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EU lehnt kantonale Steuerprivilegien ab

Am bilateralen Weg wird trotz ab und zu auftauchender Meinungsunterschiede festgehalten. Keystone

Staatssekretär Michael Ambühl konnte in Brüssel den Streit mit der Europäischen Union (EU) um kantonale Steuerprivilegien nicht entschärfen.

Die europäische Kommission versuchte vielmehr, den Druck auf die Schweiz zu erhöhen, da sie steuerliche Nachteile für ihre Mitgliedsländer befürchtet.

Die EU-Kommission hat seit letztem September die Steuergesetze von Zug und Schwyz im Visier: Ausländische Holdings würden in diesen Kantonen steuerlich unzulässig begünstigt, argumentiert Brüssel. Bern bestreitet dies entschieden.

Die Gespräche, die Staatssekretär Michael Ambühl am Donnerstag in Brüssel führte, brachten keine Annäherung. Brüssel versuchte im Gegenteil, den Druck auf die Schweiz zu erhöhen.

So betonte der Generaldirektor für Aussenbeziehungen der EU-Kommission, Eneko Landabura, im Gespräch mit Ambühl laut Brüsseler Kreisen, dass der Konflikt «eine politische Dimension» habe. Es sei für die EU nicht akzeptabel, so Landaburu, dass in der Schweiz Steuerregime existierten, die darauf ausgerichtet seien, Firmen und Kapital aus den Nachbarländern wegzulocken.

Verstoss gegen Freihandelsabkommen?

Bereits zuvor hatte die EU-Kommission geltend gemacht, diese Steuerregimes seien ein Verstoss gegen das Freihandels-Abkommen von 1972 zwischen der Schweiz und der EU.

Staatssekretär Ambühl liess sich von Landaburus Worten nicht beeindrucken. «Wir werden die Fragen, die die EU-Kommission uns gestellt hat, sorgfältig prüfen», sagte er nach dem Gespräch an einer Medienkonferenz. Eine detaillierte Stellungnahme der Schweiz werde Brüssel in den nächsten Wochen übermittelt.

«Ich kann aber bereits heute sagen, dass in unseren Augen die kantonalen Steuervorschriften nicht im Widerspruch zum Freihandels-Abkommen stehen», betonte Ambühl.

Bilaterale Verträge statisch oder dynamisch?

Auch beim Thema eines möglichen Rahmenabkommens zwischen der Schweiz und der EU setzten Bern und Brüssel andere Akzente. Die EU würde gemäss Brüsseler Kreisen ein so genanntes Assoziierungs-Abkommen, bevorzugen.

Ein solches Abkommen solle zudem eine Aktualisierung der bestehenden bilateralen Verträge möglich machen.

Ambühl betonte dagegen, dass die bilateralen Verträge grösstenteils statisch und nicht dynamisch seien. «Es ist noch zu früh, jetzt schon über Details zu reden», sagte er. Der Bundesrat werde vor der Sommerpause in seinem europapolitischen Bericht darlegen, was er sich unter einem Rahmenabkommen vorstelle.

swissinfo, Simon Thönen, Brüssel

Bei den Differenzen zwischen der Schweiz und der EU geht es um die Frage, ob vorteilhafte kantonale Steuersätze den Freihandels-Vertrag von 1972 verletzen.

Im September 2005 hatte die EU-Kommission in einem Brief an die Schweiz die Steuerpraktiken in den Kantonen Zug und Schwyz verurteilt.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD, hat das Steuersystem dieser Kantone nicht als schädlich befunden.

Seit langem betont die Schweiz , dass der Steuerwettbewerb zwischen den 26 Kantonen gesund sei und ausländische Investoren anlocke.

So hätten tiefe Steuern einigen Kantonen geholfen, besonders Zug und Schwyz, neue Investoren anzuziehen.

Das Freihandels-Abkommen zwischen der Schweiz und der EU-Vorgängerin, der Europäischen Wirtschafts Gemeinschaft EWG, von 1972 ist einer der tragenden Pfeiler der Beziehungen Bern – Brüssel.

Das im Dezember 1972 vom Schweizer Stimmvolk angenommene Abkommen war ein politisches Nebenprodukt des Übertritts Grossbritanniens und Dänemarks von der kleinen Europäischen Freihandels-Assoziation (EFTA) zur grossen Zollunion EWG.

Der Deckungsbereich des Abkommens umfasst nur Industrie-Produkte.

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