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Für ein landesweit einheitliches Rauchverbot

Keystone

Über 40 Organisationen möchten das Rauchen schweizweit in allen öffentlich zugänglichen Innenräumen, besonders der Gastronomie, verbieten. Dazu lancierten sie am Montag die Volks-Initiative "Schutz vor Passivrauchen".

In rund der Hälfte der 26 Kantone gibt es Rauchverbote und –regulierungen für Bars und Restaurants. Doch das genügt den Initianten der neuen Volksinitiative nicht. Laut ihnen seien die einzelnen Gesetze zu unterschiedlich und gehen auch nicht weit genug.

«In der Schweiz haben wir eine sehr eigenartige Situation», sagt Otto Piller zu swissinfo.ch. Der Präsident der Schweizerischen Lungenliga bemängelt, dass heute in einem Kanton in öffentlichen Räumen ein generelles Rauchverbot herrsche, während das Rauchen im angrenzenden Kanton in einigen Städten erlaubt und in andern verboten sei. «Eine unmögliche Situation».

Die Initianten möchten deshalb die Lücken im bestehenden Bundesgesetz schliessen und eine einheitliche nationale Regelung schaffen: Alle öffentlichen Räume würden rauchfrei werden, inklusive jene in Restaurants, Bars, Schulen und Spitälern. Innenräume, die als Arbeitsplätze dienen, wären ebenfalls rauchfrei – und zwar überall gleich.

Die Allianz der Initianten umfasst Gruppen wie die Schweizerische Krebsliga, zahlreiche Ärztevereinigungen und Gewerkschaftsorganisationen wie Travail.Suisse. Sie hat Zeit bis November 2010, die nötigen 100’000 Unterschriften zu sammeln, damit eine landesweite Abstimmung zu Stande kommt.

Das dürfte nicht allzu schwer sein, sagen die Initianten, da grosse Teile der Bevölkerung die Bemühungen um rauchfreie Räume bereits unterstützten.

Gemäss dem Institut DemoScope, das 640 Personen befragt hat, würden rund 68% der Stimmenden eine solche Initiative annehmen, wenn sie heute abstimmen könnten.

«Der Wille besteht also», so Piller. «Das Volk will es so.»

Dafür und dagegen

In diesem Fall nicht zum Volk gehört Walter Sachs. Während eine Gruppe von Initianten in der Berner Innenstadt bereits Unterschriften sammelt, zündet sich Sachs im Café des Pyrénées in aller Ruhe eine Parisienne an. Das «Pyrénées» ist ein von Rauchern und Intellektuellen geschätztes Bistro.

Er verstehe zwar, dass die Leute die Gesundheit von Serviceangestellten schützen wollen. Diese rauchen manchmal passiv mehr als ein ganzes Päckchen. Doch sei ein landesweites Rauchverbot nicht geeignet, dem beizukommen.

«Was hier läuft ist doch völlig undemokratisch», findet Sachs, «man sollte vielmehr den Entscheid den Restaurants überlassen. Jedes Restaurant sollte im Stande sein, eine für den eigenen Betrieb beste Lösung zu finden.»

Genau das tat Cesari Inor bereits vor drei Jahren. Inor ist Besitzer der chiquen Cesary Bar gleich gegenüber dem «Pyrénées».

Selber ein Raucher, hat Inor das Rauchen nur abends und an der Bar selbst erlaubt. Seither kämen tagsüber viel mehr junge Eltern mit Kindern. Und abends könnten dann die harten Nikotin-Konsumenten noch genügend lange rauchen.

«Vielen Gästen gefiel diese Lösung», so Inor. Wenn nun aber das völlige Rauchverbot komme, würde seine Bar eben rauchfrei werden.

Persönliche Freiheit?

Landesweit hatte das Parlament im Herbst 2008 ein teilweises Rauchverbot durchgesetzt. Das mit äusserst knappem Mehr beschlossene Bundesgesetz sieht vor, dass Gastrobetriebe mit einer Fäche von bis zum 80 Quadratmetern weiterhin als Rauchlokale geführt werden dürfen, und bediente Raucherräume, Fumoirs, erlaubt bleiben.

Die Kantone behalten sich vor, strengere Regeln einzuführen. Es resultiert seither ein Flickenteppich an kantonal unterschiedllichen Regelungen, der für Gäste wie für Touristen verwirrend wirke, wie die Initianten sagen.

Kantone wie Uri, Baselland oder Wallis haben strengere Regeln durchgesetzt, während dies im Thurgau die Wähler verwarfen.

Die Befürworter des Passivrauch-Verbots behaupten, es gäbe zu viele Hintertürchen bei der Berechnung der Fläche eines Restaurants. Konfusion herrsche auch vor allem dort, wo rauchfreie Kantone an liberalere Kantone grenzen.

Nur eine landesweit gleiche Lösung würde sicherstellen, dass es in der Gastronomie nicht zu zufälligen Wettbewerbs-Verzerrungen komme, die nur mit der Lage zusammenhängen.

Es gehe nicht in erster Linie um das Verbieten, sagt Erika Forster, freisinnige Ständerätin aus St. Gallen und Mitträgerin der Initiative, «es geht um die Gesundheit, um das Vermeiden von Folgen, die sich aus dem Passivrauchen ergeben.»

«Unsere persönliche Freiheit hört dort auf, wo wir mit unserem Verhalten andere gefährden.»

Tim Neville, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Englischen: Alexander Künzle)

73% der Schweizerinnen und Schweizer sind Nichtraucher.

Im Jahr 2001 waren es 67%.

In einer verrauchten Umgebung zu arbeiten, sei inakzeptabel und unzumutbar, erklärte der Herzchirurg Thierry Carrel.

Die über 100’000 Arbeitnehmenden in der Gastronomie sind täglich bis zu acht Stunden Passivrauch ausgesetzt. Das entspricht einer täglichen Belastung von 15 bis 38 Zigaretten.

Diese Personen sind damit einem erhöhten Risiko für Lungenkrebs und Herz-Kreislauf-Krankheiten ausgesetzt. Untersuchungen aus Ländern mit rauchfreier Gastronomie belegten die positiven Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen, sagte Carrel.

«Rauchfreie Arbeitsplätze und rauchfreie öffentlich zugängliche Räume führen zu einer Abnahme der Herzinfarkte.»

Der Mediziner erwartet von der Initiative deshalb auch einen positiven Effekt auf die Gesundheitskosten. Die Folgen des Passivrauchens verursachen laut Carrel in der Schweiz zurzeit jährlich Kosten von rund 500 Millionen Franken.

swissinfo.ch

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