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Zürcher Bibel: Das alte Buch im neuen Sprachkleid

Altes Buch in neuem Kleid: Zürcher Bibel für Schulen, Kunstfreunde und Heiratswillige (von links). Keystone

Die Zürcher Bibel, sie gilt als die Schweizer Bibel schlechthin, ist in neuer Übersetzung erschienen und löst die veraltete Ausgabe von 1931 ab.

Die Neuübersetzung der Zürcher Bibel hat den Anspruch, gleichzeitig wissenschaftlich exakt, sprachlich verständlich und alltagstauglich zu sein.

Roland Wuillemin freut sich über die Neuübersetzung der Zürcher Bibel. Die alte Übersetzung aus dem Jahr 1931 habe er nur noch selten gebraucht. «Eigentlich nur noch bei meiner Arbeit im Altersheim», sagt der Pfarrer der reformierten Kirchgemeinde Zürich Unterstrass.

«Die Menschen im Gottesdienst, selbst die Sechzigjährigen, aber vor allem die Jungen, haben diese Sprache nicht mehr verstanden.»

23 Jahre lang hat eine Gruppe im Auftrag der Kirchensynode der Evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürichs daran gearbeitet, rund vier Millionen Franken hat die Neuübersetzung insgesamt gekostet, die am 24. Juni vorgestellte wurde.

Weil sich Sprache, die religiöse Welt sowie der Stand in der theologischen Forschung weiterentwickeln, müssen Bibeln regelmässig neu übersetzt werden.

Sprache des Alltags

In der Neuübersetzung «wandeln» die Menschen nicht mehr, sie «gehen». Und hiess es in der alten Übersetzung noch: «Selig sind die geistlich Armen; denn ihrer ist das Reich der Himmel», so lautet der Satz nun «Selig die Armen im Geist – ihnen gehört das Himmelreich».

«Die neuübersetzte Bibel ist für mich eine gelungene Mischung aus texttreuer Übersetzung und dem Versuch, trotzdem verständlich zu sein», findet Wuillemin. «Dem Leser wird die Welt, wie sie damals war, nahegebracht, ohne sie gross zu interpretieren.»

Alte Tradition fortgeführt

Für die Praxis brauche es natürlich den Bezug zur heutigen Welt – also eine Interpretation. «Dafür ist aber der Gottesdienst oder die Bibelgruppe da. Auch gibt es andere Bibeln, welche diese Interpretation machen und zum Beispiel die Anliegen der Frauen mit einbeziehen», sagt der Pfarrer. Darauf greife er regelmässig zurück. «Es muss beide Arten von Übersetzungen geben», ist Roland Wuillemin überzeugt.

Die Nähe zum Urtext hat bei der Zürcher Bibel lange Tradition. 1524 begann eine Gruppe unter der Leitung von Huldrych Zwingli mit der Übersetzung der Bibel. Schon 1531, drei Jahre vor der Übersetzung des deutschen Reformators Martin Luther, erschien die erste vollständige Bibel in Zürich, die sogenannte Froschauer Bibel.

Schon damals hiess es auf dem Titelblatt «der ursprünglichen Ebräischen und Griechischen waarheyt nach auffs aller treuwlichst verteutschet».

Lesart der Frauen

An der Übersetzungsarbeit waren auch Frauen beteiligt, eine speziell ins Leben gerufene Frauenlesegruppe hat zudem eine Publikation aus frauenspezifischer Sicht erarbeitet. Diese trägt den Titel: «… und ihr werdet mir Söhne und Töchter sein. Die Zürcher Bibel feministisch gelesen». Damit konnte die Tradition der Texttreue bei der Zürcher Bibel gewährleistet bleiben und gleichzeitig wichtige Interpretationshilfen für die heutige Zeit gegeben werden.

Nur an wenigen Stellen wurden die Übersetzung ausgeweitet, etwa bei der Anrede in den Paulinischen Briefen. Dort heisst es nun «Liebe Brüder und Schwestern», statt wie bislang nur «liebe Brüder». Die Gottesanrede wurde nach langen Diskussionen in der männlichen Form belassen, wird aber mit Grossbuchstaben geschrieben – «HERR».

Die besondere Schreibweise zeige, dass es sich dabei nicht um eine Übersetzung handle, sondern um einen «Platzhalter» für den Gottesnamen, der schon in alttestamentlicher Zeit nicht mehr ausgesprochen wurde.

swissinfo, Alexandra Stark in Zürich

1984 gab die Synode der Evangelisch-reformierten Kirche Zürich eine Neuübersetzung in Auftrag. Eine regelmässige Neuübersetzung ist notwendig, weil sich Sprache, die religiöse Welt sowie der Stand in der theologischen Forschung weiterentwickelt.

Die Neuübersetzung der Zürcher Bibel hat den Anspruch, den Zugang zu biblischen Texten zu ermöglichen, ohne sich auf eine bestimmte Interpretation festzulegen. Sie will die Heilige Schrift als Text zugänglich machen, der aus einer vergangenen Zeit in die heutige Zeit hinein spricht.

23 Jahre lang hat ein Team an der am 24. Juni in Zürich vorgestellten Übersetzung gearbeitet, insgesamt hat die Neuübersetzung vier Millionen Franken gekostet.

Zur Bibel, die in verschiedenen gedruckten Ausführungen wie auch als elektronische Version (auf CD-Rom) erscheint, erscheint zudem ein auf Nicht-Theologen zugeschnittenes Begleitwerk «bibel(plus)» sowie eine Kunstbibel (mit Schriftbildern von Samuel Buri) sowie eine Schulbibel.

Die Zürcher Bibel hat eine lange Tradition, die von Huldrych Zwingli und seiner Gruppe von Übersetzern begründet wurde. 1524 wurde der erste Teil der fortlaufenden Übersetzung publiziert.

1531 erschien die erste vollständige Bibel in Zürich, die sogenannten Froschauer Bibel, drei Jahre vor der Bibelübersetzung des deutschen Reformators Martin Luther.

In den darauf folgenden Jahrhunderten wurde die Übersetzung immer wieder überarbeitet, zuletzt zwischen 1907 und 1931. Ihre klare und verständliche Sprache machte die Zürcher Bibel zum Klassiker, sie gilt als die texttreuste Übersetzung in der deutschen Sprache.

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