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Calmy-Rey besorgt über die Lage in Palästina

Führung durch die Geburtskirche: Micheline Calmy-Rey in Bethlehem. Keystone Archive

Bundesrätin Calmy-Rey hat sich auf ihrer Nahost-Reise alarmiert über die "katastrophale" wirtschaftliche Lage in den besetzten Gebieten gezeigt.

In einem Gespräch mit dem Gouverneur von Hebron sicherte die Aussenministerin den Palästinensern die Unterstützung der Schweiz zu.

Vergleiche man die Landkarte von 1947 mit jener von heute, so werde deutlich, wieso ein Dialog zwischen den beiden Parteien dringend nötig sei, sagte Micheline Calmy-Rey am Freitagabend in Ostjerusalem. Sie spielte damit auf die jüdische Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten an.

Auf dem Weg zum Frieden seien aber nicht nur wirtschaftliche und sicherheitspolitische Aspekte von grosser Bedeutung, sondern ebenso humanitäre, sagte die Schweizer Aussenministerin weiter.

Calmy-Rey warb erneut für die Genfer Friedensinitiative. Sie habe den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas beim Treffen vom Donnerstagabend gebeten, die Initiative beim Gipfel mit Israels Premier Ariel Scharon am Dienstag in Scharm-el-Scheich zu erwähnen.

Die geteilte Stadt

Die Schweizer Delegation war am Freitag zunächst in den Süden des Westjordanlands gereist. Bei einem Treffen mit dem Gouverneur von Hebron, Areef Gaebaree, bekräftigte Calmy-Rey, die Schweiz werde das palästinensische Volk weiterhin unterstützen. Es gebe im Nahen Osten zwar einige «Hoffnungszeichen», doch müsse man vorsichtig bleiben, sagte sie weiter.

In dem Gespräch mit der Aussenministerin schilderte Gaebaree die Folgen der israelischen Besatzung für Hebron. Dort leben rund 700 jüdische Siedler. Das habe einen negativen Einfluss auf das Alltagsleben der 120’000 palästinensischen Stadtbewohner, erklärte er.

Die israelischen Behörden hätten beträchtliche Landflächen beschlagnahmt, um Siedlungen zu bauen, klagte der Gouverneur. Die Einwohner von Hebron hätten stärker als andere unter dem Schicksal einer geteilten Stadt zu leiden.

Auch Gaebaree gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Wahl des neuen Präsidenten Mahmud Abbas und das anstehende Treffen Abbas› mit Israels Premier Ariel Scharon zu konkreten Lösungsansätzen für den Konflikt führe. «Die Palästinenser haben nur einen Traum: In Frieden zu leben in einem eigenen, unabhängigen Staat.»

«Scharon will Zeit gewinnen»

In Betlehem traf sich Calmy-Rey dann mit Jad Isaac, dem Direktor des palästinensischen Instituts für angewandte Forschung (ARIJ).

Er zeigte sich sehr pessimistisch, was die Zukunft im Nahen Osten betrifft. So lange die jüdische Siedlungspolitik fortgesetzt werde, sehe er kaum Hoffnung, sagte Isaac.

Laut ARIJ gibt es zurzeit 174 «wilde» Siedlungen im Westjordanland; 74 davon wurden 2003 und 2004 erstellt. Scharons Abzugsplan sehe nebst dem Gazastreifen nur die Räumung von vier Siedlungen im Westjordanland vor.

Vor der zweiten Intifada hätten 160’000 Palästinenser in Israel gearbeitet. Heute seien es noch 25’000, sagte Isaac weiter. Gemäss mehreren internationalen Nichtregierungs-Organisationen herrsche in den Palästinenser-Gebieten eine Arbeitslosigkeit von 60 bis 70%.

swissinfo und Agenturen

Das palästinensische Institut für angewandte Forschung (ARIJ) wurde 1990 gegründet.

Finanziert wird das Institut von der Schweiz.

Ziel des ARIJ ist es, die Entwicklung in den Autonomie-Gebieten voranzutreiben und der Bevölkerung eine möglichst grosse Kontrolle über ihre natürlichen Ressourcen zu gewährleisten.

In Hebron besuchte Calmy-Rey auch das Denkmal der Schweizerin Catherine Berruex.

Berruex war Mitglied der internationalen Beobachtermission in Hebron. Sie wurde im Jahr 2002 nach israelischen Militärangaben von einem Aktivisten des Islamischen Dschihad umgebracht.

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