragten auch die Auswirkungen eines allfälligen Beitritts zur Europäischen Union (EU): 37% befürchten eine instabilere Wirtschaft in der Schweiz. Lediglich 11% nehmen an, dass die Stabilität steigen würde. Weiter zeigt die Studie, dass sich die Schweiz eher auf den Weltmarkt als auf die EU ausrichten soll.

«Die Schweizer glauben nicht mehr an das ‹Ideal› EU», so Spichiger-Carlsson. «Sie sind verängstigt und in einer negativen Haltung befangen.»

Problem Sozialwerke

Ein anderes Thema der Univox-Untersuchung ist die Gefährdung der Sozialwerke als Folge der zunehmenden Alterung der Gesellschaft. Als beste Lösung bezeichnen die Befragten die Reduktion der Leistungen, gefolgt von der Erhöhung des Rentenalters.

Beide Vorschläge hätten etwas Resignatives an sich, heisst es im Kommentar der Studie: «Man muss nichts ändern, keine neuen Wege suchen, einfach mehr arbeiten und den Gürtel enger schnallen». Die Einwanderung von jungen qualifizierten Ausländern ist unpopulär.

Gunst der Kantone

Wenig innovationsfreudig zeigen sich die Schweizerinnen und Schweizer auch bei der Frage nach einer Neueinteilung des Landes in Grossregionen. Die Kantone werden weiterhin favorisiert.

Die Univox-Studie basiert auf der Befragung von 709 Personen im September 2005. 75% der Befragten leben in der Deutschschweiz und 25% in der Romandie. Das Forschungsinstitut gfs-Zürich führte die Befragung durch.

swissinfo und Agenturen

Die Schweiz hat mit der Europäischen Union (EU) 16 bilaterale Verträge abgeschlossen seit dem Nein des Stimmvolkes 1992 zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR).

Noch 1992 hatte die Schweizer Regierung EU-Beitrittsgespräche aufnehmen wollen. Das entsprechende Gesuch wurde seither sistiert.

Seit 2000 hat das Schweizer Volk die Politik der bilateralen Abkommen mit der EU mehrmals bei nationalen Abstimmungen gutgeheissen.

Die Schweizer Regierung will bis im Juli dieses Jahres einen Bericht über ihre Europapolitik veröffentlichen.

Die Schweizer Geschäftswelt spricht sich für den bilateralen Weg aus, während die 26 Schweizer Kantone in einem kürzlich erschienenen Bericht feststellen, dass sie von einer Mitgliedschaft der Schweiz in der EU profitieren würden.

2005 betrug das durchschnittliche Jahreseinkommen in der Schweiz 39’700 Franken (10. höchstes Einkommen weltweit).

In der EU beläuft sich das durchschnittliche Jahreseinkommen auf 32’700 Franken.

2005 betrug das Wirtschaftswachstum in der Schweiz 1,9%. 2006 wird mit 2% gerechnet.

Die Arbeitslosenquote in der Schweiz betrug im März dieses Jahres 3,6%.

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