Calmy-Rey in Ramallah
Zum Abschluss ihres ersten Besuchstags im Nahen Osten hat sich Bundesrätin Micheline Calmy-Rey mit Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas getroffen.
Gleichzeitig gab es in Nahost erste Zeichen der Entspannung. Israel will den Palästinensern die Kontrolle über fünf Städte im Westjordanland übergeben.
Er danke der Schweiz und der Schweizer Bevölkerung für ihre «wiederholte Unterstützung» des palästinensischen Volkes, erklärte Mahmud Abbas am Donnerstagabend nach dem Gespräch mit Micheline Calmy-Rey in Ramallah.
Vor dem Treffen mit Abbas war die Schweizer Aussenministerin mit dem palästinensischen Regierungschef Achmed Korei zusammengetroffen.
Während des dreitägigen Aufenthalts der Schweizer Delegation in den besetzten Gebieten sind auch Besichtigungen von Projekten der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) sowie Treffen mit Nichtregierungs – Organisationen und der internationalen Beobachtungsmission (TIPH) vorgesehen.
Im Anschluss an den Besuch in den besetzten Gebieten wird die Schweizer Delegation für drei Tage nach Israel reisen, wo ebenfalls Regierungsgespräche geplant sind.
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Die Folgen der Sperranlage
Im Zentrum der Gespräche vom Donnerstag mit dem palästinensischen Regierungschef Korei stand Israels Abzugsplan aus dem Gazastreifen. Ministerpräsident Korei habe ihr seine Sicht der Dinge ausführlich erläutert, sagte Calmy-Rey nach dem Treffen. Er habe namentlich einen Baustopp bei der israelischen Sperranlage gefordert sowie ein Ende des Häuserbaus in den jüdischen Siedlungen.
Auf dem Weg von Jerusalem nach Ramallah hatte die Schweizer Delegation die Gelegenheit, die Sperranlage zu besichtigen. Dabei war sich Calmy-Rey eigenen Angaben zufolge bewusst geworden, welche Schwierigkeiten die Anlage im Alltag der palästinensischen Bevölkerung mit sich bringe.
Genfer Initiative bekräftigt
Die Bundesrätin rief in Erinnerung, dass die Schweiz besorgt sei über die Rechte der Zivilbevölkerung und die Einhaltung des humanitären Völkerrechts. Sie betonte auch, dass die Eidgenossenschaft ihre logistische und finanzielle Unterstützung der Genfer Friedensinitiative aufrecht erhalten werde.
Anschliessend traf sich Calmy-Rey mit dem palästinensischen Planungsminister Ghassan Khatib. Im Zentrum dieser Unterredung standen Pläne für die künftige palästinensisch-schweizerische Zusammenarbeit.
Besuch auf dem Tempelberg
Calmy-Rey und ihre Entourage waren am Mittwochabend in Jerusalem angekommen. Am Donnerstagmorgen besuchte die Aussenministerin zunächst spontan den Tempelberg in Jerusalem, ehe sie nach Ramallah weiterreiste. Vor dem Gespräch mit Korei besuchte sie zudem das Grab von Jassir Arafat.
Zeichen der politischen Entspannung
Ebenfalls am Donnerstag gab die israelische Regierung bekannt, dass sie innert kurzer Zeit 500 palästinensische Häftlinge und 400 weitere in den kommenden drei Monaten freilassen will. Die Entscheidung sei als eine Geste des guten Willens im Vorfeld des Gipfeltreffens in Ägypten zu verstehen.
Auf Einladung Ägyptens wollen sich der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon und der palästinensische Präsident Mahmud Abbas am nächsten Dienstag in Scharm el Scheich treffen. Das Treffen soll den Friedensprozess beleben. Auf beiden Seiten sind Hoffnungen laut geworden, es könne ein Ende der Gewalt geben.
Neben den Freilassungen wolle die israelische Regierung auch die Sicherheitskontrolle über fünf Städte im Westjordanland an die Palästinenser übergeben, erklärte ein israelischer Regierungsbeamter. Es sei eine «stufenweise» Übergabe der Städte Jericho, Tulkarem, Bethlehem, Kalkilija und Ramallah geplant. Ein Datum für die Kontrollübergabe nannte er nicht.
swissinfo und Agenturen
1988: Der palästinensische Nationalrat ruft den Staat Palästina aus.
1993: Jassir Arafat und Yitzhak Rabin unterzeichnen das Friedensabkommen von Oslo.
2000: Die Verhandlungen zwischen Jassir Arafat und Ehud Barak in Camp David scheitern. Beginn der zweiten Intifada.
2003: Unterzeichung der Genfer Initiative, die Lösungsvorschläge für den Nahost-Konflikt aufzeigt.
Initianten der Genfer Initiative waren – neben Akademikern und Schweizer Politikern – der Israeli Jossi Beilin, früherer Justizminister, und Jasser Abed-Rabbo, früherer Informationsminister der palästinensischen Behörde.
Die Schweiz hat zur Unterstützung der Genfer Intitiative das «Geneva Initiative Network» ins Leben gerufen. Es zählt bereits Mitglieder aus 27 Ländern.
Das Budget der Genfer Initiative beträgt 9,1 Mio. Franken. Die Schweiz steuerte bis letzten Dezember 3,5 Mio. bei; 2005 weitere 2 Mio. Franken.
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