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Ist Kaspar Villiger der richtige Mann?

Keystone

Alt Bundesrat Kaspar Villiger soll das Vertrauen in die UBS wiederherstellen. Wirtschaft und Banken hegen Hoffnungen, die Parteien sind unterschiedlicher Meinung. Klar ist, dass Villiger nicht als Staatsvertreter im Verwaltungsrat der Grossbank Einsitz nimmt.

«Villiger kann zur Beruhigung der Lage beitragen», sagte Urs Rellstab, Sprecher des Wirtschaftsdachverbands economiesuisse, mit Blick auf die Steueraffäre, in welche die Grossbank in den USA verwickelt ist.

Rellstab verwies auf Villigers politische Erfahrung und seine gute internationale Vernetzung. Dies sei von grosser Bedeutung, da die UBS derzeit stark in der öffentlichen Diskussion stehe.

Ein gutes Team mit neuem Wind

Dieser Ansicht ist auch die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg): Villiger kenne «Bern» und den Schweizer Finanzplatz gut, was für die UBS von Vorteil sei, sagte SBVg-Sprecher Thomas Sutter.

Villiger sei «eine gute Ergänzung zum neuen operativen Chef Oswald Grübel, der über eine grosse Erfahrung im Bankengeschäft verfügt», sagte Rellstab weiter. Das Team Villiger/Grübel sei «eine gute Wahl», konstatierte auch Sutter.

«Mit den Herren Kurer und Rohner konnte es nicht weitergehen», erklärte Denise Chervet, Zentralsekretärin des Schweizerischen Bankpersonalverbands (SBPV). «Mit Villiger und Grübel kann es nur besser werden.» Bei der UBS wehe endlich ein neuer Wind. Die neue Führung müsse nun gemeinsam mit den Angestellten der UBS das Vertrauen in die Bank stärken.

Finma und Departement Merz begrüssen Wechsel

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) begrüsst den Führungswechsel bei der UBS. Für Finma-Sprecher Alain Bichsel ist die Wahl Kaspar Villigers ein richtiger und guter Entscheid.

Die Finma hoffe, dass mit der neuen Führungscrew ein weiterer Schritt Richtung Stabilisierung der UBS gemacht werde. Zur Person Villiger merkte Bichsel an, dass der alt Bundesrat als ehemaliger Finanzminister einen grossen Leistungsausweis aufweisen könne.

Ähnlich tönt es im Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) von Bundesrat Hans-Rudolf Merz. Der neue CEO Oswald Grübel und der neue Verwaltungsratspräsident Kaspar Villiger seien ein ideales Team für eine Neuausrichtung der UBS.

Villiger ist kein Vertreter des Staates

Villiger sei nicht der geforderte Vertreter des Bundes im UBS-Verwaltungsrat, sagte Christian Levrat, Präsident der Sozialdemokratischen Partei (SP). Vielmehr bestehe seine Aufgabe darin, die Bank zu vertreten und nicht den Staat.

Die SP halte deshalb weiterhin an ihrer Forderung fest. Dennoch erhofft sich Levrat, dass Villiger mit seinem Hintergrund den Sensibilitäten des politischen Systems Rechnung tragen werde.

Auch die Schweizerische Volkspartei (SVP) hatte einen Vertreter des Staates im Verwaltungsrat der Grossbank gefordert. Und auch sie sieht ihre Forderung nicht erfüllt, wie SVP-Präsident Toni Brunner in einem Interview mit Radio DRS4 betonte.

Gutes Zeugnis für Villiger

Fulvio Pelli, Präsident der Freisinnig-Demkoratischen Partei (FDP. Die Liberalen), hingegen sieht hinter dem Vorschlag, Villiger zum neuen UBS-VR-Präsidenten zu wählen, einen klugen Schritt der UBS. Die UBS habe mehr Nähe zur Politik und der Bevölkerung, ja zu den alten Tugenden der Schweiz gesucht. Und diese vertrete Villiger.

Für den Präsidenten der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP), Christophe Darbellay , ist Villiger «eine gute Lösung». Der Ex-Finanzminister habe gute Erfahrungen, die notwendige Ruhe und sei gut vernetzt in der Wirtschafts- und Finanzwelt. Villiger habe das Bankgeheimnis international verankert.

In der CVP gibt es aber auch kritische Stimmen. Ständerat Philipp Stähelin, Präsident der Finanzkommission der kleinen Kammer, ärgert sich über die Nominierung Villigers. Für das Ausland werde es nicht mehr möglich sein, die Position UBS von der Position Schweiz zu unterscheiden.

Der grüne Leuenberger…

Die Grünen verfolgen den Wechsel an der Spitze des UBS-Verwaltungsrates mit Skepsis. Kaspar Villiger sei jemand, der aus der Wirtschaft- und Finanzwelt komme, so Parteipräsident Ueli Leuenberger.

«Wenn Villiger bereit ist, über das Bankgeheimnis zu diskutieren, werden wir ihn unterstützen. Ansonsten werden wir ihn bekämpfen», erklärte Leuenberger.

…und Bundesrat Leuenberger

Auch Bundesrat Moritz Leuenberger äusserte sich zur jüngsten Entwicklung im Fall UBS. Vieles, wo man bisher geglaubt habe, es falle niemals, komme plötzlich ins Wanken. Dies könne beispielsweise das Bankgeheimnis sein.

Und bisher habe der Grundsatz gegolten, ein alt Bundesrat könne höchstens Präsident von Pro Senectute oder Pro Juventute werden. «Nun wird einer aber Präsident der UBS», so Leuenberger.

swissinfo und Agenturen

Kaspar Villiger wurde am 5. Februar 1941 als Sohn einer Fabrikantenfamilie geboren, die Zigarren und Fahrräder produzierte.

1989 wurde er in den Bundesrat gewählt. Gleichzeitig stieg er aus dem zusammen mit seinem Bruder Heinrich Villiger geführten Familienunternehmen, der Villiger Söhne, aus.

Villiger stand von 1989–1995 dem Eidg. Militärdepartement und von 1996–2003 dem Eidg. Finanzdepartement vor.

Er war Bundespräsident in den Jahren 1995 und 2002 und Vizepräsident in den Jahren 1994 und 2001.

Der frühere freisinnige Politiker hat Firmenmandate bei Nestle, Swiss Re, Swiss Life und der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ).

Der designierte UBS-Verwaltungsratspräsident Kaspar Villiger will sich mit einem Jahreslohn von 850’000 Franken begnügen. Ihm sei das übliche Salär angeboten worden. Nach reiflicher Überlegung habe er abgelehnt, sagte Villiger vor den Medien in Zürich.

Gründe seien die besondere Krisenlage und die in die UBS eingeschossenen Staatsmittel. Als früherer Bundesrat habe er zudem keinen Karriereschritt mehr nötig.

Marcel Ospel hatte für das Präsidium einen Grundlohn von rund 2 Mio. Franken bezogen.

Villiger erachtet für sich einen Lohn als angemessen, wie ihn das Direktorium der Schweizerischen Nationalbank (SNB) bezieht. Auf Boni und Aktienanteile will er ebenso verzichten. Hingegen werde er privat UBS-Aktien kaufen, nachdem er früher gehaltene Titel vor längerer Zeit veräussert habe.

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