Zukunftsmärkte Energie und Mobilität im Visier
Mit sechs Projekten für eine effiziente Energie-Versorgung spannen Schweizer Forschung und Industrie unter der Leitung des Paul Scherrer Instituts zusammen.
Das Kompetenzzentrum für Energie und Mobilität (CCEM-CH) koordiniert unter anderem die Forschung an neuartigen Dieselabgas-Katalysatoren oder Brennstoffzellen für Autos und Laptops.
Umweltfreundliche Energietechniken als Ersatz von Öl und Gas sind ein wichtiger Zukunftsmarkt für die Schweizer Industrie. Vielfach überfordern solche meist umfangreiche Projekte jedoch die Stärke und Grösse einzelner Institute oder Firmen.
«Und da versuchen wir zusammen mit den verschiedenen Institutionen des ETH-Bereichs, mit Fachhochschulen und natürlich der Industrie, solche Fragen im Zwischenbereich zwischen der reinen Grundlagenforschung und der kommerziellen Anwendung anzugehen», erklärt Philipp Dietrich, Geschäftsführer der CCEM-CH, gegenüber swissinfo.
Der kleine Markt Schweiz als Chance
Beim Umstieg auf ökologische Transportsysteme sollte die öffentliche Hand mit gutem Beispiel vorangehen. Eines der Projekte ist deshalb die Entwicklung eines Prototyps für ein mit Brennstoffzellen betriebenes Kommunalfahrzeug.
«Es ist ein kleiner Markt und dementsprechend auch nicht so preisintensiv wie der ganz grosse Automarkt», begründet Dietrich das CCEM-CH-Engagement.
«Aber es ist ein guter Nischenmarkt, in dem man Erkenntnisse aus der Forschung gemeinsam mit der in der Schweiz in diesem Bereich stark vertretenen Industrie umsetzen kann.»
Klar sei die Brennstoffzelle bereits erfunden, «aber die Kostensituation und die Lebensdauer sind Themen, an denen wir arbeiten müssen».
Weiter wird der Bereich Infrastruktur durchleuchtet und untersucht, welche Voraussetzungen nötig sind, um Wasserstoff als Energieträger in einer künftigen Energiewirtschaft zu verankern.
Brennstoffzellen für Laptop, Handy und MP3-Player
Die Energieversorgung von elektronischen Geräten wie Laptops, Handys, MP3-Playern und anderen elektronischen Geräten ist ein anderes Schwerpunkt-Projekt. Die Idee: Die unergiebigen Akkus in elektronischen Geräten sollen durch Mini-Brennstoffzellen ersetzt werden. Kleinkraftwerke, die flüssige Kohlenwasserstoffe in Elektrizität und Wasser umwandeln.
Bei dieser Technik stecken die Wissenschafter aber noch in der Grundlagenforschung, bei der Bearbeitung der physikalischen Prinzipien.
«Auch hier ist die Markterwartung gross. Das Problem ist jedoch nicht ganz einfach zu lösen», erklärt Dietrich. Denn die stattfindenden Reaktionen müssten erst einmal beherrsch- und damit simulierbar sein, damit ein entsprechendes Gerät designt werden könne.
Sommersmog und Feinstaub
Die Belastung der Luft durch Abgase ist eine allgemein anerkannte Tatsache. Abgas-Nachbehandlungssysteme für Dieselmotoren stehen deshalb hoch im Kurs.
«Genau bei diesen Motoren fallen einerseits Stickoxide an, und andererseits werden Partikel ausgestossen», erklärt Dietrich. Da seien zwei Nachbehandlungssysteme nötig.
Die Kombination von einem Filter und einem SCR-Katalysator sei heute einfach noch zu teuer. «Wir versuchen, die beiden Systeme zu kombinieren, damit sie effizient sind, trotzdem möglichst wenig kosten und gleichzeitig den Verbrauch des Fahrzeuges nicht erhöhen.»
Sollte dies den Schweizer Forschern gelingen, könnte die Schweizer Industrie davon profitieren. Auch internationale Konzerne gestehen offenbar der Schweizer Forschung Erfolgsaussichten zu. So findet sich unter den Industriepartnern auch die Entwicklungsabteilung von Iveco in Arbon, dem Nutzfahrzeug-Zweig von Fiat.
Steigerung bei der Gebäude-Energie-Effizienz
Bei Neubauten und vor allem auch bei Sanierungen sollte auf Energie-Effizienz geachtet werden. Unter der Führung des CCEM-CH ist ein Mess-System in Entwicklung, das den energetischen Ist-Zustand von renovationsbedürftigen Gebäuden erfasst.
Mit einer Software-Plattform soll eine zielgerichtete, energiesparende und trotzdem wirtschaftlich vertretbare Renovation ermöglicht werden.
Unterschiedliche Zeithorizonte
Die CCEM-CH-Projekte haben unterschiedliche Zeithorizonte. «Das Tool für die Renovation kann relativ schnell zur Marktreife gebracht werden, innerhalb von drei Jahren», so Dietrich. Andere Projekte wie jenes mit den Mikro-Brennstoffzellen sind auf 5 bis 8 Jahre ausgelegt.
Und im Bereich der Abgas-Nachbehandlungen, den Katalysatoren, legt der Gesetzgeber die Abgasgrenzwerte fest. Es liege aber auch an den Kunden, die neuen Technologien gegenüber Fahrzeugen vorzuziehen, die deutlich mehr Energie verbrauchen und Schadstoffe ausstossen. Hier richtet Dietrich den Zeithorizont auf 2010 bis 2012.
swissinfo, Etienne Strebel
Das Paul Scherrer Institut (PSI) betreibt Grundlagenforschung für Natur- und Ingenieurwissenschaften. Es wird zum grössten Teil mit Schweizer Steuergeldern finanziert.
National und international arbeitet das PSI eng mit Hochschulen, Forschungs-Instituten und der Industrie zusammen.
Es ist das grösste nationale Forschungsinstitut und beschäftigt rund 1200 Mitarbeitende.
Spezialisiert hat sich das PSI auf Festkörperforschung und Materialwissenschaften, Elementarteilchen- und Astrophysik, Biologie und Medizin sowie Energie- und Umweltforschung.
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