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Zögerliche Anerkennung der Fahrenden

Pfarrer May Bittel (links) und Daniel Huber, Vizepräsident der Organisation der Fahrenden. swissinfo.ch

Der Präsident der Eidg. Kommission gegen Rassismus ruft die Behörden auf, die Kultur und Bedürfnisse der Fahrenden in der Schweiz anzuerkennen.

Georg Kreis nimmt die Beschwerden der Jenischen auf und verlangt mehr Standplätze für die einzige fahrende Minderheit in Europa.

«Wir sind noch weit davon entfernt, die Lebensweise der Fahrenden als integralen Bestandteil der Schweizer Wirklichkeit wahrzunehmen», sagte der Präsident der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR) vor der Schweizer Presseclub in Genf.

«Es fehlt an genügend Transitwegen und Stellplätzen. Auch fehlt eine echte Anerkennung der Lebensweise der Jenischen, ein Verständnis für ihre Kultur, ihre Sprache, welche den Jungen nur ungenügend weiter gegeben wird», sagte Kreis.

«Wir haben zwar das Recht zu reisen, nicht aber anzuhalten», sagte an gleicher Stelle May Bittel von der Schweizerische Radgenossenschaft der Landstrasse, der auch Mitglied der EKR ist.

Beispiel Graubünden

Gemäss Bittel stossen die Fahrenden in der West- wie in der Deutschschweiz auf die gleichen Schwierigkeiten.

Eigentlich findet nur ein Kanton Gnade vor den Augen der Fahrenden: Graubünden. Gemäss Daniel Huber, dem Vizepräsidenten der Radgenossenschaft, sind hier ausreichend Standplätze vorhanden. Auch gebe es Plätze speziell für Fahrende, welche durch die Schweiz reisten.

Woanders in der Schweiz sei der Dialog viel schwieriger. «Wenn wir uns irgendwo aufhalten sind wir sofort Stein des Anstosses», meinte May Bittel. Die Verhältnisse hätten sich seit den 1970er-Jahren, dem Ende der repressiven Politik der Schweiz gegen die Fahrenden, nicht geändert.

Der Schatten der Vergangenheit

Zwischen 1926 und 1973 wurden rund 600 jenische Kinder zwangsweise von ihren Eltern getrennt und in so genannte «Gastfamilien» oder Heime, psychiatrische Kliniken oder Waisenhäuser gesteckt.

Damit sollte die «Vagantität», die Nichtsesshaftigkeit der Jenischen, ausgerottet werden. Eine Politik, welche die Pro Juventute durchführte. Die Schweizer Regierung hat sich 1986 für die Duldung und finanzielle Unterstützung dieser Politik bei den Jenischen entschuldigt.

Heute verlangen die 35’000 Jenischen, davon 3500 Fahrende, von der Schweizer Regierung eine vermehrtes Engagement in ihrer Sache.

Sie erwarten vom Bundesrat, der Schweizer Regierung, dass er dem Abkommen 169 der internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über die Rechte der indigenen Völker beitritt. Den Entscheid müssen die beiden Parlamentskammern noch billigen.

Im Moment sieht Bern keine Möglichkeit, diesem Abkommen beizutreten, da dieses gewisse Bedingungen verlangt, wie den Zugang zur Schule oder die Erhaltung der jenischen Sprache, welche die Schweiz nicht erfüllen kann.

«Doch dieses Abkommen wäre für die jenische Bevölkerung die einzige Möglichkeit, juristisch für ihre Anliegen einzutreten», sagte Henri-Philippe Sambuc, Rechtsanwalt der Jenischen in der Schweiz.

May Bittel betonte, dass die fahrende Lebensweise bei den Jungen wieder auf vermehrten Zuspruch stosse.

swissinfo, Frédéric Burnand, Genf
(Übertragung aus dem Französischen: Urs Maurer)

Von 1926 bis 1973 wurden jenische Kinder in der Schweiz systematisch von ihren Eltern getrennt.

Die Aktion «Kinder der Landstrasse» der Pro Juventute brachte die Kinder in «Gastfamilien», Heime oder Kliniken. Jenische Mütter wurden teilweise zwangssterilisiert.

In der Schweiz leben heute rund 35’000 Jenische. Die meisten von ihnen sind sesshaft. Noch rund 3500 bis 5000 sind Fahrende.

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