Post: Arbeitskampf scheint unabwendbar
Letzte Vermittlungsversuche im drohenden Arbeitskonflikt bei der Schweizer Post sind gescheitert. Mögliche Streikaktionen rücken näher.
Am Dienstag hat der Minister für Kommunikation, Moritz Leuenberger, die beiden Konfliktparteien angehört – ergebnislos.
Laut der Gewerkschaft Kommunikation ist die Schweizerische Post nicht von ihrer Position abgerückt. Damit liessen sich die ab Donnerstag vorgesehenen landesweiten gewerkschaftlichen Aktionen kaum mehr vermeiden.
Zerstritten sind Postchef Ulrich Gygi und Christian Levrat, Präsident der Gewerkschaft Kommunikation, über den Gesamtarbeitsvertrag (GAV), über den sie bis im vergangenen Juni verhandelt hatten.
Konkret dreht sich der Streit um die Auslagerung von Geschäftsbereichen der Post, wie beispielsweise der Abteilung Postautos, in eigene Aktiengesellschaften.
Die Gewerkschaften kritisieren, dass damit die Angestellten dieser Bereiche nicht mehr dem GAV der Post unterstellt seien und zu tieferen Löhnen arbeiten müssten. Das sei Vertragsbruch.
Die Post dagegen beruft sich auf das Postorganisationsgesetz, das ihr die Möglichkeit gebe, neue Gesellschaften zu gründen und auszulagern.
Leuenberger erinnert an Friedenspflicht
Kommunikationsminister Leuenberger hatte am Dienstagmorgen Gygi und Levrat zu Einzelgesprächen empfangen.
Dabei wies er gemäss Eidgenössischem Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) auf den GAV hin, der die Friedenspflicht verankere und das Vorgehen im Konfliktfall klar regle.
Diese Vereinbarung zur Friedenspflicht besagt, dass während der Dauer eines Einigungs- oder Schiedsverfahrens für die beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer und deren Verbände die Pflicht besteht, den Arbeitsfrieden zu wahren und sich jeder Kampfmassnahme zu enthalten.
Die Gewerkschaft Kommunikation rief Leuenberger dazu auf, den vorgegebenen Weg zu beschreiten. Bei Konfliktfällen sei die Paritätische Schlichtungskommission anzurufen und allenfalls das Schiedsgericht.
Aktionen schädigen öffentliches Interesse
Eine Behinderung des Postbetriebs widerspreche der gesetzlich verankerten Sozialpartnerschaft und der Friedenspflicht.
Durch solche Aktionen würden zudem öffentliche Interessen geschädigt: nämlich der Service public sowie die Kundinnen und Kunden der Post, sagte Leuenberger.
Post-Sprecher Richard Pfister sagte, die Post bleibe «an einer raschen Klärung der unterschiedlichen Auffassungen interessiert.»
Sie hoffe, die Gewerkschaft Kommunikation werde im letzten Moment noch umschwenken und den Weg des ordentlichen Verfahrens wählen, damit es zu keinen Streiks komme.
transfair geht den ordentlichen Weg
Den Weg des ordentlichen Verfahrens beschreitet die Gewerkschaft transfair. Auch sie findet, dass die Post mit den Auslagerungen den GAV unterlaufe und so die Arbeitsbedingungen verschlechtere. Aber statt mit Streik zu drohen, klagt sie die Post bei der Paritätischen Schlichtungskommission ein.
Die Klage werde am kommenden Donnerstag deponiert. Die Frage sei abzuklären, ob die Post mit den Auslagerungen von öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen ins private Recht Rechtsgrundlagen verletze.
Die Kundschaft wolle von der Post nicht nur eine qualitativ hochstehende Dienstleistung, sie wolle auch Verlässlichkeit, schreibt transfair.
Lohndrücker oder vom Wettbewerb Gedrückter?
Arbeitskonflikte seien da ebenso abträglich wie ein allfälliges Image als Lohndrücker.
Dem setzt der Post-Personalchef Rolf Hasler entgegen, dass man gerade dort bei den Besten der Branchen sein wolle, wo man auslagere.
Laut Hasler kämpft die Post überall dort, wo sie der Konkurrenz ausgesetzt ist, besonders stark mit ihren im Vergleich zu anderen Unternehmen höheren Arbeitskosten. Hasler verwies in diesem Zusammenhang auf den Wettkampf um die Paketpost.
swissinfo und Agenturen
Die Schweizer Post hat im Geschäftsjahr 2003 einen Konzerngewinn von 366 Mio. Franken erzielt.
Dies bei einem Umsatz von 6,9 Mrd. Franken.
Die Post beschäftigt rund 56’000 Personen.
Sie verteilt täglich rund 16 Mio. Briefe und eine halbe Mio. Pakete.
Gut 1900 Postautos transportieren jährlich rund 100 Mio. Passagiere.
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