Auch Kantone wollen Bilaterale II
Die Verträge zwischen der Schweiz und der EU stossen auf breite Zustimmung. Auch die Kantone haben sich am Freitag für die Verträge ausgesprochen.
Nur die SVP will eine Volksabstimmung bei den Asyl- und Polizei-Abkommen von Schengen und Dublin erzwingen.
Die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) unterstützt die Bilateralen Verträge II mit der Europäischen Union (EU).
«Aufgrund der grenzüberschreitend organisierten Kriminalität gewinnt auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Polizei- und Justizbehörden noch stärker an Bedeutung», schreibt die KdK in ihrem Communiqué. «Die Schweiz kann dabei nicht abseits stehen.»
Damit geht die Vernehmlassung zu Ende. Die Kantone hatten bis zum Freitag Zeit, sich zu äussern, eine Woche länger als die andern Vernehmlassungs-Partner.
Keine weitere Zentralisierung
Die Vorteile einer Assoziation ans Abkommen von Schengen und Dublin sehen die Kantons-Regierungen in der besseren Vernetzung mit dem Ausland und im erweiterten Datenaustausch.
Allerdings erwarten die Kantone vom Bund, dass er die Anbindung ans Schengen-Abkommen nicht zu einer weiteren Zentralisierung benutzt.
Die Kantone erwarten weiter, dass sie an den Umsetzungsarbeiten derjenigen Abkommen beteiligt werden, wo sie in rechtlicher, organisatorischer und finanzieller Hinsicht direkt berührt sind.
Die KdK führte am Freitag in Bern eine ausserordentliche Plenarversammlung durch, an der auch Bundesrätin Micheline Calmy-Rey anwesend war.
Fast alle dafür
Damit reihen sich die Kantone bei den Befürwortern ein. Drei der vier Bundesrats-Parteien – Freisinn, Christ- und Sozialdemokraten – haben sich für die Annahme der Verträge ausgesprochen.
Der Wirtschaftsdachverband economiesuisse hat sich für die Verträge ausgesprochen. Er sieht vor allem Verbesserungen für den Geschäftsreiseverkehr. Auch der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) will die neuen Verträge.
Bankgeheimnis bleibt gewahrt
Keine grossen Wellen warfen in der Vernehmlassung die Dossiers
Betrugsbekämpfung und Zinsbesteuerung, in denen der Bundesrat und
die EU lange um eine Lösung rangen.
Die Hauptforderungen der Banken, die Sicherung des Bankgeheimnisses und die Wahrung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, seien erfüllt, schreibt die Schweizerische Bankiervereinigung (SBV).
SVP will Referendum
Die Schweizerische Volkspartei (SVP) hingegen will eine Volksabstimmung und fordert den Bundesrat erneut auf, das Polizei- und Asylabkommen von Schengen und Dublin dem obligatorischen Referendum zu unterstellen.
Für die SVP sind die Verträge der erste Schritt in Richtung EU-Mitgliedschaft. Ausserdem befürchtet die rechts-konservative Partei durch den Abbau der Kontrollen an der Grenze, welche der Schengen-Vertrag nach sich ziehen würde, einen Anstieg illegaler Grenzübertritte.
Werden die Verträge nicht von der Regierung dem Referendum unterstellt, will die SVP Unterschriften sammeln und die Abkommen so vors Volk bringen. Dieses würde dann voraussichtlich im Juni 2005 darüber abstimmen.
Parlament debattiert vor Ende Jahr
Das im Juni paraphierte zweite Paket von bilateralen Verträgen sieht eine verstärkte Zusammenarbeit bei innerer Sicherheit, Asylwesen, Umwelt, Statistik, Kultur und Bildung vor.
Mitte Oktober wird das Vertragswerk unterschrieben werden, noch vor Ende Jahr wird es im Parlament debattiert werden.
Nicht auf dem Weg in die EU
Die bilateralen Abkommen II sind die Fortsetzung des nach dem EWR-Nein von 1992 eingeschlagenen bilateralen Weges. Die Bilateralen I traten im Frühling 2002 in Kraft. Sie regelten insbesondere Handels-, Arbeits- und Verkehrs-Angelegenheiten zwischen Bern und Brüssel.
Ein EU-Beitritt steht für den Bundesrat im Moment nicht zur Diskussion. Vor Ende der laufenden Legislatur im Jahre 2007 will sich die Schweizer Regierung allerdings nochmals damit befassen.
swissinfo und Agenturen
Die 9 Verträge der Bilateralen II:
Schengen/Dublin
Betrugsbekämpfung
Zinsbesteuerung
Landwirtschaftsprodukte
Umwelt
Statistik
Media
Bildung und Jugend
Ruhegehälter
Die Vernehmlassung für die Bilateralen II ist am Freitag zu Ende gegangen.
Nach den meisten Parteien, der Wirtschaft und den Gewerkschaften haben auch die Kantone für die Annahme votiert.
Sie wehren sich allerdings gegen die Beschneidung ihrer Rechte.
Nur rechts-konservative Kreise und die SVP wollen im Asyl- und im Polizei-Abkommen eine Volksabstimmung erzwingen.
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