Frischer Wind für Schweizer Naturparks
In der Schweiz soll in verschiedenen Regionen ein Miteinander von Umwelt und Wirtschaft realisiert werden. In naher Zukunft wird rund ein Fünftel der Landesfläche als Parklandschaft gelten.
Derzeit sind drei Parks in der Schweiz als «Park von nationaler Bedeutung» ausgewiesen, 14 weitere sind im Aufbau.
Neben dem prestigeträchtigen Unesco-Biosphärenreservat Entlebuch im Kanton Luzern werden ab dem 1. Januar 2010 zwei weitere Parks das höchste Label tragen: der Wildnispark Zürich-Sihlwald, der erste der Art «Naturerlebnispark», und der Regionale Naturpark Thal im Kanton Solothurn.
Dies gab der Direktor des Bundesamts für Umwelt (Bafu), Bruno Oberle, Ende August in Bern bekannt.
Zwei Jahre nach Inkrafttreten des revidierten Natur- und Heimatschutzgesetzes beträgt die Parkfläche in der Schweiz laut Oberle bereits 5750 Quadratkilometer.
Das entspreche rund 14% der gesamten Fläche der Schweiz oder beinahe der Fläche des Kantons Bern.
Nach Angaben von Oberle werden dereinst 20% der Schweizer Landschaft «Parkqualität» haben. Tatsächlich scheint sich die Liste der «Parks von nationaler Bedeutung» in nächster Zeit rasant zu erweitern.
7 von 9 erhalten Zuschlag
In Entstehung sind gegenwärtig weitere 14 Parks, von welchen die Hälfte die Hauptprüfung des Bafu geschafft hat, um an die zur Realisierung nötigen Bundesgelder zu kommen.
Es sind die sechs Regionalen Naturparks Beverin (Kanton Graubünden), Doubs (Neuenburg/Jura/Bern), Greyerzerland (Freiburg/Waadt), Jura (Aargau/Solothurn), Waadtländer Jura, Pfyn und die Biospähre des Val d’Hérens (beide Wallis).
Für diese insgesamt sieben Projekte stehen für die nächsten Jahre 5,6 Mio. Franken zur Verfügung. Ab 2012 wird der Bund jährlich 10 Mio. Franken zur Verfügung stellen, um die Parks zu unterstützen.
Sie haben nach dem positiven Entscheid des Bafu während ihrer Errichtung die Möglichkeit, auf Antrag das Label «Kandidatur» zu verwenden und sich mit ihren Angeboten eines naturnahen Tourismus an der Kampagne «Naturreisen» von Schweiz Tourismus zu beteiligen.
Noch offen sind die Gesuche des Kantons Tessin für das Nationalparkprojekt Locarnese und des Kantons Graubünden für das Val Müstair. Die Projekte müssen überarbeitet werden und können dem Bafu im nächsten Jahr wieder eingereicht werden.
Langfristige Garantien nötig
Natürlich hat keines der sieben Projekte, die vom Bafu Finanzhilfen zugesichert erhielten, die Garantie, dass es schliesslich das Label «Park von nationaler Bedeutung» erhält. Dennoch stünden die Chancen auf einen Erfolg gut, weil das Bafu nicht vorhabe, Gelder in wacklige Projekte zu stecken, strich Oberle gegenüber swissinfo.ch hervor.
Denn das Label muss sich ein Park nicht nur während der Bewerbungsphase verdienen. Er muss die Garantie abgeben, dass die Voraussetzungen zur erfolgreichen Bewirtschaftung rigoros und langfristig eingehalten werden. Zudem ist das Label auf zehn Jahre limitiert und wird vor Ablauf dieses Zeitraums neu bewertet.
Hand in Hand mit der Wirtschaft
Diese grünen Lungen haben nicht nur das Ziel, Landschaften von grosser Qualität zu schützen und zu schätzen, sondern sie sollen auch eine Spritze für die regionale Wirtschaft und deren nachhaltiger Entwicklung sein. Die hauptsächlich mit dem Label verbundenen Bereiche sind Landwirtschaft, Handwerk und Tourismus.
Mit dem Label erhält die Betreiber-Gesellschaft das Recht, unter Aufsicht einer unabhängigen Zertifizierungsstelle das Gütesiegel «Produkt» an Güter und Dienstleistungen aus dem Parkgebiet zu vergeben, die genau vorgegebenen Qualitätskriterien entsprechen. Dabei müssen «der Mensch und sein Handwerk im Zentrum der Produktion» stehen, wie es in den Bedingungen heisst.
Der Wunsch, einen Naturpark von nationaler Bedeutung zu schaffen, muss aus der Bevölkerung und von lokalen sowie regionalen Behörden kommen. Das Zusammenleben von Mensch und Natur unter der Einhaltung gewisser Anforderungen an Umwelt und Wirtschaft ist eine Idee, die auf enormes Interesse stösst. Die zahlreichen Kandidaturen sind der Beweis dafür.
Sie zeigten, dass solche Parks einem echten Bedürfnis entsprächen, sagte Oberle. Durch die Erfolge dürfe man aber die Herausforderungen der Zukunft nicht aus den Augen verlieren: «In den nächsten Jahren geht es darum, die Qualität dieser Parks zu festigen», betonte Oberle.
swissinfo.ch, Sonia Fenazzi
(Übertragen aus dem Italienischen: Christian Raaflaub)
Gemäss dem revidierten Natur- und Heimatschutzgesetz gibt es drei Kategorien von Parks von nationaler Bedeutung.
Nationalpark: Nationalparks bieten unberührte Lebensräume für die einheimische Flora und Fauna sowie für die Eigenentwicklung der Naturlandschaft. Sie gliedern sich in eine Kern- und eine Umgebungszone. Derzeit gibt es lediglich den einen Nationalpark, der 1914 im Kanton Graubünden geschaffen wurde.
Regionaler Naturpark: Der Regionale Naturpark ist ein teilweise besiedeltes, ländliches Gebiet, das sich durch hohe Natur- und Landschaftswerte auszeichnet und dessen Bauten und Anlagen sich in das Landschafts- und Ortsbild einfügen. Solche Landschaften können auch den Status einer Unesco-Biosphäre erlangen.
Naturerlebnispark: Bei Naturerlebnisparks handelt es sich um naturnahe Ausgleichsräume in der Nähe dicht besiedelter Gebiete. Hier soll sich die städtische Bevölkerung erholen und die Natur geniessen können.
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