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Wohl falsch gerechnet

Rentenalter 60 auf dem Bau: Details klären! SBV

Obwohl das Rentenalter 60 für Bauarbeiter beschlossene Sache ist, drohen die Gewerkschaften mit Streik.

Die Arbeitgeber zögern und wollen noch juristische, technische und finanzielle Details klären.

Am vergangenen Samstag marschierte ein rotes Fahnenmeer durch die alten Gassen von Bern. Fahnenträger waren Mitglieder der Gewerkschaften Bau und Industrie (GBI) und Syna. Am gleichen Tag hat das Bauarbeiter-Parlament nämlich beschlossen, ihren Arbeitgebern, den Baumeistern, den Kampf anzusagen.

Was ist geschehen? Noch im April wurde der neue Landesmantelvertrag im Baugewerbe als «historischer Erfolg» gefeiert. Im Zentrum des neuen Vertrags stand die stufenweise Einführung des Rentenalters 60 für Bauarbeiter. Der SBV verzögert nun das Vertragswerk. Man müsse noch einige strittige Punkte klären.

Kleine Unternehmen zögern

Oskar Zbinden von der Gewerkschaft GBI spricht gegenüber swissinfo von einem Vertragsbruch durch den Baumeisterverband, da die Delegierten des Verbandes den Vertrag kürzlich nicht ratifizierten. «Wir pochen auf die Anfang Juli vereinbarten Eckwerte», sagt Zbinden.

Es waren vor allem die Delegierten der kleinen und mittleren Bauunternehmen, welche den Vertrag zum Rentenalter 60 nicht ratifizierten. Die Grundlagen hätten sich seit dem Zeitpunkt der Vereinbarung verändert, Korrekturen seien notwendig, schreibt der Baumeisterverband.

Voraussetzungen haben sich geändert

Tatsächlich haben sich die Voraussetzungen in der Altersvorsorge grundlegend verändert. Die Schwierigkeiten der grossen Schweizer Versicherer waren damals noch nicht so manifest. Auch wurde im Frühjahr noch nicht um die Senkung des Mindestzinssatzes bei den Pensionskassen von 4 auf 3% gestritten. Das Schlagwort vom «Rentenklau» war noch nicht in aller Munde.

«Genau da kann das Problem liegen», sagt Remo Meier, Pensionskassen-Experte vom Büro für Pensionskassenberatung Dr. Wechsler + Meier in Aesch/BL gegenüber swissinfo.

Gerade für die Pensionskassen der kleinen und mittleren Baubetriebe sei die Luft dünn geworden. «Die kämpfen mit hohen Verwaltungskosten und haben viele Mittel in Liegenschaften angelegt «, sagt Meier.

Doch auch hier mussten die Kassen deutliche Wertberichtigungen nach unten vornehmen. Diese Kassen haben schon seit Jahren den geforderten Mindestzinssatz von 4% nicht mehr erreicht. «Es kann schon sein, dass der Druck beim Abkommen über das Rentenalter 60 auf dem Bau noch einmal über die Bücher zu gehen, von dieser Ecke stammt», sagt Meier.

Übergangsrente

«Stimmt nicht», weist Daniel Lehmann, der Direktor des Schweizerischen Baumeisterverbandes die Mutmassung zurück. «Beim Pensionsalter 60, zu dem wir immer noch stehen, handelt es sich um eine Übergangsrente und nicht um eine Pensionierung. Die beginnt erst mit 65.»

Was kompliziert tönt, ist auch kompliziert. Die Bauarbeiter werden eigentlich nicht mit 60 pensioniert, sie gehen dann in Rente. Ein kompliziertes Beitragssystem, bei dem die Arbeitgeber den grossen Teil finanzieren (18% des Bruttolohnes) sorgt dafür, dass ein Fonds geäufnet wird, aus dem dann Rente und die Pensionskassen-Beiträge bis zum Alter 65 finanziert werden.

«Genau hier müssen wir noch einmal die Details klären», sagt Lehmann. Dabei steht für die Baumeister im Vordergrund, dass der Beginn des Projektes dann erfolgt, wenn sowohl juristisch, technisch als auch finanziell klare Grundlagen vorhanden sind. «Auch muss sicher gestellt werden, dass auch die Firmen, welche nicht im Verband sind, die Regelung einhalten.»

Damit ist aber noch nicht vom Tisch, dass die Pensionskassen zur Absicherung der Renten von 60 bis 65 mehr Geld wollen. Dann würden die 18% der Arbeitgeber nicht mehr reichen. Das Schweizer Baugewerbe in der momentanen Krise, und damit unter Kostendruck, kann sich vermutlich schon die vereinbarten 18% kaum leisten.

swissinfo, Urs Maurer

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