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Die Grünen auf der Überholspur

Dank Rechtsrutsch der Mitte holen Grüne Wahlerfolg um Wahlerfolg. Keystone

Der Aufschwung der Grünen Partei der Schweiz hat seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht: 2005 geht sie als eindeutige Siegerin der kantonalen Wahlen hervor.

Mit ihren ökologischen Anliegen haben die Grünen zwar einen schweren Stand, seit sie jedoch einen deutlicheren Linkskurs fahren, feiern sie ungekannte Erfolge.

«Besonders in der Romandie befinden sich die Grünen auf der Überholspur», sagt der Politologe Werner Seitz gegenüber swissinfo. Dort seien die Grünen im Gegensatz zu ihren früher nach links umgeschwenkten Parteikollegen in der Deutschschweiz noch lange einen bürgerlichen Kurs gefahren.

Das habe sie in den 1980er- und 1990er-Jahren unzählige Wählerinnen und Wähler gekostet. «Erst mit dem Rutsch nach links haben die Grünen in der Romandie jetzt wieder aufgeholt», so Seitz weiter.

Ettappensieg in Genf

Den jüngsten Sieg feierte die Grüne Partei denn auch im Kanton Genf. Am letzten Wochenende bestätigte sie dort nicht nur ihren einen Regierungssitz, sondern legte gleich einen weiteren zu und verhalf damit der Linken zur Mehrheit im Staatsrat.

Bereits vor einem Monat legte sie im Kantonsparlament 5 neue Sitze zu und ist dort nun mit 16 Mandaten die drittstärkste Kraft.

Ungebremst seit 2003

Seit den Nationalratswahlen vor zwei Jahren, bei denen die Grünen mit einem Wähleranteil von 7,4% den historischen Höchststand erreichten, haben sie auch in fast allen Kantons-Regierungen und –Parlamenten deutlich zugelegt. Seit 2003 gewannen sie 29 weitere Sitze und sind nun mit 167 Mandaten in kantonalen Parlamenten vertreten.

2005 erreichte die grüne Erfolgswelle ihren vorläufigen Höhepunkt. In den Parlamenten der Kantone Neuenburg, Solothurn und Wallis gewannen die Grünen je drei Sitze, ihre sieben Mandate im Aargau konnten sie trotz des stark verkleinerten Rates halten.

Auch bei den Exekutivwahlen waren die Grünen die Gewinner. Mit Neuenburg und Basel Stadt sind sie nun neben Nidwalden und Waadt in vier Kantonsregierungen mit einem Mandat vertreten, in Genf sogar mit zwei. Zurzeit hält die Partei 6 von insgesamt 158 Sitzen in 26 Kantonsregierungen.

Links und unabhängig

Den erstaunlichen Erfolg der Grünen führt Werner Seitz unter anderem auf ihren dezidierten Linkskurs zurück. Die ursprüngliche Grüne Partei war eine Ansammlung von bürgerlichen Umweltschützern und Linksliberalen.

Erst nach der grossen Krise in den 1980er-Jahren verstand es die Partei, sich mit sozialpolitischen Themen nach links zu öffnen, ohne ihre Verankerung in der politischen Mitte zu verlieren, wie Seitz weiter erklärt.

Heute seien die Grünen im deutschsprachigen Teil der Schweiz radikaler als die Sozialdemokratische Partei (SP) und profitierten wie diese auch von der Polarisierung des Parteiensystems, erklärt Seitz weiter.

Als Nichtregierungspartei können die Grünen, anders als die SP, auch radikalere Forderungen stellen. Damit biete sie vor allem regierungskritischen Wählerinnen und Wählern eine echte Alternative.

Pragmatisch und konsensfähig

Anders als in der Deutschschweiz seien die Grünen in der Romandie pragmatischer und weniger pointiert nach links orientiert, erklärt Seitz. «Sie scheren durchaus auch einmal aus und arbeiten über die Parteigrenze hinweg mit anderen zusammen.»

In der Romandie gibt es laut Seitz keinen Bedarf mehr nach einer Partei links der SP, weil es bereits zwei gibt, die Kommunisten und die Solidarité. «Diese zeichnen sich durch eine relativ ideologische Sturheit aus», stellt Seitz fest.

Mit ihrer pragmatischen Art des Politisierens könnten die Grünen in der Romandie die Lücke zwischen SP und den Kommunisten füllen. «Sie sind nicht ideologisch fixiert und dadurch im Stande, zwischen den erstarrten Blöcken zu verhandeln.»

Erfolg dank Rechtskurs der Mitte

Stimmen hätten die Grünen vor allem bei Neu- sowie Nichtwählern und von der SP gewonnen. Neuerdings seien vermehrt auch Wähler der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) ins grüne Lager übergewechselt, erklärt Seitz.

Die FDP hat sich laut Seitz von der nationalistisch orientierten Schweizerischen Volkspartei (SVP) unter Druck setzen lassen. «Indem sie sich der SVP auf der rechten Seite annäherte, machte sie ein Feld auf, das die Grünen jetzt bewirtschaften können.» Solange die Mitte-Parteien nach rechts abdriften bleiben die Grünen laut Seitz auf Erfolgskurs.

Als nächstes Etappenziel also ein Sitz im Bundesrat? Nein, meint Seitz. Zum einen würde die Partei dadurch ihre Unabhängigkeit und damit auch ihre Attraktivität verlieren. Zum anderen halte er die Art, wie die Grünen politisieren, auf eidgenössischer Ebene «nicht unbedingt für regierungsfähig.»

swissinfo, Nicole Aeby

Die Grünen befinden sich seit 2003 ungebremst auf Erfolgskurs.

Bei den Nationalratswahlen im selben Jahr konnten sie ihre bisher 9 Mandate um 5 aufstocken.

Seit 2004 haben sie in 11 kantonalen Wahlgängen die Zahl ihrer Parlaments-Sitze um 29 auf 167 ausgebaut.

In den Kantonsregierungen steigerten sie sich um 2 auf 6 Sitze.

Zusammen mit der SP bilden die Grünen in 8 von 10 grösseren Städten die Regierungs-Mehrheit.

Nach dem Wahlbarometer 05 der SRG kämen die Grünen bei Wahlen zurzeit auf einen Stimmanteil von 8%. 2003 waren es noch 7,4% und in den Achtzigerjahren 6%.

Werner Seitz promovierte als Historiker an der Universität Bern mit einer Arbeit über die politische Kultur und ihre Beziehung zum Abstimmungsverhalten.

Seit 1993 leitet er den Bereich «Wahlen und Abstimmungen» im Bundesamt für Statistik in Neuenburg.

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